Ronja KemmerCDU/CSU - Ausbau von Telekommunikationsnetzen
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal ist es wirklich begrüßenswert, dass wir heute endlich über das TK-NABEG im Deutschen Bundestag beraten. Fast ein Jahr hat es gebraucht vom Referentenentwurf bis zum Kabinettsbeschluss. Wir haben es heute schon gehört: Das Gesetz wurde auf die Tagesordnung gesetzt und wieder runtergenommen, und das Ganze zigmal. Es war eine wahrlich schwere Geburt.
(Zuruf der Abg. Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Deswegen hat sich dieses Gesetz zumindest einen Titel verdient: Es ist das langsamste Beschleunigungsgesetz der Welt.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Man könnte meinen, dass es mittlerweile in unserem Land wirklich Common Sense ist, dass wir weniger Bürokratie brauchen, dass wir schnellere Verfahren benötigen – ich glaube, Sie als Ampel haben so was in Ihren Koalitionsvertrag geschrieben – und dass wir natürlich leistungsfähige, dass wir flächendeckende Gigabitnetze brauchen. Sie sind die Lebensadern unserer Gesellschaft, die digitaler wird, und sie bilden letztendlich auch die Grundlage für unseren Wohlstand.
Aber mehr als das: Es geht um Lebensqualität, es geht um die Teilhabe an der Gesellschaft. Und es geht um ganz praktische Fragen, die den Alltag der Menschen betreffen: Reicht die Bandbreite aus, um die Bewerbungsunterlagen hochzuladen? Reicht sie aus, damit man gut im Homeoffice arbeiten kann? Wie sieht es eigentlich mit dem Streaming von Videos in 4K aus oder mit dem Onlinegaming? Das sind lauter Themen, bei denen man eigentlich meinen könnte: Hier besteht Common Sense, dass man da vorankommen muss.
Lieber Kollege Außendorf, zitiere ich mal das, was Sie von den Grünen vor der Wahl aufgeschrieben haben. Da schreiben Sie: „Eine ausreichend schnelle Breitband- und Mobilfunkversorgung gehört zur Daseinsvorsorge.“ Aber dann müssen Sie sich bei so einem Gesetz auch die Frage gefallen lassen, warum Sie nach der Wahl nicht dafür einstehen,
(Maik Außendorf [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Machen wir doch!)
warum Ihr Haus, das BMUV und namentlich Frau Lemke, gerade bei diesem Gesetz dafür verantwortlich war, dass es zigmal von der Tagesordnung runtergenommen worden ist,
(Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da gibt es Gründe!)
und warum alle Hebel in Bewegung gesetzt worden sind, dass der Gigabitausbau eben nicht den gleichen Vorrang hat wie zum Beispiel der Ausbau von Stromtrassen und Windenergie. Wir finden, dass aus dem sogenannten Deutschlandtempo hier wirklich eine „Lemke-Lähmung“ geworden ist. Das ist ein schwerer politischer Fehler.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Zentraler Streitpunkt – das wurde schon einige Male gesagt – ist das überragende öffentliche Interesse. Der Kompromiss, der jetzt dabei herausgekommen ist, ist vieles, aber sicherlich nicht überragend. Glasfaser, die für den Mobilfunk verlegt wird, steht bei der Abwägung mit dem Naturschutz im überragenden öffentlichen Interesse, aber Glasfaser für den Breitbandausbau zum Haus nicht.
(Johannes Schätzl [SPD]: Das stimmt doch nicht!)
Also, liebe Kolleginnen und Kollegen der Ampel, ich bin schon sehr gespannt auf die Antwort, welchen Unterschied es eigentlich für die Natur macht, zu welchem Zweck Glasfaser verlegt wird. Ich und meine Fraktion finden, das Ganze ist einfach nur eins, und zwar: überragend unverständlich.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Überragend unverständlich ist es auch, dass im Gesetz nicht klargestellt worden ist, dass das Ganze die aktive und die passive Infrastruktur umfasst. Das ist kein kleines Detail, sondern das ist mitentscheidend. Das heißt, dass in der Zukunft im Zweifel die Antenne im überragenden öffentlichen Interesse ist, der Mast aber nicht. Um es mal ganz konkret anhand eines Beispiels aus dem Alltag einer Mutter zu skizzieren: Wenn meine Kinder mittags Hunger haben und ein paar Nudeln essen wollen, dann reicht es eben nicht, eine Packung mit trockenen Nudeln auf den Tisch zu stellen, ich muss vorher schon einen Topf nutzen und Wasser warm machen; es braucht eben beides.
(Zuruf der Abg. Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Genauso ist es beim Mobilfunk: Wir brauchen Masten und Antennen. Nur zusammen wird es gut.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Man muss die Infrastruktur zusammendenken.
Deswegen ist es am Ende auch nicht verwunderlich, dass die Praktiker, dass die Branche einen sehr großen Frust haben. Das ist ja keine marginale Kritik, sondern das ist wirklich großer Frust. Da ist die Rede von verpassten Chancen, davon, dass die Regierung wirklich krachend gescheitert ist bei dem Versuch, mehr Tempo zu machen beim Glasfaser- und beim Mobilfunkausbau.
(Zuruf der Abg. Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Deswegen ist das TK-NABEG eben vieles, aber es ist kein wirkliches Beschleunigungsgesetz. Das lassen wir Ihnen so auch nicht durchgehen.
Um noch zwei Beispiele zu ergänzen. Es wurde ausgeführt, dass bei den Wegebaulastträgern die Zeit bei der Genehmigungsfiktion um einen Monat reduziert wird. Auf der anderen Seite wird aber die Zustimmungsfrist um einen Monat verlängert. Also, es weiß sicher jeder: Plus eins minus eins ergibt am Ende null – ein Nullsummenspiel; das heißt, hier ist nicht wirklich viel gewonnen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ein Flaschenhals beim Mobilfunkausbau ist nämlich die Frage, ob im Außenbereich zeitnah Stromanschlüsse realisiert werden können. Hier hätte es für die Energieversorger einfach klare Fristen und Verpflichtungen gebraucht. Dieses Thema sparen Sie komplett aus. Das ist wirklich eine verpasste Chance.
Bei aller Kritik will ich zum Schluss dann doch noch zumindest zwei kleine Lichtblicke im TK-NABEG benennen.
(Detlef Müller [Chemnitz] [SPD]: Das ist schön!)
Der eine ist, dass beim Versorgungsmonitoring – das ist übrigens etwas, was wir hier und auch in der BNetzA sehr oft gefordert haben – die Nutzerperspektive jetzt mehr in den Mittelpunkt rückt, sprich: dass künftig auch Indoor- und In-Car-Daten mit einbezogen werden.
Der Zweite ist – auch dazu haben wir in dieser Legislatur viele Anträge eingebracht –, dass die DB Netz verpflichtet wird, dass Bestandsinfrastrukturen entlang der Schienenwege für den Mobilfunk zur Verfügung gestellt werden. Das heißt, der Gigabitzug rückt ein kleines Stück näher.
Wir brauchen aber nicht nur einen Gigabitzug, wir brauchen eine Gigabitrepublik, und da bleibt das TK-NABEG weit hinter den Erwartungen zurück. Wir freuen uns auf intensive Beratungen im Ausschuss.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Als Nächste hat das Wort für die SPD-Fraktion Dr. Carolin Wagner.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7616636 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 192 |
Tagesordnungspunkt | Ausbau von Telekommunikationsnetzen |