Nina WarkenCDU/CSU - Alphabetisierungskurse und Integrationsarbeit
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit ihrer Anfrage wirft die AfD ein wichtiges Thema auf. Wer aber erwartet hatte, dass hierüber seriös diskutiert und nach Lösungen gesucht wird, der ist eines Besseren belehrt worden.
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Das können Sie ja jetzt machen! – Jörg Schneider [AfD]: Der Beitrag von der SPD war wirklich schlecht!)
Das haben wir bei der Rede der Kollegin gemerkt.
Gleichwohl, liebe Kolleginnen und Kollegen, sollten wir uns schon mit der Frage auseinandersetzen,
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Aha!)
ob wir mit dem Integrationskurssystem, auf das wir, Frau Kollegin Yüksel, ja in der Tat stolz sein können,
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Na ja!)
noch richtig liegen. Wir sollten uns fragen, ob es mit dem System, wie es aktuell praktiziert wird, tatsächlich gelingen kann, die Menschen, die zu uns kommen, erfolgreich in unsere Gesellschaft zu integrieren, und ob die vielen Mittel, die wir ausgeben, in dieser Form richtig angelegt sind.
Die AfD fokussiert sich in ihrer Anfrage auf den Bereich Analphabetismus. Ich glaube aber, wir müssen das gesamte Integrationskurssystem beleuchten. Ja, viele Menschen, die zu uns kommen, können nicht lesen und nicht schreiben. Wir alle wissen durch die Gespräche mit den Ehrenamtlichen, mit den Integrationskursträgern, mit kommunalen Vertretern vor Ort, dass das eine Herausforderung ist und dass viele Menschen einen Alphabetisierungskurs ohne Erfolg absolvieren – weil sie an den Anforderungen scheitern, weil es an der Kinderbetreuung scheitert, weil sie krank sind.
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Oder sie keine Lust haben!)
Wir kennen die Gründe eben nicht genau; sie werden nicht erfasst. Und ja, da müssen wir uns doch fragen: Wo liegen denn die Ursachen für die niedrigen Erfolgsquoten, und wie können wir diese Ursachen abstellen?
(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Götz Frömming [AfD]: Bürgergeld kürzen!)
Man könnte meinen, dass die AfD mit dieser Anfrage an die Bundesregierung Interesse an den Problemen der Zeit zeigt, einen ernsthaften Diskurs sucht, Lösungen finden möchte. Die Antworten sind auch dürftig, und das belegt, dass es tatsächlich wichtig war, diese Fragen zu stellen. Interessant wäre zum Beispiel, zu erfahren, warum der Anteil der Ausgaben für Alphabetisierungskurse im Jahr 2023 bei gerade mal 10 Prozent lag, und das bei einem geschätzten Anteil von Analphabeten unter den Migranten von bis zu 20 Prozent. Und hinsichtlich der Zahl der erfolgreichen Abschlüsse von Alphabetisierungskursen wäre es natürlich auch wünschenswert, zu erfahren, wie viele Menschen diese Kurse denn insgesamt begonnen haben, um aus diesen Zahlen Schlüsse ziehen zu können.
(Nicole Höchst [AfD]: Das wird alles verschleiert!)
Über diese Dinge müssen wir reden. Aber die Klärung dieser Fragen ist ja gerade nicht der Grund, warum die AfD diese Anfrage stellt. Wir sind an diesem Freitagnachmittag hier nicht versammelt, weil die AfD sich konstruktiv einbringen will und Verbesserungen vorschlagen möchte; wir sind hier, weil wieder mal Stimmung gemacht werden soll gegen die Menschen, die zu uns ins Land kommen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Dr. Bernd Baumann [AfD]: Woher wissen Sie das denn? Begründen Sie das doch mal!)
Ja, irreguläre Migration ist ein Problem. Die Kapazitäten des Landes sind erschöpft. Die Integrationsfähigkeit ist erschöpft. Aber die AfD hat hierfür auch keine Lösungen aufgezeigt.
(Nicole Höchst [AfD]: Doch! Das stimmt doch gar nicht!)
Analphabetismus ist ein Problem; das ist richtig. Aber Analphabetismus ist nicht nur ein Problem von Menschen, die in unser Land kommen. In Deutschland sind gut 6 Millionen deutschsprachige Erwachsene betroffen: jeder zweite Hilfsarbeiter auf dem Bau, jeder vierte Koch, Maler oder Lkw-Fahrer. Und diese Menschen tragen einen großen Anteil dazu bei, unser Land am Laufen zu halten, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Nicole Höchst [AfD]: Das wusste aber die Regierung nicht! Das steht nicht in der Antwort!)
Und deshalb heißt es auch nicht automatisch, dass ein zugewanderter Mensch, der nicht lesen und schreiben kann, hier nicht integriert werden kann, wenn er schutzbedürftig ist.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Im Gegenteil: Wir müssen einfach nur die richtigen Mittel in die Hand nehmen, die richtigen Stellschrauben drehen, um diese Menschen bei der Integration in unsere Gesellschaft zu unterstützen.
Die Probleme, die aufgeworfen werden, sind also nicht neu. Wir wissen seit Langem, dass die hohe Zahl der Analphabeten unser System überlastet. Jeder Staat, jedes Integrationssystem wäre mit einer derart hohen Anzahl von Migranten überlastet. Und deswegen ist es auch wichtig, den Zuzug zu begrenzen.
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Aha!)
So legen wir hier Woche für Woche neue Vorschläge vor, damit die Regierung endlich auch hier ins Handeln kommt, meine Damen und Herren.
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Deshalb koalieren wir wieder mit den Grünen?)
Wir müssen die Probleme, die im Bereich der Bildung der bei uns Schutzsuchenden und ganz besonders im Bereich des Integrationskurssystems unzweifelhaft existieren, auf den Tisch legen und nach Lösungen suchen. Aber das haben Sie, liebe Kollegen von der ganz rechten Seite, ganz sicher nicht vor.
Wichtig ist: Lesen und Schreiben gehört zu den grundlegenden Voraussetzungen, damit gesellschaftliche Teilhabe gelingen kann. Wir müssen den Menschen helfen, diese Fähigkeiten zu erlangen. Deswegen ist es auch ein wahrer Sündenfall, liebe Kolleginnen und Kollegen – dazu hätte ich gern mehr gehört; Sie haben gleich auch noch die Gelegenheit, dies zu erklären –, dass als Erstes das Bundesprogramm „Sprach-Kitas“ eingestampft wird. Wie kann es sein, dass man die Mittel für die Integrationskurse halbiert, obwohl die Zahl der Schutzsuchenden nur leicht zurückgeht?
(Nicole Höchst [AfD]: Weil es nichts bringt!)
Es gibt ja schon jetzt Zahlungsschwierigkeiten bei den Integrationskursen, Träger sind in finanzieller Bedrängnis.
Ich würde gerne Antworten auf diese Fragen hören. Ich würde gerne von der Bundesregierung hören, wie sie es schaffen will, das Integrationskurssystem so fit für die Zukunft zu machen, dass es weiterhin ein Erfolgsmodell ist. Bislang haben wir dazu leider nichts gehört.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7616704 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 192 |
Tagesordnungspunkt | Alphabetisierungskurse und Integrationsarbeit |