16.10.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 193 / Tagesordnungspunkt 1

Thomas HackerFDP - Regierungserklärung zum Europäischen Rat

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Seit dem 24. Februar 2022 tobt der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine. Seitdem ist keine Sitzungswoche des Deutschen Bundestags vergangen, in der wir uns nicht mit der Ukraine befasst haben. Auch kein Gipfeltreffen der Europäischen Union hat stattgefunden, bei dem die Unterstützung der Ukraine nicht ganz oben auf der Agenda stand.

Seit mehr als zweieinhalb Jahren verteidigt sich die Ukraine gegen den Kriegstreiber im Kreml. Seit zweieinhalb Jahren unterstützen wir die tapferen Ukrainerinnen und Ukrainer finanziell, humanitär und militärisch. Daran wird sich auch nichts ändern, und daran darf sich auch nichts ändern; denn die anhaltende Unterstützung ist für die Ukraine genauso lebenswichtig – überlebenswichtig! – wie für uns.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Unsere Sicherheit, die Sicherheit der Europäischen Union, wird gegenwärtig in der Ukraine verteidigt. Das muss uns doch klar sein.

Unsere Aufgabe und Herausforderung wird es sein, diese andauernde Unterstützung auch unter den europäischen Bürgerinnen und Bürgern aufrechtzuerhalten; denn auf sie hat es Putin langfristig abgesehen. Sein Ziel in diesem hybriden Krieg ist, dass die Solidarität der Menschen in der EU mit der Ukraine Risse bekommt – stetig, Stück für Stück.

Dafür sind ihm alle Methoden recht. Die Einflussnahme erleben wir im Netz, aber auch hier im Hohen Hause, von rechts außen und von links außen. AfD und BSW sind die besten, die willfährigsten Lautsprecher des Kremltyranns. Hinter ihrem Wunsch nach Frieden verbirgt sich in Wahrheit nichts anderes als die vollständige Unterwerfung der Ukraine. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, müssen wir verhindern.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Gunther Krichbaum [CDU/CSU] – Johannes Schraps [SPD]: So ist es leider!)

Daher dürfen wir uns als Vertreter der demokratischen Parteien nicht von den Marionetten Russlands treiben lassen. Der jüngst erschienene Gastbeitrag von Kretschmer, Voigt und Woidke in der „FAZ“ lässt aber genau das befürchten.

(Stephan Brandner [AfD]: Die FDP treibt nur den Wähler!)

Und, Herr Merz, bei allem Lob meines Fraktionsvorsitzenden: Das ist auch eine Pflicht für Sie als Parteivorsitzender.

Deswegen ist es richtig, wenn Präsident Selenskyj in Washington, Rom, Paris, London, Berlin und jetzt auch beim EU-Gipfel seine Vorstellungen und Pläne präsentiert. Für Putin wäre es doch ein Leichtes – Sie können jetzt ruhig zuhören –, seine Truppen zurückzuziehen. Ein Befehl reicht, und es gäbe Frieden. Die Ukraine kämpft um ihr Überleben und für den Frieden, für einen gerechten Frieden.

(Stephan Brandner [AfD]: Ja, klar!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, als direktes Nachbarland der Ukraine spürt auch die Republik Moldau die Folgen des Krieges. Nachdem vorhin in der Union Zweifel daran herrschten, was denn auf der Tagesordnung des Europäischen Rats steht, dies als Serviceleistung: Nicht nur „Ukraine“, sondern auch „Moldau“ und „Georgien“ stehen auf der Tagesordnung. Zu Georgien komme ich nachher noch.

(Zurufe der Abg. Johannes Schraps [SPD] und Gunther Krichbaum [CDU/CSU])

Die Republik Moldau ist ein Land, in dem sich vieles getan hat: Reformen werden umgesetzt; Beitrittsverhandlungen wurden gestartet. Gleichzeitig versuchen massive Desinformationskampagnen, die Menschen zu verunsichern. Die Propagandamaschinerie des Kremls arbeitet auf Hochtouren. Es werden Zahlungen für den Stimmenkauf geleistet; Meinungsmacher in Moldau assistieren. Beide verbindet ein Ziel: die Menschen und das Land vom eingeschlagenen Kurs Richtung Europa abzubringen – im Interesse Russlands, im Interesse von einigen Oligarchen, die es kaum abwarten können, sich das Land wie schon einmal einzuverleiben und es letztendlich zu kapern.

Am Sonntag bestimmen die Moldauerinnen und Moldauer den weiteren Weg des Landes. Die Präsidentschaftswahlen und das Referendum mit dem Ziel, die EU-Integration in der Verfassung zu verankern, werden die weitere Ausrichtung der Republik Moldau entscheidend prägen.

Auch Georgien steht eine entscheidende Wahl bevor. Desinformation und Verunsicherung prägen den Wahlkampf und erhöhen die Spannungen in der Gesellschaft. Freie Wahlen sind kaum zu erwarten und wären doch so wichtig für das Land auf dem Weg in die EU. Hier ist die Regierung Georgiens aufgefordert, faire Wahlen sicherzustellen. Aber eins ist auch klar: Georgien ist Teil Europas und wird es immer bleiben. Wir stehen an der Seite der Georgierinnen und Georgier auf ihrem Weg in die Europäische Union.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Selten, liebe Kolleginnen und Kollegen, wurden Frieden, Freiheit und Wohlstand in Europa derart herausgefordert wie zurzeit. Russland wird mittel- und wohl auch langfristig kein konstruktiver Partner mehr sein – im Gegenteil.

(Stephan Brandner [AfD]: Die FDP auch nicht!)

Krieg und Flucht verändern Europa. Die Freizügigkeit in Europa, das grenzenlose Reisen im Schengenraum sind wertvolle Errungenschaften, die wir nicht leichtfertig aufgeben sollten.

(Zuruf von der AfD)

Die Erwartungen Europas an Deutschland sind gewachsen und wachsen weiter, vor allem in Mittel- und Osteuropa. Daran werden wir gemessen.

Die EU ist nicht das erste Mal in schweres Fahrwasser geraten. Aber Krisen und Herausforderungen stärken den Zusammenhalt; auch das haben die letzten Jahre gezeigt. Heute zeigt die EU Stärke und Einigkeit bei der Unterstützung der Ukraine, im Einsatz für Frieden und Freiheit.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Als Nächste hat das Wort für die Gruppe Die Linke Janine Wissler.

(Beifall bei der Linken)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7616758
Wahlperiode 20
Sitzung 193
Tagesordnungspunkt Regierungserklärung zum Europäischen Rat
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