16.10.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 193 / Tagesordnungspunkt 1

Verena HubertzSPD - Regierungserklärung zum Europäischen Rat

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es fällt mir gar nicht leicht, geordnet in diese Debatte einzusteigen, wo sich ja jeder Sorgen macht um interne SPD-Bundestagsfraktionssitzungen.

(Janine Wissler [Die Linke]: Ich mache mir Sorgen um das Asylrecht, nicht um die SPD!)

Wir ringen mit großer Verantwortung um Lösungen für die Herausforderungen in unserer Zeit, und da packen wir als Ampel an.

(Sepp Müller [CDU/CSU]: Werden Sie nicht rot, Frau Hubertz!)

Herr Merz, Sie sagten eben hier an diesem Pult, die Ampel vernichte in drei Jahren Hunderttausende Arbeitsplätze

(Friedrich Merz [CDU/CSU]: 300 000!)

– 300 000, genau; das haben Sie gesagt, richtig –, und dann sprachen Sie von strukturellen Problemen.

(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Ja!)

Egal welches Problem Sie aufzählen, Herr Merz, für Sie ist klar: Die Ampel ist schuld. Und ein ehemaliger Verkehrsminister, Herr Dobrindt, stimmt in dieses Lied mit ein. Ich finde, das ist irgendwie schon ein seltsames Politikverständnis.

(Johannes Schraps [SPD], an die CDU/CSU gewandt: Wer hat denn den Breitbandausbau gemacht? Wer hat denn den Schienenausbau gemacht?)

Konzepte nennen Sie nicht. Wir packen hier gerade einen Reformstau an, den wir nicht alleine zu verantworten haben. Und – das kennt man vielleicht von Reformen, die man in Unternehmen anstößt – nicht jede Reform wirkt direkt morgen, sondern manchmal auch erst übermorgen.

(Martin Reichardt [AfD]: Manchmal auch gar nicht! – Stephan Brandner [AfD]: In Ihrem Fall das Gegenteil!)

Insofern bin ich froh, dass Bundeskanzler Olaf Scholz

(Stephan Brandner [AfD]: Der ist schon geflüchtet, der Kanzler!)

mit seiner Industrieagenda heute einen weiteren Grundstein gelegt hat, wie wir unserer Wirtschaft wieder einen Aufschwung verschaffen; denn den braucht sie jetzt, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Deutschland kann Comeback. Deutschland wurde schon oft abgeschrieben, zum Beispiel in den 90er-Jahren, als es darum ging, wer eigentlich der kranke Mann Europas ist. Diskussionen wie diese führen wir heute wieder, und wir haben sie auch in der Finanzkrise geführt. Wir haben hier eine gewisse Resilienz. Natürlich geht es jetzt darum, die Wirtschaft wieder anzukurbeln. Deswegen stehen wir für eine starke Industriepolitik mit guten Arbeitsplätzen, aber auch – und das unterscheidet uns hier durchaus von einigen in diesem Hause – für eine Politik mit einer Vision, wie wir uns den Wirtschaftsstandort Deutschland vorstellen. Ich will hier auf zwei Punkte eingehen:

Wenn man in Unternehmen unterwegs ist, dann hört man immer wieder einen Punkt: die hohen Energiepreise. Deswegen ist es doch so wichtig, dass Bundeskanzler Olaf Scholz eben angekündigt hat, einen Schritt hin zu einem Strompreispaket für die Industrie zu gehen, endlich die Netzentgelte in den Griff zu bekommen und mit der Strompreiskompensation auch etwas für die so wichtige Grundstoffindustrie zu tun. Lars Klingbeil hat es gesagt: Wir als SPD kämpfen um Industriearbeitsplätze in diesem Land.

(Beifall bei der SPD – Dr. Ottilie Klein [CDU/CSU]: Erfolglos! – Sepp Müller [CDU/CSU]: Minus 300 000 ist Ihre Bilanz!)

Und das tun wir nicht alleine, sondern mit den Gewerkschaften und der Industrie zusammen.

(Stephan Brandner [AfD]: Wenn du nicht mehr weiterweißt, gründe einen Arbeitskreis!)

Deswegen ist es gut, dass sich der Kanzler dieses Themas annimmt und zu einem Industriegipfel einlädt. Und vielleicht erinnert sich der eine oder andere, dass wir so was schon mal gemacht haben in einer Krise, mit einer konzertierten Aktion. Diesmal geht es nicht um Inflationsprämien; denn die Inflation haben wir ein Stück weit in den Griff bekommen. Das Problem ist doch ein Vertrauensverlust. Wohin geht es in der Wirtschaft?

(Stephan Brandner [AfD]: Bergab, wenn Sie so weitermachen! Das ist doch ganz klar!)

Wie kommen wir aus der Krise wieder raus? Die deutschen E-Autos stehen auf Halde; man traut sich jetzt auch irgendwie nicht, so eine große Investition zu tätigen.

Angesichts dessen müssen wir gezielt überlegen, wie wir diese wichtige und andere Zukunftsbranchen wieder ankurbeln – aber nicht, indem wir Autos aus China subventionieren, sondern dadurch, dass wir dafür sorgen, dass Industriepolitik mit Standortpolitik und guten Industriearbeitsplätzen einhergeht. Dafür kämpfen wir. Schließen Sie sich doch gerne an!

(Beifall bei der SPD – Zuruf von der AfD)

Natürlich geht das nicht alleine, es geht nicht national. Wir müssen es europäisch machen, so wie wir es mal beim Airbus geschafft haben. Wenn wir die Kräfte bündeln, dann geht einiges.

Einen Gedanken noch zum Thema „Innovationslücke“ – da hat der Draghi-Bericht den Finger in die Wunde gelegt –: Wir brauchen natürlich noch ein bisschen Schwung nach vorne. Wir brauchen mehr Mut. Wir brauchen mehr Gründungen. Das gelingt vor allen Dingen, wenn wir unsere Kräfte bündeln. Vielleicht kann Ursula von der Leyen ja auch mal ein bisschen mitmachen; denn eine EU-Industriestrategie im Sinne eines Inflation Reduction Act hätten wir schon vor ein paar Jahren gebrauchen können. Jetzt gehen wir selbst voran. Ich würde sagen: Machen Sie doch gerne mit!

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Als Nächster hat das Wort für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Dr. Anton Hofreiter.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7616760
Wahlperiode 20
Sitzung 193
Tagesordnungspunkt Regierungserklärung zum Europäischen Rat
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta