16.10.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 193 / Zusatzpunkt 1

Deborah DüringDIE GRÜNEN - Aktuelle Stunde: Unterstützung des Selbstverteidigungsrechts Israels

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir wachen jeden Morgen auf mit grausamen Bildern aus dem Nahen Osten. Das Leid der Menschen dort ist unvorstellbar: das Leid der Geiseln und ihrer Familien, die um ihre Angehörigen bangen; das Leid der Menschen in Gaza, die mehrmals geflüchtet sind und teilweise ihre ganze Familie verloren haben; das Leid der Menschen im Norden Israels, die seit einem Jahr nicht nach Hause zurückkehren können; das Leid der Menschen im Westjordanland; wo die Siedlergewalt von Tag zu Tag ansteigt, und das Leid der Menschen im Libanon, wo 1,2 Millionen Menschen gerade vor dem Krieg fliehen.

Die Debatte, die wir hier und in den letzten Tagen in der Öffentlichkeit führen, wird meiner Meinung nach, ehrlich gesagt, der Gesamtgemengelage und der dramatischen Situation vor Ort nicht gerecht.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Denn während im Nahen Osten das Leid der Zivilbevölkerung jeden Tag zunimmt, wird hier seit Tagen eine Selbstverständlichkeit skandalisiert. Denn natürlich werden Entscheidungen zu Waffenlieferungen grundsätzlich entlang des Völkerrechts getroffen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Selbstverständlich muss Israel sich weiterhin gegen Raketenangriffe der Hisbollah, der Hamas und des Iran verteidigen können. Deutschland hat hier eine besondere Verantwortung. Das Selbstverteidigungsrecht Israels sowie die Sicherheit der israelischen Bevölkerung sind Kernbestandteile deutscher Verantwortung. Genauso ist Deutschland dem Völkerrecht und der Sicherheit seiner eigenen Soldatinnen und Soldaten verpflichtet, und auch deshalb verurteilen wir den Angriff auf die UN-Friedensmission UNIFIL.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Aus sehr gutem Grund gibt es strenge Regeln für Waffenexporte im deutschen Recht, aber auch in internationalen Verträgen, die Deutschland unterzeichnet hat. Es ist übrigens auch gängige Praxis, sich gerade in heiklen Kontexten, zum Beispiel bei Waffenlieferungen in Krisengebiete, von Empfängern bestimmte völkerrechtliche Garantien geben zu lassen.

Die internationalen Partner Israels einschließlich der USA und Deutschland rufen seit Monaten alle Konfliktparteien zur Deeskalation auf und bemühen sich um einen Waffenstillstand mit der Hamas.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ein Staat muss sich auch im Krieg an das Völkerrecht halten. Es darf in der internationalen Politik keine Blankoschecks und Doppelstandards geben. Das Völkerrecht gilt für alle.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Und Israel hält sich nicht daran, oder wie?)

Von daher ist es nicht nur moralisch richtig, sondern auch die Pflicht der Regierung, Waffenexporte – egal an wen – in jedem Einzelfall genau zu prüfen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Zuruf der Abg. Julia Klöckner [CDU/CSU])

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben in den letzten Tagen viel über Waffenexporte und Waffenlieferungen diskutiert.

(Peter Beyer [CDU/CSU]: Doppelstandards und Doppelmoral!)

Und Sie haben ja gerade in der Regierungsbefragung ausführlich auch noch mal Fragen gestellt. Die Außenministerin hat sie auch ausführlich beantwortet, und am Schluss sind Ihnen offenbar die Fragen ausgegangen; zumindest wirkte es so.

(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Alles nur Sonntagsreden!)

Ich würde aber bitten, dass wir in der Debatte wieder dazu zurückkommen, der Dramatik vor Ort in Gänze gerecht zu werden.

Blicken wir beispielsweise auf den Gazastreifen. Unzählige Kinder sind durch die anhaltenden Luftangriffe traumatisiert und verstümmelt.

(Matthias Hauer [CDU/CSU]: Warum gibt es denn die Luftangriffe?)

Laut UN leiden etwa 96 Prozent der Menschen in Gaza an Hunger. Es gibt kaum noch Trinkwasser oder Medikamente.

Außenministerin Baerbock setzt sich seit einem Jahr nicht nur für mehr humanitäre Hilfe in Gaza und im Libanon ein

(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Lächerlich! Lächerlich!)

– nein, das finde ich überhaupt nicht lächerlich, sondern genau richtig –,

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Julia Klöckner [CDU/CSU]: Doppelstandards!)

sondern auch für einen Waffenstillstand, die Freilassung der Geiseln und für eine Deeskalation des Konfliktes. Sie war dafür elfmal in der Region und spricht mit Partnern auf allen Ebenen. Genau das ist ihr Job als Chefdiplomatin.

(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Alles andere als Diplomatin!)

Ich bin sehr froh, dass wir mit Annalena Baerbock so eine integre und engagierte Außenministerin haben, die keinen Zweifel daran lässt,

(Zuruf des Abg. Dr. Volker Ullrich [CDU/CSU])

dass sowohl die Sicherheit Israels als auch das Völkerrecht unverhandelbar sind.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, weil der Tumult schon losgeht: Lassen Sie uns den Mut zur Differenzierung nicht verlieren.

(Peter Beyer [CDU/CSU]: Allein dieser Tonfall! Das ist ja unerträglich!)

Lassen Sie uns den Blick für das Leid auf allen Seiten nicht verlieren,

(Peter Beyer [CDU/CSU]: Ich leide gerade sehr!)

und lassen Sie uns solidarisch sein mit der israelischen, der palästinensischen und der libanesischen Zivilbevölkerung.

Danke.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Der nächste Redner ist Wolfgang Kubicki für die FDP-Fraktion.

(Beifall bei der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7616856
Wahlperiode 20
Sitzung 193
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde: Unterstützung des Selbstverteidigungsrechts Israels
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