16.10.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 193 / Zusatzpunkt 2

Anja Troff-SchaffarzykSPD - Luftverkehrsstandort Deutschland

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute diskutieren wir das vorerst letzte Mal über die CDU/CSU-Vorschläge für einen starken Luftverkehr. Ihr Timing, liebe Unionsfraktion, ist sehr gut. Pünktlich zu den Flugstreichungen in Hamburg holen Sie Ihren Antrag noch mal aus der Schublade.

(Ulrich Lange [CDU/CSU]: Weil wir wissen, was droht! Weil wir sehen, was los ist in Ihrem Land, im Gegensatz zu Ihnen! – Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Wenn Sie so weitermachen, geht es auch so weiter!)

Ich bin sicher, Sie wollen den Vertretern der Branche heute Abend vermitteln, dass Sie Ihr Bestes für die Luftfahrt gegeben haben.

Doch Ihre Erfolgsaussichten: mäßig. Denn der Inhalt des Antrags bleibt auch nach monatelanger Befassung dürftig. Vor Ihrem großen Versprechen, den Luftverkehrsstandort zu stärken,

(Zuruf von der CDU/CSU)

wird vor allem der kleine Kern „Kosten runter, dann wird’s schon wieder aufwärtsgehen“ in Erinnerung bleiben. Dass beispielsweise in Hamburg der Flughafenbetreiber selbst seine Gebühren erhöht hat

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Susanne Menge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Florian Müller [CDU/CSU]: Ja, warum denn?)

und nicht die sonst aus Ihrer Sicht immer schuldige Ampel in Berlin, passt zu Ihrem leicht schiefen Antrag.

Auch darüber hinaus sind Ihre Ansätze für die Stärkung der Branche weder besonders überzeugend noch neu. Dabei erfordert die Luftfahrt Lösungen am Puls der Zeit. Viele wirtschaftliche, geopolitische und soziale Veränderungen kommen am Flughafen zuerst an. Corona ist das klassische Beispiel,

(Zuruf des Abg. Thomas Bareiß [CDU/CSU])

ebenso der russische Angriffskrieg mit den unmittelbar folgenden Luftraumsperrungen. Und nicht erst seit gestern trifft mit dem Personalmangel eine diffusere, aber nicht weniger belastende Krise die Luftfahrt.

(Zuruf des Abg. Florian Müller [CDU/CSU])

Die jeweils amtierenden Bundesregierungen haben immer zeitnah reagiert und die Branche kurzfristig mit vielfältigen Hilfen unterstützt. Wenn es um die Bekämpfung der Langzeitfolgen all dieser belastenden Herausforderungen geht, ist Ihr Mittel „Gebühren abschaffen“. Ich halte das heute wie bei der ersten Lesung für eine Schaufensterlösung.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Wir haben Ihren Antrag breit diskutiert: im Verkehrsausschuss, in einer öffentlichen Anhörung, im Mai bereits hier im Plenum und auch in der letzten Woche auf einer Veranstaltung. Bei allen Gelegenheiten habe ich ehrlicherweise den Eindruck gewonnen, dass Sie um die Unterkomplexität Ihres Antrags wissen. Dabei sind Ihnen die Vielschichtigkeit der Probleme und die Fallstricke des globalen Wettbewerbs bekannt. Auf dem Papier ist davon allerdings wenig angekommen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Das wissen auch die Vertreter und Vertreterinnen der Branche, denen Sie mit diesem Antrag gefallen wollen. Natürlich freut sich jede Luftverkehrskauffrau und jeder Luftverkehrskaufmann über Gebührensenkungen. Wer sollte es ihnen verübeln?

(Florian Müller [CDU/CSU]: Es geht um die Passagiere!)

Aber allen Beteiligten ist klar, dass die deutsche Luftfahrt strukturelle Probleme jenseits der Standortkosten hat, denen begegnet werden muss, zuerst dem Personalmangel.

Wenn der Flughafen München – sonst einer der besten Europas – zum Negativbeispiel wird, dann läuft auch im von der Union gern verklärten Freistaat Bayern etwas schief. Doch von Ihrem Ministerpräsidenten Söder oder Ihrem CSU-Verkehrsminister Bernreiter

(Enak Ferlemann [CDU/CSU]: Sehr kluge Leute!)

hört man zu alldem nichts, erst recht kein Rezept für mehr Personal am Flughafen Franz Josef Strauß. Ihr Antrag hat dieselbe Leerstelle.

Als Bundesregierung haben wir hingegen gehandelt. Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz – von Ihnen entschieden bekämpft – oder die Reform der Luftsicherheit helfen konkret vor Ort – nicht von heute auf morgen; das wissen wir. Denn im Gegensatz zu den Konflikten und Krisen unserer Zeit entfalten die Lösungen und besseren Rahmenbedingungen nicht sofort ihre volle Kraft am Flughafen. Doch die nötige Geduld bringen wir auf, und wir verfallen nicht in Aktionismus.

Zum Abschluss möchte ich betonen, dass unsere Ablehnung zwar das Ende dieses parlamentarischen Verfahrens darstellt; die Debatte zur Stärkung des deutschen Luftverkehrsstandorts bleibt aber aktuell. Wir werden diese weiter gemeinsam entschieden führen, und wir setzen uns für tragfähige Lösungen ein statt für wenig überzeugende Gebührensenkungsversprechen.

Danke.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Vielen Dank, Frau Kollegin. – Nächster Redner ist der Kollege Dirk Brandes, AfD-Fraktion.

(Beifall bei der AfD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7616901
Wahlperiode 20
Sitzung 193
Tagesordnungspunkt Luftverkehrsstandort Deutschland
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