Susanne MengeDIE GRÜNEN - Luftverkehrsstandort Deutschland
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Dass die Union das Thema so kurzfristig hochzieht, ist offensichtlich von Überschriften geleitet, die da lauten: Ryanair und Eurowings ziehen einige Flugzeuge vom Flughafen Hamburg ab.
(Zurufe von der CDU/CSU)
Es sind die mantraartig wiederholten Klagen der Lobbyisten über hohe Standortkosten, die Sie, Herr Lange, und die Union aufgreifen. Ist ja auch praktisch; dann muss man sich nicht mehr selbst mit den Fakten auseinandersetzen.
(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU – Leon Eckert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So! – Ulrich Lange [CDU/CSU]: Hoho!)
Deswegen: Schauen wir doch mal genauer hin! Wenn Airlines ankündigen, Flüge ab Hamburg wegen hoher Standortkosten zu reduzieren, dann wird der Niedergang des Standorts Deutschland heraufbeschworen. Der Flughafen Hamburg dagegen – meine Vorrednerin hat es gesagt –, der seine Flughafenentgelte anheben muss, um kostendeckend arbeiten zu können, sieht sich mit einer Machtdemonstration der Billigairlines konfrontiert. Es ist kein Geheimnis, dass diese Airlines immer dorthin gehen, wo es gerade am billigsten ist.
Wenn Schweden seine Luftverkehrsteuer abschafft, wird Deutschland als Auslaufmodell dargestellt, weil wir Schweden nicht nachfolgen. Wenn dagegen Frankreich seine Luftverkehrsteuer deutlich anhebt, herrscht Schweigen im Walde.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Bevor wir lautstark Schlüsse ziehen, müssen wir erst einmal wissen, was ist. Die Mühe sollten auch Sie, Herr Lange, sich machen, wenn Sie, irgendwann mal, Verantwortung übernehmen wollen.
Lassen Sie uns das Thema Standortkosten einmal vom Kopf auf die Füße stellen! Die Standortkosten für einen repräsentativen Beispielflug betragen in Deutschland 13 Euro mehr – ich wiederhole: 13 Euro! – als in fünf vergleichbaren Ländern Europas. Das hat Professor Thießen in der Anhörung im Verkehrsausschuss vorgetragen, übrigens nicht zum ersten Mal. Man möchte meinen, das sei angesichts der relativ hohen Kaufkraft in Deutschland hinnehmbar.
Die Union entdeckt offenbar gerade ihre soziale Ader ausgerechnet beim Thema Flugreisen – besser spät als nie.
(Zurufe von der CDU/CSU)
Aber auch da rate ich, genauer hinzusehen. Der Luftverkehr ist stark subventioniert.
(Enak Ferlemann [CDU/CSU]: Nein!)
Am stärksten profitieren dabei die wenigen wohlhabenden Vielflieger.
(Stephan Brandner [AfD]: Frau Baerbock zum Beispiel! Und der Kanzler! Der Habeck! – Zurufe von der CDU/CSU)
Jeder, der in Deutschland Steuern zahlt, unterstützt, selbst wenn er gar nicht oder nur gelegentlich fliegt, damit die Leute, die es sich sowieso leisten können.
(Zuruf des Abg. Reinhard Houben [FDP])
Soziale Gerechtigkeit beginnt nicht beim Fliegen, lieber Herr Lange, sondern bei fairen Löhnen und Steuern.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Auch wir wollen die Luftfahrtbranche fördern. Wir machen das aber nicht mit der Gießkanne auf Kosten der Allgemeinheit, sondern wir fördern mit dem Luftfahrtforschungsprogramm Innovationen.
(Stephan Brandner [AfD]: Wer bezahlt das? – Zuruf des Abg. Thomas Bareiß [CDU/CSU])
Und wir fördern das dringend benötigte E-Kerosin, zuletzt mit dem Start eines großen Projekts in Leuna. Das zahlt zugleich in den Klimaschutz und in die Zukunftsfähigkeit der Branche ein.
(Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Dann kann Frau Baerbock von Frankfurt nach Luxemburg mit besserem Gewissen fliegen!)
Ich empfehle Ihnen, zukünftig durchaus eine Zwischenfrage zu stellen.
Danke schön.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)
Vielen Dank, Frau Kollegin. – Nächster Redner ist der Kollege Björn Simon, CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU – Henning Rehbaum [CDU/CSU]: Zurück zur Sachlichkeit!)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7616903 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 193 |
Tagesordnungspunkt | Luftverkehrsstandort Deutschland |