Oliver KaczmarekSPD - Änderung des Befristungsrechts für die Wissenschaft
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist gut, dass das Wissenschaftszeitvertragsgesetz jetzt im plenaren Betrieb ist, dass wir öffentlich darüber reden können, welche Veränderungen wir noch vornehmen. Das ist etwas Wichtiges, weil es schon zu lange gedauert hat, bis wir diesen Zeitpunkt erreicht haben. Aber jetzt ist es so weit.
Für uns ist eine Überlegung ziemlich grundlegend. Wir sind der festen Überzeugung, dass, wenn man pragmatisch draufblickt, klar ist: Wir müssen Veränderungen durchführen, weil attraktive Beschäftigungsbedingungen zentral sein werden für die Zukunftsfähigkeit des Wissenschaftssystems in Deutschland.
(Beifall bei der SPD)
Wir kennen das alles und wissen alle: Es gibt zurückgehende Studierendenzahlen, die Konkurrenz um die Fachkräfte wird größer. Viele Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind getrieben von den Forschungsfeldern, von den Forschungsvorhaben, die sie haben. Aber sie können das alles nur machen, wenn sie auch davon leben können. Und darum geht es: um das Entgelt, um einen dauerhaften Arbeitsvertrag, mit dem man eine Wohnung mieten kann. Das ist es, was wir brauchen. Die besten Köpfe dauerhaft für unser Wissenschaftssystem zu gewinnen, das wird nur mit stabilen Beschäftigungsbedingungen gelingen.
(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Laura Kraft [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Für uns sind zwei Ziele leitend, weil wir der Meinung sind, dass es nicht so viele Abweichungen vom üblichen Arbeitsmarkt geben darf.
Das Erste ist: Wir wollen Arbeitnehmerrechte im Wissenschaftszeitvertragsgesetz verankern. Es ist hier schon vielfach angesprochen worden: Ja, es gibt Erfolge im Gesetzentwurf, die wir miteinander besprochen haben und die schon Verbesserungen für Beschäftigte im Wissenschaftsbetrieb bringen. Mindestvertragslaufzeiten, bessere Berücksichtigung von Erziehung und Pflege, das sind spürbare Verbesserungen.
Was wir aber erreichen müssen, ist, dass wir auch eine Antwort auf die Frage geben: Wann kommt denn der unbefristete Vertrag? Davor dürfen wir uns nicht drücken. Und wir müssen klar beschriebene und durchsetzbare Arbeitnehmerrechte ins Gesetz aufnehmen; denn darauf müssen sich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, wie es auch in anderen Teilen des Arbeitsmarktes der Fall ist, verlassen können.
(Beifall bei der SPD)
Das Zweite ist: Wir brauchen faire Arbeitsmarktbedingungen. Der Bundeskanzler hat heute Morgen hier von diesem Pult aus darauf hingewiesen, dass die Sozialpartnerschaft in Deutschland eine Stütze unserer Volkswirtschaft und eine Stütze für den Wohlstand in den vergangenen Jahrzehnten war. Wir sehen, wo Mitbestimmung wirkt. Wir sehen aber auch, wo sie nicht wirken kann: im Wissenschaftssystem. Unserer Analyse nach ist das auch darauf zurückzuführen, dass wir zu wenig Sozialpartnerschaft haben. Das ist der Grund dafür, dass wir in dem System so viele prekäre Beschäftigungen haben.
Deshalb ist unsere Zielsetzung für die nächsten Wochen, natürlich Besonderheiten des Wissenschaftssystems aufzugreifen, aber eben auch dafür zu sorgen, dass Ausnahmen von der Tarifautonomie besonders begründet werden müssen. Am besten lässt man sie ganz weg.
(Beifall bei der SPD)
Natürlich werden wir am Ende einen Kompromiss machen müssen. Wir haben jetzt auch hier gesehen, dass die Koalitionspartner von verschiedenen Seiten auf das Thema blicken. Aber wir haben uns vorgenommen, da was zu erreichen. Wir müssen aber auch sagen: Es gibt Grenzen für das Ganze. Nicht alle, die nach der Promotion im Wissenschaftssystem bleiben wollen, werden das dauerhaft tun können. Und wir werden auch mit finanziell begrenzten Ressourcen zu tun haben.
Ich bin aber auch froh, dass wir den Maßgabebeschluss des Haushaltsausschusses getrennt vom Wissenschaftszeitvertragsgesetz beraten. Wenn dauerhaft mehr finanzielle Mittel die Lösung für das Problem wären, dann hätten wir ja schon mehr dauerhafte Beschäftigung, weil wir beispielsweise den Zukunftsvertrag Studium und Lehre verstetigt hätten und wegen vieler anderer Punkte mehr.
Deshalb: Es braucht an der Stelle nicht nur mehr Geld – natürlich wollen wir mehr Geld in das System investieren, und das wird ja auch geschehen: jedes Jahr plus 3 Prozent –, sondern wir brauchen auch einen Mentalitätswandel auf der Arbeitgeberseite, um die besten Köpfe für das System zu erhalten. Und wir brauchen die Festschreibung von Arbeitnehmerrechten im Wissenschaftszeitvertragsgesetz.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Es ist schon viel Bewegung im System. Viele Länder und Hochschulen haben sich auf den Weg gemacht, haben teilweise neue Gesetze gemacht, und das ist gut. Diese Entwicklung finden wir gut, und sie soll weitergehen, sie darf nicht zum Stillstand kommen.
Deswegen will ich zum Schluss klarstellen: Damit diese Entwicklung nicht zum Stillstand kommt, ist es auch keine Option, kein Gesetz zu verabschieden. Wir werden ein Gesetz verabschieden; das ist unser festes Ziel. Und wir werden uns auf einen guten Kompromiss verständigen.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Stephan Albani [CDU/CSU]: War das ein Versprechen?)
Vielen Dank, Herr Kollege. – Nächste Rednerin ist die Kollegin Katrin Staffler, CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7616937 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 193 |
Tagesordnungspunkt | Änderung des Befristungsrechts für die Wissenschaft |