Markus HerbrandFDP - Steuerreform f. Familien, Mittelstand u. Unternehmen
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch ich bin im Grundsatz ein großer Befürworter einer notwendigen Vereinfachung des deutschen Steuerrechts. Insofern war ich natürlich sehr gespannt auf den heutigen Tagesordnungspunkt, gerade auch auf die fachlich-inhaltlichen Vorschläge in diesem Antrag. Leider lässt mich und vermutlich auch sehr viele andere damit Befasste der Antrag enttäuscht zurück; denn eine fachliche Einschätzung Ihres Antrags ist in der Tat nur sehr schwer vorzunehmen. Die Forderungen – das kann man wirklich nicht anders sagen – erscheinen als ein wildes Durcheinander steuerpolitischer Vorstellungen.
Im Einzelnen möglicherweise nachvollziehbar, scheinen mir Wechselwirkungen untereinander und Gesamtwirkungen beispielsweise auf diverse föderale Ebenen überhaupt nicht zu Ende gedacht. Insofern erscheint es müßig, von diesem Platz darüber weitere Mutmaßungen anzustellen. Ich nehme zur Kenntnis, dass viele meiner Kollegen sich sehr viel mehr Mühe damit gemacht haben, und zolle ihnen Respekt.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ich werde die Gelegenheit nutzen, um auf das hinzuweisen, was zu den auch von Ihnen adressierten Punkten in den vergangenen Jahren bereits geschehen ist und was augenblicklich nicht nur in Planung, sondern ganz konkret bereits in der Umsetzung ist.
Völlig unvoreingenommen meine ich dabei feststellen zu können: Es gab zwar nicht die eine große Steuerreform, aber die Summe der Einzelteile der in den vergangenen Jahren verabschiedeten Steuerrechtsänderungen ergibt schon einen beachtlichen Output. Ich denke da an viele, viele Gesetze, an die Corona-Steuerhilfegesetze, an die Jahressteuergesetze, an das Inflationsausgleichsgesetz, an das Wachstumschancengesetz, das wir lieber etwas größer gehabt hätten, das aber dann etwas kleiner gemacht wurde.
(Michael Schrodi [SPD]: Und die ganz komplizierten hat er noch weggelassen!)
Durch diese Gesetze wurden ganz konkrete einzelne Maßnahmen umgesetzt. Für Unternehmen haben wir, was lange gefordert war, die Thesaurierungsbesteuerung bei Personengesellschaften verbessert. Ich will das nicht idealisieren – dafür bin ich selbstkritisch genug –, aber wir haben sie deutlich verbessert. Um die Liquidität der Unternehmen zu schonen, haben wir die Verlustverrechnungsmöglichkeiten massiv verbessert, nämlich erhöht und auch zeitlich ausgeweitet.
(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Dr. Sebastian Schäfer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Wir haben die degressive Abschreibung verlängert
(Beifall bei Abgeordneten der FDP)
und nicht zuletzt durch die Tarifverschiebungen erreicht, dass die sogenannte kalte Progression regelmäßig ausgeglichen wurde, der Staat sich also nicht an der Inflation bereichert hat.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Aber auch in vielen Bereichen außerhalb der Unternehmensbesteuerung wurde vieles gemacht. Wir haben die Abschreibungsbedingungen verbessert, insbesondere durch die Erhöhung der linearen Abschreibung, die Einführung einer degressiven Abschreibung bei Investitionen im Immobilienbereich und die Verlängerung der Modifikation der Sonderabschreibungen dort.
(Beifall bei der FDP)
Wir haben große Schritte gegen die von sämtlichen Vorgängerregierungen weitgehend ignorierte, zumindest aber geduldete Doppelbesteuerung von Renten unternommen. Schließlich haben wir ganz viele Freibeträge angepasst, die seit Jahren, zum Teil sogar seit Jahrzehnten nicht angepasst wurden.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Michael Schrodi [SPD]: Homeofficepauschale!)
Jetzt folgt das Steuerfortentwicklungsgesetz, in dem wir weitere steuerrechtliche Regelungen anpassen werden, die zusammen mit anderen Maßnahmen aus der Wachstumsinitiative der Bundesregierung den Wachstumsmotor in Deutschland wieder hochfahren lassen werden. Auch da werden wir wieder die degressive Abschreibung erhöhen und zeitlich deutlich verlängern. Wir werden auch Sonderabschreibungen für bestimmte Transformationsinvestitionen einführen.
Der Schlüsselpunkt auch dieses Gesetzes ist, dass wir erneut verhindern, dass der Staat sich zulasten seiner Bürgerinnen und Bürger bereichert, also alleine wegen der Inflation. Wir geben den Menschen das Geld zurück.
(Beifall bei der FDP)
Das heißt ganz konkret: mehr Netto vom Brutto. Wir halten das für ein Gebot der Fairness.
Zweifelsohne, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, sollte, muss und wird auch noch mehr getan werden, gerade im Bereich der Beseitigung von Produktionshemmnissen. Ich nenne hier die Dauerbaustellen Bürokratieabbau und Sozialstaatsreform.
Den hier vorliegenden steuerpolitischen Versuch, einen Kessel Buntes anzurühren, ohne zu sagen, woher das Brennholz kommen soll, lehnen wir ab, freuen uns aber dennoch auf die Debatte im Ausschuss.
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Vielen Dank, Herr Kollege Herbrand. – Nächster Redner ist der Kollege Alois Rainer, CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7616968 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 193 |
Tagesordnungspunkt | Steuerreform f. Familien, Mittelstand u. Unternehmen |