Alois RainerCDU/CSU - Steuerreform f. Familien, Mittelstand u. Unternehmen
Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, ich habe es schon richtig vernommen: Wir sprechen heute über einen AfD-Antrag, oder?
(Zuruf: Ja!)
– Dann will ich das auch mal tun. – Die AfD sagt in ihrem Antrag: Wir haben ein gewachsenes Steuersystem. – Richtig. Und sie sagt: Dieses Steuersystem wollen wir um 360 Grad ändern. – Das will sie mit ihrem Wünsch-dir-was-Antrag.
Natürlich wollen wir die Menschen steuerlich entlasten, natürlich soll es den Familien mit Kindern gut gehen, und natürlich soll die Bürokratielast geringer werden; aber Ihre Steuerreform ist komplett losgelöst von jeder politischen Realität und nicht in dieser Zeit machbar, wie Sie sich das vorstellen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Hier nenne ich gerne das eine oder andere Beispiel. Ich habe mir gestern die Pressekonferenz per Video angehört. Sie haben gesagt, Sie wollen die Abgaben für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und die Körperschaftsteuer einheitlich auf 25 Prozent reduzieren. Ihr fachkundiger Professor sagte dann: Weil wir alles deckeln, werden von 1 Euro 75 Cent in der Tasche bleiben. – Wenn, dann sollte man es ehrlich und in der Gänze sagen: Nein, das wird so nicht sein, weil wir daneben auch noch die Sozialversicherungskosten haben. Wir haben Kosten für die Arbeitslosenversicherung, für die Krankenversicherung, für die Rentenversicherung, die bei vielen Menschen weggehen. Sie müssen am Ende des Tages bei der Wahrheit bleiben, weil viele Menschen in unserem Land diese soziale Absicherung im Alter oder bei Krankheit einfach brauchen. Deshalb muss das auch ehrlich gesagt werden.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Johannes Schraps [SPD]: Sehr richtig!)
Als Nächstes sagen Sie: Das Steuerrecht wird einfacher, der Verwaltungsaufwand weniger und somit die Arbeit der Steuerbehörden maximal reduziert. – Klingt erst mal super, klingt erst mal gut. Aber bis das Ganze umgesetzt ist, brauchen wir eine Armee, eine Invasion von Steuerbeamtinnen und Steuerbeamten, die dies auf die Reihe bringen. Ein komplexes, gewachsenes Steuersystem komplett zu ändern, das geht nicht so einfach, wie Sie sich das vorstellen.
Drittens. Sie stellen die Familien aus der Mittelschicht der Bevölkerung in den Fokus Ihrer Steuerpolitik. Besonders hier zeigt sich wieder einmal Ihr ideologisch, Ihr nationalistisch geprägtes Familienbild. Kinder sind wichtig für die Gesellschaft; aber in Ihrem Antrag wird das so dargestellt, als verursachten Kinder nur Kosten. Sie behaupten, deswegen wollten Eltern maximal ein Kind, sie könnten sich kein zweites oder drittes Kind leisten.
(Jörn König [AfD]: Das ist die Realität!)
Ich sage Ihnen eins: Wenn mich etwas auf die Palme bringt, dann ist es das. Kinder nur auf Kosten zu reduzieren, das ist das Billigste überhaupt!
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP – Jörn König [AfD]: Das haben wir aber nicht gemacht!)
Kinder sind viel, viel, viel mehr. Kinder sind eine Erfüllung im Leben, Kinder sind ein Glück im Leben, und Sie reduzieren sie auf die Kosten.
(Zuruf des Abg. Jörn König [AfD])
Also bitte, das sind Luftschlösser, die Sie in Ihrem ganzen Antrag bauen, und Sie kritisieren uns, wir hätten keine Steuerkonzepte. Jetzt haben wir viel von der Ampel gehört – alles okay. Aber statt alles in einen Antrag zu packen, machen wir als Union viele Anträge. Gerade heute Nachmittag haben wir in der Anhörung des Finanzausschusses über eine Unternehmensteuerreform diskutiert. Viele Anträge der Union erreichen das Parlament. Leider Gottes haben wir momentan keine Mehrheit; deshalb lässt sich unser Vorhaben so nicht durchsetzen.
Die elementare Frage schließen Sie aus oder sagen nur pauschal: Die durch den Antrag entstehenden Kosten oder die Kosten unserer Steuerreform lassen sich so einfach nicht benennen.
(Zuruf des Abg. Jörn König [AfD])
– Ja, okay. Ich war jahrelang Bürgermeister. Dann diskutieren Sie bitte mit den Kommunalpolitikern in unserem Land und sagen: Wir wollen eine Steuerreform machen. Ihr habt dann wesentlich weniger Geld.
(Jörn König [AfD]: Nein, haben sie nicht! – Gegenruf des Abg. Michael Schrodi [SPD]: Ja, natürlich! Die ganzen Steuern der Kommunen – Grundsteuer, Gewerbesteuer!)
Wir gleichen es mit den 3 Prozent aus, die auf die Einkommensteuer am Ende des Tages draufkommen. Ihr habt noch ein eigenes Hebesatzrecht.
Keine Sorge, ich habe mir den Antrag mehrmals durchgelesen und auch die Pressekonferenz gehört. Sie haben keine fundierte Finanzierung. Es reicht einfach nicht aus, wenn Sie sagen: Wir streichen die Gelder für den Klimaschutz. – Ich sage Ihnen eins: Klimaschutz kann man anders machen, nicht über die Köpfe der Menschen hinweg; aber dass sich unser Klima geändert hat, das steht definitiv fest. Da braucht mir keiner irgendwas zu erzählen.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ich bin alt genug, um das Wetter zu kennen und zu wissen, wie es noch vor 40 Jahren war, wie es vor 30 Jahren war und wie es jetzt ist.
Herr Kollege, kommen Sie zum Schluss, bitte.
Wir müssen was dagegen tun. Aber so, wie Sie es machen – –
Herr Kollege, bitte kommen Sie zum Schluss.
Jawohl, Herr Präsident, sofort.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Ja.
Nur zu sagen, mit der Einsparung der Kosten für Flüchtlinge könnte man das decken, reicht auch nicht, weil man die nicht von heute auf morgen auf null setzen kann.
Herr Kollege.
Ihr Antrag ist ein Luftschloss im nationalsozialistischen Wunschdenken der AfD.
Herr Kollege, bitte jetzt!
Danke schön.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Volker Münz [AfD]: Mann, seid ihr billig! – Weitere Zurufe von der AfD)
Letzte Rednerin in dieser Debatte, nein, des heutigen Tages überhaupt ist die Kollegin Frauke Heiligenstadt, SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7616969 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 193 |
Tagesordnungspunkt | Steuerreform f. Familien, Mittelstand u. Unternehmen |