17.10.2024 | Deutscher Bundestag / 20. EP / Session 194 / Tagesordnungspunkt 7

Joachim WundrakAfD - Ein Jahr Nationale Sicherheitsstrategie

Loading Interface ...
Login or Create Account






Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frieden, Freiheit, Sicherheit und Wohlstand sind die Ziele und großen Versprechen unserer großartigen Verfassung an das deutsche Volk. Der Staat, seine Verfassungsorgane sind an dieses Versprechen gebunden, wie es auch im Eid des Kanzlers und seiner Minister zum Ausdruck kommt.

Bundeskanzler Scholz hat auf der Münchner Sicherheitskonferenz in diesem Jahr festgestellt, dass ohne Sicherheit „alles andere nichts“ sei, ja, Sicherheit unabdingbare Voraussetzung für Frieden, Freiheit und Wohlstand sei. So ist es grundsätzlich zu begrüßen, dass die Außenministerin vor einem Jahr eine Nationale Sicherheitsstrategie vorgelegt hat – zwar mit einem Jahr Verspätung, aber man sagt ja: Gut Ding braucht Weil.

Ob nun die vorgelegte Nationale Sicherheitsstrategie wirklich ein gut Ding geworden ist, darüber gehen die Meinungen dann doch auseinander. Die Fachpresse urteilt kritisch über das Papier: eine Sammlung von Gemeinplätzen, eine Liste von Wünschbarkeiten, kein konkretes Strategiekonzept, sondern Selbstbeweihräucherung als die Guten.

Ich will mich an dieser Stelle nicht weiter über den Text beugen und Exegese betreiben, sondern mich interessiert viel mehr, wie die hehren Absichten in konkrete Politik und politisches Handeln umgesetzt werden sollen. Der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik mangelt es nämlich seit Jahren an realpolitischem Gestaltungswillen und belastbarer Glaubwürdigkeit.

(Beifall bei der AfD – Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ach?)

Insbesondere werden die deutschen nationalen Interessen nicht klar formuliert und operationalisiert. Viel zu oft versteckt man sich hinter Floskeln wie „Bündnissolidarität“ und „Deutschland als verlässlicher Partner“.

Den aktuellen Herausforderungen einer sich rasch verändernden Weltordnung und einem immer schärfer werdenden internationalen Systemwettbewerb ist Deutschland daher zunehmend nicht gewachsen.

(Deborah Düring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, wo stehen Sie denn?)

Komplexe Herausforderungen können nur bewältigt werden, wenn außen-, verteidigungs-, innen-, wirtschafts- und entwicklungspolitische Dimensionen miteinbezogen und im deutschen Interesse angegangen werden.

(Beifall bei der AfD)

Deutschland muss in die Lage versetzt werden, seinen weiteren Abstieg in der internationalen Gemeinschaft zu verhindern. Es sollte daher in zentralen Bereichen nicht die konkurrierenden Ziele anderer übernehmen müssen, sondern proaktiv, systematisch und begründet eigene Ziele im deutschen Interesse festlegen und durchsetzen.

(Beifall bei der AfD)

Vor diesem Hintergrund muss es die dringende Aufgabe der Bundesregierung sein, umgehend den Bundessicherheitsrat zu einem ständigen ressortübergreifenden Nationalen Sicherheitsrat nach österreichischem, französischem oder japanischem Vorbild mit effizienten und schlanken Strukturen umzubauen. Dieser Nationale Sicherheitsrat soll vom Bundeskanzler geführt werden und umfasst die für Sicherheit relevanten Kabinettsmitglieder. Sicherheit im umfassenden und strategischen Sinne muss unbedingt Chefsache sein.

(Beifall bei der AfD)

Dem Nationalen Sicherheitsrat soll ein ständiger Nationaler Sicherheitsberater mit einem Stab im Bundeskanzleramt zur Verfügung stehen. Und um diese erweiterte Handlungsfähigkeit der Exekutive demokratisch zu legitimieren, ist ein entsprechendes Parlamentarisches Kontrollgremium einzusetzen.

Auch nach einem Jahr seit der Veröffentlichung der Nationalen Sicherheitsstrategie der Bundesregierung ist in dieser Hinsicht nichts passiert, obwohl sich nach meiner Wahrnehmung eine Mehrheit dieses Hauses für einen Nationalen Sicherheitsrat ausgesprochen und sich damit einer Forderung, die meine Fraktion seit 2017 erhebt, angeschlossen hat.

(Beifall bei der AfD)

Ich bin allerdings sicher, dass sich die nächste Bundesregierung dieser Forderung stellen wird. Es ist durchaus schädlich, ein weiteres Jahr in dieser wichtigen und dringlichen Angelegenheit zu verlieren; denn ich fürchte, die Herausforderungen und Risiken für die Sicherheit Deutschlands und seiner Bürger werden wohl nicht weniger werden.

(Sara Nanni [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie arbeiten ja daran!)

Werte Kollegen, ich will an dieser Stelle kurz auf ein kollektives Sicherheitssystem eingehen, dem sich Deutschland in Übereinstimmung mit unserer Verfassung angeschlossen hat. Die NATO ist seit sechs Jahrzehnten erfolgreich Garant der äußeren Sicherheit Deutschlands und damit unverzichtbar.

(Zuruf von der SPD: Ich dachte, da wollten Sie raus!)

Allerdings hat es auch eklatante Fehler gegeben wie den nicht mandatierten Luftkrieg gegen Serbien und den gewaltsamen Regimechange in Libyen.

(Falko Droßmann [SPD]: Sie haben doch mitgemacht!)

Dann ist die NATO nach 20 Jahren Intervention in Afghanistan gescheitert, was wir in diesem Hause mit der Einrichtung einer Enquete-Kommission und einem Untersuchungsausschuss aufarbeiten müssen.

Nein, meine Damen und Herren, die Sicherheit Deutschlands wurde nicht am Hindukusch verteidigt.

(Beifall bei der AfD)

Und Deutschlands Sicherheit wird auch künftig weder im Südchinesischen Meer noch irgendwo sonst in Asien verteidigt werden können. Das Einsatzgebiet eines grundsätzlich defensiven Verteidigungsbündnisses, das die NATO gemäß der Charta ist, muss auf den in der Charta festgelegten Raum „Nordatlantik und Europa“ begrenzt bleiben.

(Beifall bei der AfD)

Ja, Deutschlands Sicherheit muss in Europa verteidigt werden. Und nein, Frau Außenministerin, Deutschland ist nicht mit Russland im Krieg. Wir müssen wirklich alles tun, damit dies nicht durch weitere Eskalation oder gar schlafwandlerisch geschieht. Ich zitiere den Altkanzler Helmut Schmidt: „Lieber 100 Stunden umsonst verhandeln, als eine Minute schießen.“

(Beifall bei der AfD)

Und ja, Frau Außenministerin, der Bundeskanzler muss mit dem russischen Präsidenten reden, wenn es dazu die Bereitschaft und die Gelegenheit gibt – dies, um Schaden vom deutschen Volk abzuwenden, und gerade auch, um dazu beizutragen, einen Waffenstillstand in der Ukraine herbeizuführen.

(Beifall bei der AfD)

Ja, Russland hat diesen Krieg völkerrechtswidrig begonnen, und hier gibt es nichts zu rechtfertigen oder zu relativieren. Es kann aber nicht im deutschen Interesse sein, auf Kosten der ukrainischen Bevölkerung einen langen und blutigen Abnutzungskrieg zu unterstützen, um Russland zu schwächen oder gar Russland durch die Ukraine militärisch besiegen zu wollen. Diesen Fall halten militärische Fachleute für sehr unwahrscheinlich.

(Beifall bei der AfD)

Daher richte ich noch mal meinen dringenden Appell an den Bundeskanzler, der heute leider nicht da ist, jede sich bietende Gelegenheit zum Gespräch mit dem russischen Präsidenten zur Beförderung eines Waffenstillstands wahrzunehmen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der AfD)

Als Nächste hat das Wort für die FDP-Fraktion Anikó Glogowski-Merten.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

API URL

Data
Source Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Cite as Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Retrieved from http://dbtg.tv/fvid/7616986
Electoral Period 20
Session 194
Agenda Item Ein Jahr Nationale Sicherheitsstrategie
00:00
00:00
00:00
00:00
None
Automatically detected entities beta