Tino SorgeCDU/CSU - Krankenhausversorgung in Deutschland
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir entscheiden heute über ein wirklich wichtiges Vorhaben; das hat der Minister eben gesagt. Deshalb ist es im Grunde überhaupt keine Frage, dass wir uns über das Ob, also dass wir die Reform brauchen, einig sind. Aber die Art und Weise, das Wie, wie Sie diese Reform hier über die Rampe heben wollen, ist eine absolute Farce, Herr Minister.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ich sage Ihnen auch, warum: weil wir hier als Parlament völlig im Blindflug entscheiden sollen. Sie haben die Reform am Reißbrett, quasi in Ihrem Elfenbeinturm im BMG geplant. Sie haben weder die Länder einbezogen,
(Dr. Christos Pantazis [SPD]: Ach, das stimmt doch gar nicht! – Dr. Janosch Dahmen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Von wegen! – Zuruf der Abg. Simone Borchardt [CDU/CSU])
noch haben Sie mit den Krankenhäusern gesprochen. Und Sie haben vor allem diese Dinge dem Parlament verheimlicht, Herr Minister.
(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ich will Ihnen drei Punkte nennen:
Erster Punkt. Es hieß immer, das Gesetz sei zustimmungspflichtig. Der Minister hat noch letztes Jahr gesagt: Natürlich, hier geht es um die Krankenhausplanung der Länder, also werden die Länder auch im Rahmen des zustimmungspflichtigen Gesetzes beteiligt. – Davon ist überhaupt keine Rede mehr; das Gesetz ist als nichtzustimmungspflichtiges Gesetz konzipiert.
(Enrico Komning [AfD]: Das ist so!)
Zweiter Punkt: das Thema Transformationsfonds. Wir haben immer gesagt: Für die Übergangsphase, bis diese Reform wirken kann, brauchen wir eine Brückenfinanzierung. – Wenn Ihnen das wirklich wichtig wäre, wenn Ihnen die Versorgung insbesondere im ländlichen Raum wichtig wäre, dann hätten Sie schon längst mit uns gemeinsam diese Brückenfinanzierung hier im Bundestag auf den Weg gebracht.
(Beifall bei der CDU/CSU – Simone Borchardt [CDU/CSU]: Jawoll!)
Die Häuser schreiben rote Zahlen. Den Häusern steht das Wasser bei der Wirtschaftlichkeit Oberkante Unterlippe. Und was machen Sie? Sie stellen eine Reform in Aussicht, wo nicht geklärt ist, wie die Übergangsphase finanziert wird,
(Simone Borchardt [CDU/CSU]: Genau so ist es!)
wo nicht geklärt ist, ob es Öffnungsklauseln für die Länder gibt, wo überhaupt nicht geklärt ist, wie Sie Ihre starren Qualitäts- und Personalvorgaben in den jeweiligen Bereichen administriert bekommen. Das ist wirklich eine Farce, Herr Minister.
(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf der Abg. Saskia Esken [SPD])
Dritter Punkt. Was aber ein absoluter Tiefpunkt in der Debatte hier im Parlament ist, ist, dass Sie uns die Auswirkungsanalyse, also das Tool, mit dem man sehen kann, wie sich diese Reform konkret in der Fläche – in jedem Landkreis, in jeder Stadt – auf das jeweilige Haus auswirkt, verheimlicht haben, Herr Minister.
(Simone Borchardt [CDU/CSU]: Die kennt keiner! – Emmi Zeulner [CDU/CSU]: Sieben Leute! Sieben Leute kennen diese Analyse!)
Gestern im Ausschuss für Gesundheit haben Sie erstmals diese Auswirkungsanalyse – ich will nicht sagen – vorgestellt, sondern Sie haben wie Robert Habeck ein Blatt Papier hochgehalten und gesagt: Das ist kursorisch fürs Saarland die Auswirkungsanalyse. – Wir haben bisher diese Auswirkungsanalyse nicht vorliegen.
Und dass Sie gestern im Ausschuss auch noch die Frechheit besessen haben, zu sagen, die Auswirkungsanalyse sei zumindest den Regierungsfraktionen vorab vorgestellt worden, ist ein Tiefpunkt. Das ist eine Missachtung des Parlaments.
(Beifall bei der CDU/CSU, der Linken und dem BSW – Simone Borchardt [CDU/CSU]: Jawoll! – Sepp Müller [CDU/CSU]: Frechheit!)
Das ist eine absolute Frechheit; das sage ich Ihnen hier ganz offen.
Jetzt will ich auch noch sagen, warum Ihre Reform nicht funktionieren wird. Sie tun ja gerade so, als ob Sie mit Ihrer Reform alle Probleme lösen. Insbesondere die Frage der Vorhaltefinanzierung kleiner Häuser im ländlichen Raum, gut organisierter Häuser in der Fläche wird mit dieser Reform eher verschlechtert. Sie gefährden die Versorgung im ländlichen Raum.
(Simone Borchardt [CDU/CSU]: So ist es! – Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Blödsinn!)
Diese 60 Prozent Vorhaltefinanzierung ist aber gar keine richtige Vorhaltefinanzierung; die ist letztendlich doch wieder fallzahlabhängig.
(Zuruf der Abg. Saskia Esken [SPD])
Das heißt, es wird geschaut, welches Haus im letzten Jahr wie viele Operationen, wie viele Eingriffe gemacht hat.
(Simone Borchardt [CDU/CSU]: Das ist die geniale Idee!)
Also, das Lauterbach’sche Hamsterrad dreht sich munter weiter, ohne dass sich was ändert, meine sehr geehrten Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU, der Linken und dem BSW)
Jetzt kann ich sagen: Na ja, Sie haben die Auswirkungsanalyse dem Parlament ganz bewusst verschwiegen, weil dann natürlich jedes Haus genau sehen würde, wie dilettantisch Sie diese Reform geplant haben.
(Simone Borchardt [CDU/CSU]: Genau! – Zurufe von der SPD und der FDP)
Ich könnte auch sagen: Sie wollen das hier, liebe Kolleginnen und Kollegen der Ampel, möglichst im Eiltempo, im Schweinsgalopp machen,
(Dr. Christos Pantazis [SPD]: Mal zu langsam, mal zu schnell!)
weil Sie ja heute schon nicht mehr wissen, ob morgen Ihre Koalition noch im Amt ist. Das ist doch genau der Punkt.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Und, Herr Minister Lauterbach, wenn es Ihnen wirklich um die Sache gehen würde, dann hätten Sie bei so einem wichtigen Vorhaben mit den Akteuren gesprochen,
(Zuruf der Abg. Saskia Esken [SPD])
dann hätten Sie insbesondere die Länder einbezogen, und dann wären Sie hier im Parlament nicht ständig wortbrüchig geworden. Sie haben uns immer gesagt, alle Basisgrundlagen würden vorliegen,
(Simone Borchardt [CDU/CSU]: Änderungsanträge!)
bevor wir dieses Gesetz hier verabschieden.
Ich darf noch daran erinnern: Wir haben vorgestern, also nicht mal zwölf Stunden vor der finalen Ausschusssitzung, über 50 Änderungsanträge final auf den Tisch bekommen.
(Zuruf der Abg. Heike Baehrens [SPD])
Keiner kann bewerten, wie die sich in Gänze auswirken. Sich jetzt hierhinzustellen und zu sagen: „Es wird alles besser“, ist eine absolute Farce.
Wir werden diesem Gesetzentwurf nicht zustimmen. Stimmen Sie mit uns für eine Übergangsfinanzierung, damit die Häuser unterstützt werden, das Krankenhaussterben und die kalte Strukturbereinigung aufhört, und gehen Sie mit uns eine richtige Reform an!
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU – Heike Baehrens [SPD]: Unverantwortlich diese Forderung! – Simone Borchardt [CDU/CSU]: Richtig! Jawoll!)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7617032 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 194 |
Tagesordnungspunkt | Krankenhausversorgung in Deutschland |