17.10.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 194 / Zusatzpunkt 3

Karl-Josef Laumann - Krankenhausversorgung in Deutschland

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen und Abgeordnete des Deutschen Bundestages! Was Sie heute hier im Bundestag verabschieden, ist für unsere Krankenhäuser das wohl wichtigste Gesetz seit Jahren.

Wenn man eine gute Krankenhausplanung und -struktur in Deutschland haben will, muss man zwei Dinge zusammenbringen: einerseits das Planungsrecht der Länder; denn wir in den Ländern können Krankenhausplanung besser machen als Sie aus dem Bund heraus, weil die Krankenhausstrukturen regional sehr unterschiedlich sind. Auf der anderen Seite muss man das Finanzierungssystem, wo die Kompetenz ohne Frage beim Deutschen Bundestag liegt, mit der Krankenhausplanung zusammenbringen. Denn für die Krankenhäuser ist es schlecht, wenn man da zu weit auseinanderliegt.

(Dr. Janosch Dahmen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Deswegen machen wir es auch!)

Deswegen war es gut, dass wir uns zwei Jahre bemüht haben, eine gemeinsame Lösung zu finden. Aber die Geschäftsgrundlage dieser gemeinsamen Lösung war, ein zustimmungspflichtiges Gesetz auf den Weg zu bringen. Diesen Weg hat die Ampel verlassen,

(Beifall bei der CDU/CSU)

und das kann man auch Wortbruch nennen.

Dann setzte in den Gesetzestexten eine Entwicklung ein, im Rahmen derer das Planungsrecht der Länder durch immer stärkere Qualitätsvorgaben des Bundes immer mehr eingeschränkt wurde.

(Dr. Janosch Dahmen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein! – Heike Baehrens [SPD]: Nein!)

Deswegen haben alle 16 Bundesländer gemeinsam elf Punkte aufgeschrieben

(Dr. Janosch Dahmen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Eine Wunschliste! Das ist ja in Ordnung! Wünsche kann man immer äußern! Das ist okay!)

und den Bund gebeten, diese Punkte zu bedenken. Wenn sich 16 Bundesländer auf eine einzige Stellungnahme beziehen, dann ist das keine Parteipolitik, sondern zeigt das Länderinteresse.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Und das sollte eine Bundesregierung ernst nehmen.

(Zuruf der Abg. Heike Baehrens [SPD])

Der nächste Punkt, den ich hier ansprechen will, betrifft die Auswirkungsanalyse. Ich weiß nicht, ob man im Bundestag eine Krankenhausreform beschließen kann, wenn keiner von Ihnen weiß, was das in Cent und Euro für die Krankenhäuser in Ihrem Wahlkreis bedeutet. Keiner von Ihnen weiß das.

(Beifall bei der CDU/CSU und der Linken)

Und wenn jetzt gesagt wird: „Wir verabschieden dieses Gesetz und können anschließend eine Auswirkungsanalyse machen“, dann muss festgestellt werden, dass das ja wohl die verkehrte Reihenfolge ist.

(Beifall bei der SPD und der Linken sowie des Abg. Andrej Hunko [BSW] – Simone Borchardt [CDU/CSU]: Völlig gaga!)

Das wäre ungefähr so, als würden Sie mit dem Taxi zum Stammtisch fahren und auf dem Rückweg selber fahren. Das, was Sie hier machen, ist die umgekehrte Reihenfolge. Und dafür tragen Sie die Verantwortung.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der Linken)

Dieser Gesetzentwurf muss überarbeitet werden. Ich will das Gesetz nicht stoppen. Ich will ein Krankenhausgesetz haben, in dem Landesplanung und Finanzierung zusammenpassen.

(Saskia Esken [SPD]: Zwei Jahre ist verhandelt worden! Zwei Jahre!)

Deswegen wäre es, glaube ich, eine gute Sache, wenn wir über den Bundesrat den Vermittlungsausschuss anrufen, um dort über dieses Gesetz zu sprechen

(Heike Baehrens [SPD]: Aha!)

und es noch besser zu machen,

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

und zwar nicht besser für die Länder oder den Bund, sondern vor allen Dingen besser für die Patientinnen und Patienten in unserem Land. Das sind wir ihnen, finde ich, gemeinsam, auf Bundes- und Landesebene, schuldig.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der Linken)

Es geht mir gar nicht darum, ein Gesetz im Bundesrat zu stoppen; das will ich gar nicht. Vielmehr werden wir sehr dezidiert sagen, über welche Punkte wir im Vermittlungsausschuss reden müssen.

Herr Minister.

Und dann hat man ein Vermittlungsverfahren, das sich an der Sache orientiert. Dafür, dass dieses Vermittlungsverfahren stattfindet, werde ich viel werben. Stattgefunden hätte es ohnehin, wenn es ein zustimmungspflichtiges Gesetz gewesen wäre.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Herr Minister!

Den Weg haben Sie verlassen. Deshalb müssen wir jetzt den Weg über die Verfassungsorgane gehen. Das ist mein dringender Wunsch, den ich an dieser Stelle habe.

Schönen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Herr Minister, ich habe die Uhr angehalten. Wären Sie bereit, eine Frage oder Bemerkung der Kollegin Vogler entgegenzunehmen?

Ja, gerne.

(Tino Sorge [CDU/CSU]: Es gibt noch Redezeit dazu! Sehr gut! – Gegenruf der Abg. Dagmar Schmidt [Wetzlar] [SPD]: Damit kennt sich der Herr Sorge aus!)

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Minister Laumann, schön, Sie zu sehen. Wir kennen uns ja gut aus unserem gemeinsamen Wahlkreis. – Der Herr Bundesminister hat uns gestern im Gesundheitsausschuss die Simulation, diese angebliche Auswirkungsanalyse vorgelegt und gesagt, diese habe nicht nur den Abgeordneten der Regierungsfraktionen schon vorgelegen, sondern er habe sie auch bereits allen Landesministerien präsentiert.

(Dr. Janosch Dahmen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat er nicht gesagt! Das stimmt doch gar nicht! – Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Das hat er gar nicht gesagt! Das ist Blödsinn! – Zurufe von der SPD)

Die Landesministerien unter Führung unserer Partei wissen nichts davon, dass es ihnen präsentiert worden ist. Jetzt wüsste ich gerne mal, wie es einem CDU-Ministerpräsidenten aus dem immerhin bevölkerungsreichsten Bundesland geht. Haben Sie diese Auswirkungsanalyse zuvor vorgestellt bekommen?

(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Also, uns liegen die Daten, die wir vom Bund brauchen, um eine Auswirkungsanalyse zu machen, zurzeit nicht vor. Es liegt gar nichts vor, um das ganz klar zu sagen. Ich hoffe, dass wir die Daten möglichst bald bekommen, damit wir wenigstens vor der Verabschiedung im Bundesrat eine Auswirkungsanalyse machen können.

(Dr. Janosch Dahmen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie wir es besprochen haben! – Tino Sorge [CDU/CSU]: Die Hoffnung stirbt zuletzt!)

– Ja, dann ist ja gut. Dann werden wir diese Auswirkungsanalyse machen, und dann werden wir sehen, was das bedeutet.

(Simone Borchardt [CDU/CSU]: Ist das nicht ein bisschen spät?)

Für NRW kann ich nur Folgendes sagen: Man muss ja mal sehen, dass wir in Nordrhein-Westfalen über drei Jahre Leistungsgruppen und Leistungsbereiche definiert haben. Wir haben in wenigen Wochen die Krankenhausplanung in Nordrhein-Westfalen hinter uns, dann haben alle Krankenhäuser rechtsverbindliche Bescheide. Ich bin jeden Tag in die Sache involviert.

(Dagmar Schmidt [Wetzlar] [SPD]: Ohne Auswirkungsanalyse!)

Ich weiß im Übrigen auch, was es bedeutet, genau hinzuschauen, dass man genug Krankenhäuser in ländlichen Regionen hat, damit die Entfernungen der Menschen zu den Krankenhäusern nicht zu groß werden.

(Simone Borchardt [CDU/CSU]: Hört! Hört!)

Da muss man sehr genau überlegen, welche Leistungsbereiche man wohin gibt, damit ein Krankenhaus auch in der Lage ist, wirtschaftlich zu überleben. Ich weiß sehr genau, wovon ich rede. Deswegen bin ich auch so sauer darüber, dass man in Berlin meint, Qualitätsvorgaben machen zu müssen, und den Ländern jede Beinfreiheit für pragmatische Lösungen nehmen will. Darüber bin ich sauer.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der Linken – Zuruf des Abg. Dr. Janosch Dahmen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Aber ich sage Ihnen eines: Weil wir in Nordrhein-Westfalen so weit sind, sind wir, wenn die Daten, die wir kriegen, etwas taugen, in der Lage, in relativ kurzer Zeit auszurechnen, was diese Reform in Euro und Cent für jedes Krankenhaus bedeutet, und das werden wir auch tun. Und dann wollen wir mal sehen, wie die Stimmung über dieses Gesetz im Land ist. Ich hoffe, dass sie gut ist und die Auswirkungsanalyse so ist, dass die Krankenhäuser damit umgehen können. Wenn die Daten vorliegen, sind wir in NRW – weil wir so weit sind, wie wir sind – in der Lage, das für unsere über 300 Krankenhäuser auszurechnen, und das werden wir auch tun. Dafür habe ich die entsprechenden Vorkehrungen im Haus getroffen.

Schönen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU und der Linken)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7617046
Wahlperiode 20
Sitzung 194
Tagesordnungspunkt Krankenhausversorgung in Deutschland
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