Kai WhittakerCDU/CSU - Bürgergeld - Fokus auf Arbeitsvermittlung
Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die AfD findet, dass wir in diesem Land zu wenige Arbeits- und Fachkräfte haben. Und wie will sie dieses Problem lösen? Indem sie fast 1 Million Menschen von heute auf morgen dauerhaft als arbeitsunfähig einstuft. Frau Kollegin Huy, wir alle wissen ja spätestens seit diesem ominösen Treffen in Potsdam, dass Sie ein großer Fan von Remigration und Massenabschiebungen sind.
(Hannes Gnauck [AfD]: Boah!)
Dass Sie aber jetzt tatsächlich Hunderttausende von Menschen in Deutschland in die Sozialhilfe abschieben wollen, offenbart Ihr eigentliches Menschenbild.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Hannes Gnauck [AfD]: Mehr CDUler als AfDler übrigens!)
Sie teilen Menschen in „nützlich“ und „unnütz“ ein, und genau da unterscheiden wir uns fundamental. Egal mit welchen Eigenschaften ein Mensch geboren und ausgestattet worden ist: In der Würde sind alle Menschen gleich. Das ist der Geist des Grundgesetzes. Das ist die Lehre aus unserer Geschichte, mit der Sie so auf Kriegsfuß stehen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Enrico Komning [AfD]: Was ist denn das für ein Blödsinn? Erzählen Sie nicht so einen Unsinn hier!)
Es ist ja interessant, wen Sie in Ihrem Antrag als unnützlich einstufen. Da geht es um Eltern, da geht es um Menschen, die Angehörige pflegen, da geht es um Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen. Und jetzt kommt es: Das machen Sie allerdings nur mit der Einschränkung: wenn diese Menschen nicht mehr als drei Stunden am Tag arbeiten können. Donnerwetter! Innovativ! Das ist geltende Rechtslage, meine Damen und Herren – § 8 Sozialgesetzbuch II. Ich kann Ihnen nur sagen, liebe Freunde von der AfD:
(Zuruf von der AfD: Wir sind keine Freunde!)
Kaufen Sie sich bitte ein Sozialgesetzbuch, und stöbern Sie mal ein bisschen darin, bevor Sie hier einen Antrag schreiben! Das würde uns wichtige Lebenszeit sparen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Definitiv keine Freunde!)
Dies gibt mir aber die Gelegenheit, über ein wichtiges Thema zu sprechen, das mich wirklich bewegt. Reden wir mal über die Sozialpolitik der Ampel! Reden wir darüber, wie Sie mit Menschen mit geringem Einkommen umgehen, wie Sie mit Menschen umgehen, die arbeitslos sind, und wie Sie mit den Mitarbeitern in den Jobcentern umgehen, die Sie allesamt im Regen stehen lassen!
Die Arbeitslosenzahlen steigen; wir gehen auf 3 Millionen arbeitslose Menschen zu. Auch die Zahl der Langzeitarbeitslosen steigt. Jetzt sagen Sie: Die Konjunktur schwächelt, die wirtschaftliche Lage ist so schwierig; da wird es immer schwerer, die Menschen in den Arbeitsmarkt zu bringen. – Ernsthaft? Wer ist denn für die wirtschaftliche Misere in diesem Land verantwortlich, meine Damen und Herren von der Koalition?
(Angelika Glöckner [SPD]: Sie!)
Trotz Krieg und Inflation wachsen alle Länder um uns herum. Nur Deutschland schrumpft zum zweiten Mal in Folge. Das ist das Ergebnis Ihrer Politik.
(Beifall bei der CDU/CSU – Marc Biadacz [CDU/CSU]: Genau!)
Sie machen Politik gegen die Menschen mit geringem Einkommen. In den drei Jahren Ihrer Regierungszeit sind die Sozialabgaben um 1 Prozentpunkt gestiegen. Gestern kam heraus, dass noch mal 1 Prozentpunkt dazukommt, weil in den Krankenkassen Geld fehlt. Über das Defizit in der Arbeitslosen- und der Pflegeversicherung haben wir noch gar nicht gesprochen. Die Zeche zahlen die Menschen mit kleinem Einkommen, die durch die Sozialabgaben hauptsächlich belastet werden.
(Dr. Ottilie Klein [CDU/CSU]: Ganz genau!)
Sie klauen das Nettogehalt von hart arbeitenden Menschen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Marc Biadacz [CDU/CSU]: Sehr gut!)
Und warum? Weil Sie nicht wissen, wie Sie Ihren Haushalt saniert kriegen. Deshalb wälzen Sie immer mehr Kosten auf die Beitragszahler ab. Liebe SPD, wenn Ihnen diese hart arbeitenden Menschen egal sind: Bitte schön; gute Reise! Uns sind sie eben nicht egal, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU – Marc Biadacz [CDU/CSU]: Sehr gut, Kai!)
Am schwersten haben es die arbeitslosen Menschen mit Ihnen. Das Bürgergeld war ja angeblich die größte Sozialreform des Jahrhunderts. Mehr Vermittlung, mehr Aus- und Weiterbildung, mehr Integration sollten erfolgen. Was ist passiert? Sie schaffen es gerade noch so, halb so viele Langzeitarbeitslose zu fördern wie zu unserer Regierungszeit. Die Teilhabe am Arbeitsmarkt ist sogar noch stärker eingebrochen. Bei der Weiterbildung passiert gar nichts. Die Zahlen lügen nicht: In unserer Regierungszeit haben wir das Budget für die Jobcenter jedes Jahr erhöht. Sie haben es von Anfang an um 1 Milliarde Euro gekürzt,
(Beifall bei der CDU/CSU – Marc Biadacz [CDU/CSU]: Auf den Punkt gebracht, Kai!)
und jetzt kommen noch mal 350 Millionen Euro dazu. Ich frage Sie allen Ernstes: Wie sollen eigentlich Menschen aus dem Bürgergeld in Arbeit vermittelt werden, wenn Sie den Jobcentern die Mittel unterm Hintern wegkürzen? Das funktioniert doch nicht, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Damit nicht genug! Sie nehmen den Jobcentern ja nicht nur Kohle weg, Sie übertragen ihnen auch noch mehr Aufgaben. Erst gab es den Jobturbo, jetzt soll auch noch eine monatliche Meldepflicht kommen. Die Chefin der Bundesagentur für Arbeit, Andrea Nahles – soweit ich weiß, noch SPD-Mitglied –, hat vor Kurzem gesagt: „Wenn das so kommen sollte, werde ich gern die Rechnung präsentieren.“ Anja Piel vom DGB, Vize-Verwaltungsratschefin der Bundesagentur für Arbeit – Mitglied der Grünen –, sagt: Das ist Politik auf dem Rücken der Mitarbeiter. – Ja, um Himmels willen, warum hören Sie denn nicht auf Ihre eigenen Arbeitsmarktexperten, meine Damen und Herren?
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ich habe eine eindringliche Bitte: Stoppen Sie diese Verschlimmbesserungen zulasten der Jobcenter! Sie werden Ihr vermurkstes Bürgergeld nicht mehr retten. In Ihrem Bürgergeld wird nicht gefordert und gefördert, sondern nur betüdelt und behindert. Daran ändert auch eine Anschubfinanzierung nichts. Das Bürgergeld ist gescheitert. Eine neue Grundsicherung ist notwendig, und wir als Union haben dafür einen konkreten Plan vorgelegt.
(Beifall bei der CDU/CSU – Marc Biadacz [CDU/CSU]: Sehr gut!)
Wir brauchen weniger Bürokratie beim Leistungsrecht, damit wir automatisieren und digitalisieren können, damit wir die Mitarbeiter freisetzen und in der Arbeitsvermittlung besser einsetzen können. Und wir brauchen – ganz klar – mehr Netto vom Brutto. Es braucht eine einheitliche Transferentzugsrate.
Kommen Sie bitte zum Schluss.
Nicht die Langzeitarbeitslosen brauchen einen Anschub; Sie sind es, die einen Anschub brauchen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Marc Biadacz [CDU/CSU]: Sehr gut!)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7617064 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 194 |
Tagesordnungspunkt | Bürgergeld - Fokus auf Arbeitsvermittlung |