17.10.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 194 / Zusatzpunkt 17

Fabian GramlingCDU/CSU - Aktuelle Stunde: Projektprüfung bei Thyssenkrupp

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im März 2023, also vor rund eineinhalb Jahren, hat der Kanzler ein Wirtschaftswunder angekündigt, ein Wirtschaftswunder wie in den 50er- und 60er-Jahren.

(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Wir sind kurz davor! – Zuruf von der CDU/CSU: Träumerei!)

Statt in dem versprochenen Wirtschaftswunder steckt Deutschland in einer historischen Wirtschaftskrise. Im zweiten Jahr in Folge steckt die deutsche Wirtschaft in einer Rezession. Nur mal zur Erinnerung und zur Einordnung: 2021 hatte Deutschland noch ein Wirtschaftswachstum von 2,4 Prozent, und das nach zwei Jahren Coronakrise. Wenn sich alle anderen Länder um uns herum wirtschaftlich besser entwickeln, dann würde es dem einen oder anderen hier im Hohen Hause ganz gut zu Gesicht stehen, sich selbst zu reflektieren.

(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf der Abg. Dr. Sandra Detzer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Gestern haben wir hier bei der Regierungserklärung wieder ein ganz großes Schauspiel erlebt, ein Schauspiel, wie es inzwischen im Deutschen Bundestag nahezu in jeder Sitzungswoche stattfindet, mit einem Bundeskanzler, der hier vom Rednerpult verzweifelte Bewerbungsreden in Richtung seiner Genossen hält.

(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Hendrik Hoppenstedt [CDU/CSU]: Absolut!)

Das Erscheinungsbild des Kanzlers und auch das Erscheinungsbild dieser Regierung zeigt doch ganz klar: Der Kitt dieser Regierung ist keine gute Politik für unser Land. Der Kitt dieser Regierung ist keine gemeinsame Vision für unser Land. Der Kitt dieser Regierung ist allein der Machterhalt einiger weniger zulasten unseres Landes, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf der Abg. Dr. Sandra Detzer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Der Sound des Wirtschaftsministers ist für mich dabei nur ein Schrei nach Aufmerksamkeit. Habeck will „die Kettensäge anwerfen“ und die Bürokratie „wegbolzen“. Da ist schon eine ordentliche Portion Ironie dabei, finde ich, wenn man mal sieht, was in den letzten drei Jahren alles weggebolzt wurde. Da halte ich es eher mit dem britischen Historiker Timothy Garton Ash, der dem Kanzler „Scholzing“ vorwirft, also auf der einen Seite gute Absichten kommunizieren und dann auf der anderen Seite jeden möglichen Grund finden, um diese zu verzögern oder zu verhindern: „Scholzen“ eben. Statt mit einer Kettensäge Bürokratie wegzubolzen, gefährdet diese Regierung mit ihrer tagtäglichen Politik unsere Wettbewerbsfähigkeit und unseren Wirtschaftsstandort. Da passt es dann übrigens auch ganz gut ins Bild, dass ein namhafter deutscher Kettensägenhersteller einen neuen Produktionsstandort lieber in dem Niedriglohnland Schweiz bauen möchte anstatt in Baden-Württemberg. So wirkt Ihre Politik, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Esra Limbacher [SPD]: Wie steht es da um die Stahlindustrie? – Zuruf des Abg. Markus Töns [SPD])

Der deutsche Wirtschaftsstandort nimmt Schaden, und internationale Partner wenden sich von Deutschland ab. Die Wasserstoffpipeline aus Norwegen: Letztes Jahr hat der Wirtschaftsminister noch mit dem norwegischen Präsidenten ein Commitment unterschrieben. Jetzt wird die Pipeline eingestampft. Die Pläne für die Wasserstoffpipeline aus Dänemark wurden zwar nicht eingestampft, aber Dänemark zögert nun auch. Mit den Franzosen streitet der Wirtschaftsminister und streiten die Grünen seit Monaten darüber, welcher Wasserstoff jetzt erwünscht und welcher Wasserstoff jetzt unerwünscht sein soll in unserem Land. Währenddessen droht der Bau neuer Wasserstoffkraftwerke in Deutschland dank Überregulierung zu scheitern, und thyssenkrupp stellt die Wirtschaftlichkeit von einem großen Transformationsprojekt infrage.

300 000 Arbeitsplätze in der Industrie sind in den letzten drei Jahren in Deutschland verloren gegangen; das sind 300 000 Schicksale, 300 000 Familien. Die Zahl der Insolvenzen in Deutschland hat mittlerweile einen Höchstwert erreicht. Noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland ist so viel Kapital in so kurzer Zeit aus Deutschland abgeflossen. Viele Investitionen werden nicht mehr in Deutschland gemacht, sondern im Ausland. Das ist das Ergebnis Ihrer Politik. Das ist das Ergebnis von schlechter Regierungspolitik, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Lassen Sie mich eines ganz deutlich sagen: Sie glauben doch nicht, dass thyssenkrupp diese Entscheidung einfach so mal trifft oder es sich damit leicht macht. Sie glauben doch auch nicht, dass thyssenkrupp diese Regierung einfach nur ärgern möchte. Nein: Als Unternehmen braucht man einen Business Case. Es muss planbar, und es muss machbar sein. Gerade in Ihrem Interesse sollte es doch sein, dass die Umstellung auf Wasserstoff bei thyssenkrupp gelingt. Gerade deshalb fordere ich Sie nochmals auf: Kehren Sie endlich wieder zu einer pragmatischen Politik zurück!

(Zuruf des Abg. Markus Töns [SPD])

Der Kanzler hat gestern die heilige Farbenlehre beim Wasserstoff hier am Rednerpult für beerdigt erklärt

(Sebastian Roloff [SPD]: Kommt noch ein Vorschlag, oder ist die Leier jetzt vorbei?)

und einen unideologischen und einen bezahlbaren Weg angekündigt. Ich fordere diese Regierung auf, nicht nur anzukündigen, nicht nur zu scholzen, sondern endlich auch mal

(Julia Klöckner [CDU/CSU]: … zu holzen!)

zu liefern. Wenn Sie dafür nicht mehr die Kraft haben, dann gestehen Sie sich das ein! Verlassen Sie diese Regierungsbank!

(Sebastian Roloff [SPD]: Das ist die Rede von letzter Woche, Herr Kollege!)

Ein weiteres Jahr schlechte Ampelpolitik kann sich dieses Land nicht leisten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU – Julia Klöckner [CDU/CSU]: Sehr gut!)

Vielen Dank, Herr Kollege Gramling. – Nächster Redner ist für die Gruppe BSW der Kollege Christian Leye.

(Beifall beim BSW)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7617100
Wahlperiode 20
Sitzung 194
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde: Projektprüfung bei Thyssenkrupp
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