Lamya KaddorDIE GRÜNEN - Bundeswehreinsatz in Irak
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Wehrbeauftragte ist heute nicht da; aber ich grüße sie trotzdem in Abwesenheit. Sehr geehrte Zuhörerinnen und Zuhörer! Unsere gemeinsamen Anstrengungen im Kampf gegen den IS sind wichtiger denn je. Seit dem 7. Oktober 2023 profitieren die Terrororganisationen und andere von einer beispiellosen islamistischen Mobilisierung. In den Augen der Islamisten ist jetzt der Moment, gegen Israel und den Westen zuzuschlagen.
Der IS ist nicht besiegt. Fernab der internationalen Aufmerksamkeit begeht die Terrorgruppe, etwa im Irak und in Syrien, weiterhin Anschläge und Überfälle. Auch Deutschland als einer der wichtigsten Unterstützer Israels steht laut Verfassungsschutz besonders im Fokus; nicht zuletzt der Anschlag in Solingen hat uns dies schmerzlich verdeutlicht. Die Festnahmen und die vereitelten Anschlagspläne in den vergangenen Monaten bestätigen dieses besorgniserregende Bild.
Der Bundeswehreinsatz im Rahmen der internationalen Anti-IS-Koalition und der NATO-Mission Irak bleibt daher auch im Jahr 2024 ein essenzieller Beitrag zum Kampf gegen die islamistische und dschihadistische Bedrohung. Die Fortsetzung des Mandats bis Januar 2026 dient damit nichts weniger als unserem ureigenen Sicherheitsinteresse. Dafür danke ich den sich aktuell im Einsatz befindlichen mehr als 300 Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr auch ganz persönlich.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, die Gespräche, die zwischen der irakischen Regierung und den USA über ein schrittweises Ende der Anti-IS-Mission bis September 2026 laufen, sollten uns ein Warnsignal sein. Der Irak steht weiterhin vor großen gesellschaftlichen und auch sicherheitspolitischen Herausforderungen. Dazu zählt neben der nach wie vor schwierigen Reintegration ehemaliger IS-Kämpfer und ihrer Familien die zunehmende Destabilisierung des Landes durch Drogen wie Captagon.
Der moderne Irak ist ein junger Staat. Gerade die prekarisierten und vom Staat vernachlässigten Milieus, die Lager mit IS-Häftlingen, sind der perfekte Nährboden für islamistische Radikalisierung und dschihadistische Rekrutierung. Sollte unser militärischer Beitrag zur Bekämpfung des IS absehbar enden, ist es umso wichtiger, dieses Engagement in anderen Bereichen fortzusetzen: in der Extremismusprävention, in der Gesundheitsvorsorge, in der Schulung der Justiz und der Strafverfolgungsbehörden beim Umgang mit Drogenkriminalität.
Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, nicht zuletzt die irannahen Milizen – einige von ihnen Teil der sogenannten Achse des Widerstands gegen Israel; wir sprachen gestern darüber – werden von unserem Rückzug profitieren. Sie haben nicht zufällig lautstark diesen Rückzug gefordert. Schon jetzt erfüllen sie einen Teil des staatlichen Gewaltmonopols, sind in Form von Al-Hashd ash-Sha’bi, der Volksmobilisierungseinheiten, in die regulären Sicherheitskräfte des Staates integriert. Widerspruch aus der Zivilgesellschaft gegen diese Form der iranischen Einflussnahme wurde in der Vergangenheit von den Milizen brutal zurückgeschlagen. Es muss uns also auch darum gehen, eine irakische demokratische Zivilgesellschaft nach besten Kräften zu unterstützen, die diese Einflussnahme ablehnt, meine Damen und Herren.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)
Der Abzug aus Afghanistan 2021 hat gezeigt, was mit einem Land passieren kann, wenn wir unvorbereitet und ohne Konzept für die Zeit danach handeln. Das Erstarken des afghanischen IS-Ablegers zeigt aber auch, wie wichtig unser Engagement vor Ort im Kampf gegen islamistischen Terrorismus ist. Lassen Sie uns die heutige Verlängerung des Bundeswehrmandats daher zum Anlass nehmen, um über unsere zukünftige Zusammenarbeit mit dem Irak und unsere Unterstützung des Irak zu sprechen, damit der Kampf gegen den IS und auch darüber hinaus fortgeführt werden kann.
Vielen Dank.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)
Vielen Dank, Frau Kollegin Kaddor. – Nächster Redner ist der Kollege Jürgen Hardt, CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7617106 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 194 |
Tagesordnungspunkt | Bundeswehreinsatz in Irak |