Jürgen HardtCDU/CSU - Bundeswehreinsatz in Irak
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die CDU/CSU-Fraktion wird dem Mandatsantrag der Bundesregierung zustimmen. Wir glauben, dass es nach wie vor ein erfolgreiches Mandat ist – insbesondere in der Vergangenheit gewesen ist – und dass die circa 300 Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr dort einen hervorragenden Dienst erfüllen: in Stäben, aber eben auch in dem Feldlager in Erbil und bei den Luftbetankungsmöglichkeiten, die wir im jordanischen Al-Asrak unterhalten.
Ich möchte an dieser Stelle sagen: Ich bin Frau Kaddor dankbar, dass sie den Blick ein bisschen geweitet hat von diesem reinen Anti-IS-Mandat, was es ja ursprünglich eigentlich war, auf die besonderen Herausforderungen, die wir im Irak zu bestehen haben. Denn in der regionalpolitischen, geopolitischen Betrachtung ist der Irak natürlich einer der Hoffnungsschimmer in der Region, da dieser Staat tatsächlich bereits eine Stabilität gewonnen hat – und in Zukunft mit unserer Unterstützung eine noch größere gewinnen kann –, die enorm wichtig ist, um die aggressiven, auf Expansion und die Vernichtung Israels gerichteten Bestrebungen des Iran einzuhegen.
Wir haben im Irak viele Menschen schiitischen Glaubens, die anfällig sind für die Propaganda, für die Lügen aus Teheran, die im Übrigen ja mit einem riesigen Propagandaapparat von Teheran aus – da spricht man eine andere Sprache; aber das wird dann eben in der arabischen Sprache gemacht – im Irak verbreitet werden. Wir haben in der Politik einen starken Einfluss des Irans. Und wir haben erlebt, dass bei den zwei Angriffen des Irans auf Israel in den letzten Monaten tatsächlich auch aus dem Irak heraus Raketen auf Israel abgeschossen worden sind, sodass die vom Irak ausgehende Gefahr für den Frieden in der Region, insbesondere für Israel, offensichtlich ist.
Deswegen ist es gut, dass wir an diesem Mandat mitwirken, das mittlerweile über die reine Bekämpfung des doch sehr eingehegten IS hinaus es vermochte, die irakischen Streitkräfte in die Lage zu versetzen, entsprechend stärker und besser beim Kampf gegen solche Terrorgruppen im eigenen Land zu werden.
Jetzt gibt es natürlich die Erwartung am Horizont, dass wir dieses Mandat eines Tages dadurch überflüssig machen, dass nicht nur der IS in der Region erfolgreich besiegt ist, sondern eben auch die irakischen Streitkräfte, die legitime irakische Regierung, die Regionalregierungen, etwa die kurdische Autonomieregierung in Erbil im Norden des Iraks, in der Lage sind, die Aufgaben, die wir gegenwärtig als westliche Allianz für sie noch mit wahrnehmen, alleine zu erfüllen.
Deswegen ist es gut, dass es solche Gespräche immer wieder gibt, dass die Amerikaner im Augenblick darüber reden, ob man zumindest einen Teil des Mandates – es sind ja genau genommen zwei Operationen, an denen wir uns mit unserem Mandat beteiligen: eine NATO-Operation und die Operation Inherent Resolve; das ist die Mission, mit der wir zum Beispiel in Erbil tätig sind – ein Stück weit ersetzt.
Die Bundesregierung hat freie Hand – ich finde, das sollten wir ihr im Bundestag auch klar sagen –, hinter dem Mandat zurückzubleiben, wenn sie zu dem Ergebnis kommt, dass Teile des Mandats auf andere Weise erfüllt werden können. Und sie sollte auch frei sein, vor Ablauf der 15 Monate in den Bundestag zu kommen und ein neues Mandat vorzulegen, wenn man im Rahmen der internationalen Vereinbarungen der westlichen Welt, sage ich jetzt mal salopp, mit dem Irak zu dem Ergebnis kommt, dass man das anders fortsetzt. Diese Gespräche wird die Bundesregierung mit Sicherheit verantwortungsvoll führen und dann hier dem Deutschen Bundestag darüber berichten.
Ich möchte natürlich auch den Soldatinnen und Soldaten danken, die dort im Einsatz sind. Ich bin selbst im Feldlager in Erbil gewesen. Ich habe auch die Splitterschutzanlage, den Bunker gesehen, in den die Soldatinnen und Soldaten mehr als einmal hinein mussten, weil nämlich aus dem Iran heraus die Kurden im Norden des Irak immer wieder unter Druck gesetzt, beschossen werden. Das ist kein leichter Dienst dort in dieser kargen Region.
Es ist im Übrigen aber eine der Regionen auf dieser Welt, in der die ältesten Spuren durchgängiger Besiedelung vorhanden sind. Ich bin in der Zitadelle in Erbil gewesen – Weltkulturerbe –, und da hat man mir gesagt: Das ist möglicherweise der Ort auf der Welt, der am längsten durchgängig von Menschen besiedelt ist. – Dann hat man sie unter Denkmalschutz gestellt und wollte die Familie, die da oben wohnt, aus dem Museum aussiedeln. Und dann hat die UNESCO gesagt: Sorry, mindestens eine Familie muss da leben bleiben, damit die Tradition der dauerhaften Besiedlung erhalten bleibt. – Also eine uralte Kulturnation. Und die Menschen, die Kultur und den Staat dort ein Stück weit zu schützen, ist ein guter Auftrag.
Ich möchte zum Schluss noch eine Bitte anfügen. Wir haben im Rahmen dieses Mandats einige Fähigkeiten in der Region. Wir sind sicherlich besser informiert – vielleicht auch hinter verschlossenen Türen besser informiert – über das, was passiert, als es in der Zeitung steht. Wir haben die Luftbetankungskapazitäten in Al-Asrak in Jordanien. Für den Fall, dass Israel tatsächlich wieder angegriffen werden sollte, finde ich, sollte die Bundesregierung nicht zögern, mögliche Assets, die ihr zur Verfügung stehen, die sie einsetzen kann zum Schutz Israels, zum Beispiel Luftbetankung, unseren Partnern, die aktiv an der Verteidigung Israels mitwirken, zur Verfügung zu stellen, und gegebenenfalls dann in den Deutschen Bundestag kommen, darüber berichten und eine nachträgliche Mandatierung anfragen.
Wenn das mit Augenmaß und Vernunft gemacht wird und dem Schutz Israels dient, habe ich keinen Zweifel daran, dass es hier im Deutschen Bundestag auch für eine solche Maßnahme nachträglich ein Mandat gibt. Man sollte es zumindest den Israelis und den anderen Nationen, die an der Verteidigung Israels im Falle eines Raketenangriffs aktiv beteiligt sind, auch aktiv anbieten, damit sie wissen: Sie haben in Berlin eine Telefonnummer, die sie anrufen können, wenn möglicherweise deutsche Unterstützung gefordert ist.
In diesem Sinne schlage ich Ihnen und uns allen vor, dass wir dem Mandat gleich in namentlicher Abstimmung zustimmen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Vielen Dank, Herr Kollege Hardt. – Nächster Redner ist der Kollege Frank Schwabe, SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7617107 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 194 |
Tagesordnungspunkt | Bundeswehreinsatz in Irak |