17.10.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 194 / Tagesordnungspunkt 10

Frank SchwabeSPD - Bundeswehreinsatz in Irak

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Herr Präsident! Verehrte Damen und Herren! Ich war erst vor ein paar Wochen vor Ort im Memorial in Sindschar, in der Genozid-Gedenkstätte für die Jesidinnen und Jesiden. Manches scheint immer schon weit weg; es ist aber nicht so weit weg: Der Völkermord an den Jesidinnen und Jesiden ist gerade mal zehn Jahre her. Und wenn man noch mal einen Eindruck bekommen will, mit welcher Brutalität und mit welcher Menschenverachtung der IS, der ja in der Region zu Recht verachtend Daesh genannt wird, unterwegs war und wie wichtig es ist, sich mit dieser Thematik auseinanderzusetzen, dann kann man das dort vor Ort entsprechend erleben.

Heute Morgen hatte ich einen Termin mit Arno Tappe. Er ist interkultureller Einsatzberater der Bundeswehr, ein sehr kluger Mensch; es ist spannend, was die Bundeswehr alles für kluge Menschen dabeihat. Und er hat davon gesprochen, dass die Schlange nicht tot ist. Und in der Tat: Die Schlange Daesh ist nicht tot, sondern sie lebt weiter dort vor Ort in Schläferzellen, sie lebt weiter in Nordostsyrien, in Camps wie Al-Hol und auch in Gefängnissen, worum wir uns übrigens mehr kümmern müssen, auch mit den dort vorhandenen Autoritäten; denn anders wird es am Ende nicht gehen. Und diese Schlange lebt weiter in den Köpfen, auch bei uns in Europa und in Deutschland. Diese Schlange war am Ende der Grund dafür, dass Menschen in Solingen bei einem schrecklichen Anschlag ihr Leben lassen mussten.

Deswegen würde ich, angelehnt an das Zitat von meinem ehemaligen und leider zu früh verstorbenen Fraktionsvorsitzenden Peter Struck: „Die Sicherheit Deutschlands wird am Hindukusch verteidigt“, sagen: Die Sicherheit Deutschlands wird eben auch in Bagdad, in Erbil und in anderen Teilen des Nahen und Mittleren Ostens verteidigt.

(Zuruf von der AfD: Nichts gelernt!)

Der Kollege Hardt hat darauf hingewiesen: Es gibt tapfere und engagierte Menschen aus Deutschland, die dort in der Region unterwegs sind, viele als Entwicklungshelfer in vielen unterschiedlichen Projekten. Sie alle verdienen unseren Respekt. Ich war in den letzten zwei Jahren zweimal im Camp Stephan und habe gesehen, in welcher Situation die Menschen dort leben und dieses multinationale Camp am Ende auch für andere Länder organisieren. Auch ich will ganz herzlich danken und meinen Respekt ausdrücken vor dieser wichtigen Arbeit für Deutschland und für die Region, die die Soldatinnen und Soldaten dort leisten.

(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen müssen wir in der Verantwortung bleiben, in enger Abstimmung mit der irakischen Zentralregierung, aber auch mit der kurdischen Regionalregierung im Norden. Auch das hat der Kollege Hardt gesagt: Bei allen Schwierigkeiten, die es in der Region gibt, und bei allen Schwierigkeiten, die es im Irak gibt, ist die Entwicklung in der Region trotzdem ein Hoffnungsschimmer. Und wenn die irakische Regierung, die natürlich versucht, zu überleben, am Ende sagt: „Ja, wir wollen euch weiter als Partner an unserer Seite haben“, dann sollten wir entsprechend handeln. Denn es darf eben nicht sein, dass Daesh dort wieder auferstehen kann.

Das ist übrigens auch die Bedingung dafür, dass religiöse Minderheiten dort weiterleben können. Als ich jetzt vor Kurzem da war, war ich auch in Mossul und habe gesehen, wie die Stadt wieder aufgebaut wird, wie jedenfalls ein Stück weit die Bedingungen geschaffen werden, dass Christinnen und Christen dort wieder leben können, wenn die Menschen dorthin auch nur sehr zögerlich zurückkehren. Und ich war auch in Sindschar bzw. in Shingal und habe gesehen, wie schwierig es ist, wieder Vertrauen darin zu schaffen, dass Jesidinnen und Jesiden dort wieder eine Heimat finden.

Aber es ist völlig klar: Ohne eine solche internationale Stabilisierung werden die Menschen dort ihre Zukunft nicht sehen. Das hat übrigens auch was mit der Migrationsdebatte zu tun, die wir in Deutschland führen. Wir können die Mauern so hoch bauen, wie wir wollen: Wenn die Menschen glauben, in der Region keine Zukunft zu haben, dann ist die erste Region, in die sie gehen, Europa, und dann ist es zum großen Teil Deutschland, weil hier auch andere Gruppen von Menschen leben, mit denen sie verwandt oder befreundet sind.

(Zuruf des Abg. Volker Münz [AfD])

Deswegen und aus vielerlei anderen Gründen ist es in unserem eigenen Interesse, alles zu tun, damit Stabilität in dieser Region herrscht. Deswegen ist es im Interesse des Irak, der Region, aber eben auch Deutschlands, dass dieses Mandat heute verlängert wird. Das sollten wir gemeinsam tun.

Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Schwabe. – Nächster Redner ist der Kollege Gerold Otten, AfD-Fraktion.

(Beifall bei der AfD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7617108
Wahlperiode 20
Sitzung 194
Tagesordnungspunkt Bundeswehreinsatz in Irak
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