17.10.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 194 / Tagesordnungspunkt 13

- Bezahlbarer Autoführerschein

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es ist ewig dieselbe Leier aus der Union:

(Thomas Bareiß [CDU/CSU]: Ja, macht nichts!)

ohne Auto und Führerschein keine Teilhabe.

(Dr. Christoph Ploß [CDU/CSU]: So ist es!)

Es ist wirklich beeindruckend, Herr Müller, wie Sie in Ihren Ausführungen das Auto glorifizieren und hinter den Debatten vor Ort, aber auch bei jungen Menschen zurückgeblieben sind.

(Dr. Christoph Ploß [CDU/CSU]: Stimmt doch gar nicht! Gucken Sie sich die Zulassungszahlen an! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

– Es stimmt eben doch. – Vor Ort werden nämlich längst ganz andere Mobilitätsformen diskutiert. Es wäre schön, wenn auch bei Ihnen ankommen würde, dass Auto und Führerschein eben nicht inklusiv und die Voraussetzung für Teilhabe sind.

(Florian Müller [CDU/CSU]: Bitte reden Sie ganz viel davon!)

Kinder und Jugendliche sind per se ausgeschlossen. Und auch alle Statistiken zeigen: je weniger Geld, desto weniger Autobesitz. Fragen Sie doch mal die Alleinerziehende, was ihr in ihrem Alltag nützt, um mobil zu sein und teilzuhaben!

(Dr. Christoph Ploß [CDU/CSU]: Das Auto! – Florian Müller [CDU/CSU]: Sie will ein Auto haben, damit sie die Kinder abholen kann! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

Fragen Sie doch mal die Schülerin, was ihr nützt, um dabei zu sein! Sie suggerieren immer, alle Menschen würden Auto fahren. Die Zahlen der Studie „Mobilität in Deutschland“ zeichnen aber ein anderes Bild. Jugendliche unter 18 Jahren sind die Gruppe, die am meisten im ÖPNV oder mit dem Fahrrad unterwegs ist. Es geht also auch anders.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

In der Gruppe der Jugendlichen über 18 Jahren werden dann viele Fahrten durch den Pkw ersetzt. Aber das ist eben genau die Folge Ihrer Verkehrspolitik, die seit Jahrzehnten einseitig aufs Auto setzt.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Dasselbe Engagement wie bei den Führerscheinkosten wünschte ich mir von der Union beim Ausbau von Bus und Bahn, beim Bau von Radwegen, bei verkehrsberuhigenden Maßnahmen für lebenswerte Quartiere und Verkehrssicherheit, bei günstigen Tickets. Aber da: Fehlanzeige!

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Die Novelle zum Straßenverkehrsgesetz haben Sie hier abgelehnt. Und Berlin ist das beste Beispiel dafür, dass Verkehrssicherheit von der Union durch weniger Radwege und höhere Geschwindigkeitsbegrenzungen für Autos konterkariert wird.

(Florian Müller [CDU/CSU]: Das stimmt doch alles gar nicht! Sie haben doch die Mittel für Radwege gekürzt!)

Zu Ihrem Antrag zu den hohen Kosten von Führerscheinen. Ich weiß nicht, in welcher Anhörung Sie waren. In der Anhörung, in der ich war, ist sehr deutlich Kritik an Ihren Maßnahmen geäußert worden. Was in der Anhörung auch deutlich wurde, ist: Die Führerscheinkosten sind über die letzten Jahrzehnte vergleichbar mit den Lebenshaltungskosten gestiegen.

(Florian Müller [CDU/CSU]: Das stimmt überhaupt nicht!)

Und es ist auch nicht ganz logisch, wenn Sie sagen: „Noch nie hatten so viele Menschen einen Führerschein“ und: „Das Auto ist das wichtigste Verkehrsmittel“, aber gleichzeitig: Das ist alles zu teuer. Niemand kann sich das mehr leisten.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Der Prüfungsstau aus den Coronajahren hat zu zeitlichen Verzögerungen geführt, die auch zu zusätzlichen Kostensteigerungen geführt haben. Das hat sich aber in weiten Teilen des Landes längst reguliert.

Zu mehreren anderen Maßnahmen im Einzelnen: Den Abbau von Hürden für die Zulassung von Prüferinnen und Prüfern haben wir mit dem Entschließungsantrag zum Bürokratieentlastungsgesetz bereits beschlossen. Bundeswehr und Polizei in die Prüfung einzubinden, halten wir für wenig sinnvoll; die werden aktuell an anderen Stellen dringender gebraucht.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Florian Müller [CDU/CSU]: Das sieht die Bundeswehr ganz anders! Haben Sie mit der Bundeswehr überhaupt gesprochen?)

Die Digitalisierung zum Antragsverfahren Führerschein halten wir für sinnvoll. Das würde sicher den Fahrschulen zugutekommen; denn die übernehmen in der Regel den behördlichen Antrag. Wie weit das zur Kostensenkung beiträgt, wird man sehen; aber es ist natürlich nur ein geringer Teil. Auch die Aufhebung des Monopols halten wir für sinnvoll.

Wenn man es ernst meint, muss man sich aber auch mehr damit beschäftigen, was das für die Sicherheit und Qualität bedeutet. Das gilt genauso für die Forderung nach dem Einsatz von Technik. Auch hier gilt: Qualität und Sicherheit müssen zuerst kommen. Es mag sinnvoll sein, Abläufe des Fahrens – Schalten, Kuppeln, Bremsen – am Fahrsimulator zu üben. Fahrten im realen Leben ersetzt das allerdings wohl kaum, sondern kann das lediglich ergänzen. Es gibt übrigens längst Fahrschulen, die diese Technik einsetzen. Und da zeigt sich, dass die Kostensenkung nur gering ist.

Anregungen zur Fahrausbildung finde ich immer gut. Die ist in der Tat in die Jahre gekommen und hätte längst reformiert werden können. Ganz kurz die Frage, wer im Wesentlichen die Verkehrspolitik der letzten Jahrzehnte hier bestimmt hat. Die Frage können Sie sich selber beantworten. An der Reform der Fahrausbildung arbeitet das BMDV aktuell. Die BASt hat eine Evaluation vorgelegt. Ein wichtiger Punkt dabei ist zum Beispiel die individuelle Evaluation und Rückmeldung an die Fahrschülerinnen und Fahrschüler, damit sie nicht vorzeitig zur Prüfung angemeldet werden. Wir warten auf den Reformentwurf, der bis Jahresende kommen soll.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Gleichzeitig bleibt der wichtigste Punkt bei diesem Thema: die Verkehrssicherheit. Noch immer sterben in Deutschland an jedem einzelnen Tag fast neun Personen im Straßenverkehr.

(Dr. Christoph Ploß [CDU/CSU]: Alle sechs Minuten!)

Jede und jeder von uns kennt im näheren Umfeld mindestens eine Person, die im Straßenverkehr getötet wurde. Tagtäglich erleben wir auf den Straßen, dass Regeln nicht eingehalten werden, dass gerade verletzlichste Verkehrsteilnehmer/-innen aggressivem Verhalten ausgesetzt sind, dass Überholabstände nicht eingehalten werden und viele Menschen kein Bewusstsein mehr dafür haben, welche Gefahr faktisch von ihnen ausgeht, weil das Verkehrsmittel Auto, das sie benutzen, schnell und schwer ist. Deshalb bleibt das für uns der wichtigste Punkt. Alle Reformbestrebungen beim Führerscheinrecht müssen an der Verkehrssicherheit ausgerichtet werden. Das wird der Maßstab sein, an dem wir die Vorschläge aus dem BMDV messen werden.

Ihr Antrag berücksichtigt das zu wenig und bringt gleichzeitig kaum Kostensenkungen; das haben auch die Kollegen Lenders und Stein ausgeführt. Wir lehnen ihn deshalb ab.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Dr. Christoph Ploß [CDU/CSU]: Da klatscht ja nur der linke Flügel der Grünen!)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7617124
Wahlperiode 20
Sitzung 194
Tagesordnungspunkt Bezahlbarer Autoführerschein
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