Sarah LahrkampSPD - Schwanger-/Mutterschaft und Unternehmertum
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Um diese Debatte, die wir hier heute führen, vielleicht ein bisschen besser einordnen zu können, lohnt ein Blick in die Vergangenheit. Die Geschichte des Mutterschutzes beginnt nämlich schon 1878. Erstmals gab es für drei Wochen nach der Entbindung ein Beschäftigungsverbot für Frauen – damals natürlich noch ohne Entgeltfortzahlung. Die Entgeltfortzahlung, der Kündigungsschutz sowie die Ausweitung auf alle versicherungspflichtigen Arbeitnehmerinnen folgten in den nächsten Jahrzehnten. 1952 beschloss der Bundestag das Mutterschutzgesetz, das mehrfach und kontinuierlich – letztmals 2018 – durch eine geänderte Fassung angepasst wurde – zu Recht, weil wir immer wieder auf Lücken oder fehlende Regelungen aufmerksam wurden.
Eines hat sich im Mutterschutzgesetz allerdings nie geändert: Es galt und gilt eben nur für abhängig Beschäftigte. – Und genau das ist der Grund, warum es erneut an der Zeit ist, das Mutterschutzgesetz zu überarbeiten.
Noch immer gibt es Gerechtigkeitslücken, von denen insbesondere selbstständige Frauen und Gründerinnen betroffen sind. Noch immer haben sie keinen Anspruch auf Leistungen nach dem Mutterschutzgesetz, sondern müssen sich freiwillig gegen Einkommensausfälle absichern. Diese freiwilligen Möglichkeiten sind allerdings kompliziert, weitgehend unbekannt und unzureichend. Sie unterscheiden sich, je nachdem, ob man privat oder freiwillig gesetzlich versichert ist.
Und jede Zusatzversicherung kostet Betroffene Geld. Hier sind Frauen noch einmal mehr belastet als männliche Kollegen, die schlicht und ergreifend gar nicht vor dieser Herausforderung stehen. Das ist ein Zustand, der so nicht bleiben darf. Eine Mutter ist eine Mutter und gehört geschützt, egal für wen oder wo sie arbeitet.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Gerade in Zeiten wirtschaftlicher Herausforderungen müssen wir Frauen unterstützen, den Schritt in die Selbstständigkeit und Unternehmensgründung zu wagen. Eine Schwangerschaft sollte dabei nie ein Hindernis sein. Deshalb brauchen selbstständige erwerbstätige Frauen eine Absicherung, die sie selbst, ihr Baby und ihren Betrieb schützt.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Maik Außendorf [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
In der Sache, liebe Union, sind wir uns alle einig; das möchte ich noch mal in aller Deutlichkeit sagen. Allerdings sind Lösungen, die von jeher ausschließlich für Arbeitnehmerinnen geschaffen wurden, nicht so einfach eins zu eins auf selbstständige Frauen übertragbar.
(Dorothee Bär [CDU/CSU]: Wenn es einfach wäre, würden es ja wir machen!)
Die Diskussionen der letzten Monate haben immer wieder gezeigt, wie wichtig ein rechtssicheres, tragfähiges und ausfinanziertes Konzept ist, und das ist eben eine komplexe Aufgabe. Deshalb – so ehrlich möchte ich hier durchaus sein – dauern die Gespräche an.
(Ingrid Pahlmann [CDU/CSU]: Sie müssen vor allen Dingen erst mal anfangen!)
Für uns als SPD ist auf jeden Fall vollkommen klar, dass die Belastungen nicht allein bei den selbstständigen Frauen liegen dürfen. Eine Finanzierung über die U2-Umlage ist daher eine Lösung, der wir sehr offen gegenüberstehen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Zusätzlich stehen wir allerdings dem System der Betriebshelfer, das Sie angesprochen haben, kritisch gegenüber, da es sich nicht auf alle Branchen für Selbstständige so einfach übertragen lässt.
Der vorgelegte Antrag der Union ist hier leider auch nur Stückwerk.
(Dorothee Bär [CDU/CSU]: Wo ist Ihrer eigentlich?)
Wir möchten ein Gesamtkonzept beschließen.
(Gitta Connemann [CDU/CSU]: Wo ist Ihr Antrag? – Dorothee Bär [CDU/CSU]: Oder Ihr Gesamtkonzept?)
– Das habe ich Ihnen doch gerade dargelegt. Wir möchten ein Gesamtkonzept beschließen,
(Dorothee Bär [CDU/CSU]: Ah!)
das das Leben von Selbstständigen und Gründerinnen wirklich verbessert, für mehr Gerechtigkeit sorgt und in der Praxis effektiv funktioniert.
(Gitta Connemann [CDU/CSU]: Drei Jahre!)
Daher lehnen wir Ihren Antrag heute ab.
Liebe Johanna Röh, ohne Ihren unermüdlichen Einsatz würden wir über dieses Thema hier heute gar nicht diskutieren. Von daher noch mal einen herzlichen Dank. Ich weiß, dass manche Dinge hier länger dauern, als wir uns das alle wünschen. Aber ich werde mein Bestes geben, damit selbstständige Frauen den Schutz bekommen, den sie brauchen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Gitta Connemann [CDU/CSU]: Das ist leider vollkommen unglaublich! Sonst hätten Sie in drei Jahren was gemacht!)
Für die AfD-Fraktion hat das Wort Gereon Bollmann.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7617149 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 194 |
Tagesordnungspunkt | Schwanger-/Mutterschaft und Unternehmertum |