Volker Mayer-LayCDU/CSU - Neuordnung des Wehrdisziplinarrechts
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Aus meiner eigenen Zeit als Rechtsanwalt weiß ich nur zu gut, dass lange Verfahrensdauern bei Ordnungswidrigkeitenverfahren und Strafverfahren gerade für die Betroffenen eine wahre Tortur sein können. Die Ungewissheit, wie das Ergebnis des Verfahrens ausfallen wird, kann psychisch äußerst belastend sein: natürlich in dem Fall, wenn man sich zu Unrecht belangt fühlt, sich zur Wehr setzt und sozusagen reinwaschen möchte, aber auch dann, wenn man sich seiner Schuld bewusst ist und lange Zeit auf Auferlegung von Maßnahmen oder Strafmaß warten muss.
Im zivilen Bereich ist es auch der dazu kommende Druck aus der Öffentlichkeit und dem persönlichen Umfeld, bei unserer Bundeswehr selbstverständlich auch das Bild im Kameraden- und Vorgesetztenkreis, das mit zunehmender Dauer eines solchen Verfahrens immer stärker belastet werden kann. Es lässt sich mit fortschreitender Zeit immer weniger verhindern, dass etwas durchsickert, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Bei der überfälligen Reform des Wehrdisziplinarrechts geht es also nicht nur, wie wir heute schon mehrfach gehört haben, um die Entlastung der entsprechenden Gerichtsbarkeit, um Entbürokratisierung, um Beschleunigung, um das Abarbeiten von Fallzahlen. Es geht tatsächlich auch um den Schutz der mutmaßlichen Delinquenten, meine Damen und Herren. Wir müssen uns immer auch vor Augen führen, dass Wehrdisziplinarverfahren oftmals zusätzlich zu Strafverfahren, also parallel, geführt werden. Das kann eine zermürbende Doppelbelastung sein.
Auch ein grundsolider und ordentlicher Soldat kann in die Situation geraten, ein Disziplinarverfahren über sich ergehen lassen zu müssen. Und gerade ein lang andauerndes Verfahren, das sich über viele Jahre, wie wir schon gehört haben, hinziehen kann, wird für manch einen Menschen zur Zerreißprobe. Dazu kommt auch noch der Beförderungsstopp in dieser Zeit, der eine Bundeswehrkarriere völlig ausbremsen kann.
Wenn wir also heute hier über die Reform des Wehrdisziplinarrechts sprechen, dann geht es natürlich um die Entlastung der Gerichtsbarkeiten, wozu übrigens auch eine personelle Aufstockung gehören würde, liebe Ampel,
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
aber es geht insbesondere auch um den Faktor Mensch, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Bereits 1766 kam der italienische Rechtswissenschaftler Cesare Beccaria zu dem Schluss, dass überlange Strafverfahren für die Betroffenen „unnütze und schreckliche Qualen der Ungewissheit“ bedeuten. Lassen Sie uns also heute dieser Gesetzesänderung zustimmen, um eine Entlastung von Bürokratie, eine Entlastung von Belastungen psychischer Art, eine schnellere Rechtssicherheit zu schaffen und um einen ersten Schritt zu einem wieder besser funktionierenden System zu machen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7617190 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 194 |
Tagesordnungspunkt | Neuordnung des Wehrdisziplinarrechts |