Tanja MachaletSPD - Reintegration in das Erwerbsleben
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Am 31. Dezember 2023 gab es in Deutschland 1 760 000 Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. 2023 wurden 1 620 000 Anträge auf Leistungen der medizinischen Reha gestellt, und knapp eine Million davon wurden bewilligt.
Die Zahlen belegen sehr eindrucksvoll, wie wichtig Maßnahmen zur Reintegration von Menschen in das Erwerbsleben sind. Zum einen: Niemand sitzt freiwillig gerne krank zu Hause. Zum anderen ist Reintegration ein wesentlicher Baustein zur Sicherung des Arbeitskräftebedarfs. Ich denke, wir alle sind uns im Grundsatz einig: Nur wer gesund ist und bleibt, kann arbeiten, in die Rentenversicherung einzahlen und dann eben auch eine gute Rente bekommen. Das ist nun wahrlich keine neue Erkenntnis.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Wir hatten am Montag die Anhörung zum Rentenpaket II. Dort hat Herr Dr. Fasshauer von der Deutschen Rentenversicherung Bund uns noch einmal aufgezeigt, dass die Rentenversicherung schon enorm viel leistet bei der Rehabilitation, dass es aber gerade bei der Implementation eines integrierten Fallmanagements noch gesetzliche Hürden gibt.
Deswegen freuen wir uns, dass die Bundesregierung gerade an einem Vorschlag zu einem umfassenden Rehapaket arbeitet. Das BMAS – das wissen Sie alle – will dort auch einen Vorschlag zum Fallmanagement vorlegen. Die Rentenversicherung hatte hierzu bereits ein Modellprojekt gestartet, und wir werden die Ergebnisse sicher noch in diesem Hause beraten.
Das Fallmanagement sorgt dafür, dass alle relevanten Informationen und Leistungen gebündelt werden und die Betroffenen nicht selbstständig zwischen den verschiedenen Institutionen navigieren müssen. Das entlastet die Betroffenen, die sich wirklich ausschließlich auf ihre Genesung konzentrieren sollen, von unnötigen und teilweise wirklich nervenaufreibenden Gängen zu ganz unterschiedlichen Ämtern und Behörden.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Jens Teutrine [FDP])
Übrigens haben wir als SPD schon in unserem Sozialstaatskonzept 2019 mit den Leistungen „wie aus einer Hand“ einen Vorschlag für einen Weg hinaus aus der Lähmung des Bürgers und der Bürgerin durch Bürokratie aufzeigen wollen. Wir wollen das Leben leichter machen.
(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Awet Tesfaiesus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Genau deswegen steht übrigens im Koalitionsvertrag die Bund-Länder-Arbeitsgruppe zum bürgerfreundlichen Sozialstaat, die gerade intensiv arbeitet. Die automatisierte Kommunikation zwischen den Sozialversicherungen und den Trägern im Allgemeinen ist hier essenziell.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie sehen, die Bundesregierung hat bereits Initiativen gestartet. Der Antrag der CDU/CSU ist also gut gemeint – und, lieber Herr Nacke, wir wissen ja, wer daran mitgearbeitet hat –, kommt aber etwas spät. Wir lehnen den Antrag der CDU/CSU aber vor allem deshalb ab, weil er nicht anerkennt, dass es etwas kostet, wenn wir Reha und Prävention richtig umsetzen wollen. Das Kernproblem ist also, dass die CDU/CSU hier zwar schöne Vorschläge macht, aber – und hier zitiere ich aus Ihrem Antrag – nur „im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel Maßnahmen … ergreifen“ will, „um die gesundheitliche Versorgung der Bevölkerung zu verbessern“.
Lassen Sie mich klarstellen: Die SPD steht für eine inklusive Gesellschaft ein, in der jeder Mensch die Möglichkeit hat, am Arbeitsleben teilzuhaben.
(Beifall bei der SPD)
Die Leitlinie ist und bleibt: Prävention vor Rehabilitation vor Rente. – Deswegen ist es aus unserer Sicht auch in Ordnung, wenn wir für ein ordentliches Rehapaket Geld in die Hand nehmen.
(Beifall bei der SPD)
Ordentliche Präventionsmaßnahmen, die wir in den Alltag integrieren und als arbeits- und sozialpolitische Instrumente wirklich begreifen und umsetzen – das schafft die Voraussetzung dafür, die Zahl derjenigen zu reduzieren, die frühzeitig in EM-Rente gehen müssen, und es schafft die Voraussetzungen dafür, dass Menschen vielleicht auch freiwillig über das Renteneintrittsalter hinaus arbeiten können und wollen. Ich lade Sie alle dazu ein, sich genau dafür einzusetzen. Die kommenden Verhandlungen bieten genau den richtigen Raum dafür.
Herzlichen Dank, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und der Abg. Dr. Ingrid Nestle [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Das Wort erhält Dr. Stefan Nacke für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7617225 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 194 |
Tagesordnungspunkt | Reintegration in das Erwerbsleben |