17.10.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 194 / Tagesordnungspunkt 20

Awet TesfaiesusDIE GRÜNEN - Rückgabe von NS-entzogenem Kulturgut

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der nationalsozialistische Staat bereicherte sich umfassend am Eigentum der Menschen, die er verfolgt hat, meist jüdische Menschen. In anderen Fällen waren jüdische Familien unter Druck gezwungen, ihre Kunstgegenstände weit unter Wert zu verkaufen. Die Kunstgüter landeten später in Museen oder in privaten Sammlungen. In vielen Fällen wissen die Eigentümer und ihre Nachfahren heute nicht, wo sich die Gegenstände befinden, und wenn sie es wissen, scheiterte es oft an der Rechtsdurchsetzung.

Meine Damen und Herren, heute sprechen wir über eine gesetzliche Änderung, die längst überfällig ist: die erleichterte Rückgabe von Kulturgut, das während der NS-Verfolgung entzogen wurde. Die unzähligen jüdischen Familien, die durch Zwangsverkäufe und Plünderungen ihres Besitzes beraubt wurden, verdienen, dass wir ihr Unrecht anerkennen und entsprechende Maßnahmen auf den Weg bringen. Der Gesetzentwurf zur erleichterten Durchsetzung der Rückgabe von NS-verfolgungsbedingt entzogenem Kulturgut ist ein klares Zeichen, dass wir unsere Verantwortung gegenüber den Opfern des Nationalsozialismus ernst nehmen; denn unsere Verantwortung verjährt nie.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Durch den neu eingeführten Auskunftsanspruch etwa erhalten die Anspruchstellenden nun eine Möglichkeit, ihr Recht auch tatsächlich durchzusetzen. Er schafft Transparenz und die Möglichkeit, an die Informationen zu kommen, die bisher nicht erhalten werden konnten.

Weiterhin schränken wir die Einrede der Verjährung gegen den Herausgabeanspruch ein. Auf die Verjährungseinrede soll sich zukünftig nur derjenige berufen können, wer Kulturgut gutgläubig erhalten hat.

Wir haben es gehört: Die erstinstanzliche Zuständigkeit soll bei den Landgerichten liegen. Darüber hinaus soll es einen besonderen Gerichtsstand in Frankfurt am Main geben. Das gewährleistet nicht nur eine auch international gute Erreichbarkeit, sondern ermöglicht es auch den Gerichten, sich auf diese doch sehr besonderen Sachverhalte zu spezialisieren.

Ich bin Justizminister Buschmann und auch Staatsministerin Claudia Roth sehr dankbar; denn dieses Gesetz ist ein elementarer Baustein, damit Opfer nicht nur dem Gesetz nach einen kaum durchsetzbaren Anspruch haben, sondern auch im Ergebnis zu ihrem Recht kommen können. Um das Bild abzurunden, möchte ich in diesem Zusammenhang nicht unerwähnt lassen, dass es letzte Woche der Bundesregierung, namentlich Claudia Roth, gelungen ist,

(Otto Fricke [FDP]: Eben! Genau!)

gemeinsam mit den Bundesländern die einseitige Anrufbarkeit des Schiedsgerichts zu verankern. Das stärkt die Position der Anspruchsberechtigten deutlich.

Am Ende steht unser gemeinsames Ziel: den Menschen, denen alles genommen wurde, von ihrem Besitz bis zu ihrer Geschichte und ihrem Land, die Gerechtigkeit zukommen zu lassen, die sie verdienen.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Nächster Redner ist Dr. Volker Ullrich für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7617235
Wahlperiode 20
Sitzung 194
Tagesordnungspunkt Rückgabe von NS-entzogenem Kulturgut
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