17.10.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 194 / Tagesordnungspunkt 22

Martin PlumCDU/CSU - Zuständigkeitsstreitwerte der Amtsgerichte

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit Gesetzentwürfen ist es manchmal wie mit Zügen: Sie kommen zu spät, fahren nicht bis ans Ziel, mit weniger Waggons oder bleiben gleich auf halber Strecke stehen. Wir alle kennen das aus leidvoller Erfahrung.

(Zuruf von der AfD: Das ist in der Schweiz anders!)

Auf den Gesetzentwurf zur Änderung des Zuständigkeitsstreitwerts der Amtsgerichte treffen gleich alle vier Punkte zu.

Erstens kommt der Entwurf zu spät. Die Wertgrenze für die Zuständigkeit der Amtsgerichte beträgt seit 1993 10 000 D-Mark bzw. 5 000 Euro. Dieser Wert ist durch die Geldentwicklung der letzten 30 Jahre längst überholt.

(Dr. Till Steffen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Seit 1993! Tja, wer hätte denn da was machen können? Da muss ich kurz nachdenken!)

– Ich glaube, bei 30 Jahren kann man jetzt nicht sagen: „Das wart ihr oder ihr“, sondern dazu haben alle ihren Teil beigetragen. – Die Erhöhung der Wertgrenze auf 8 000 Euro vollzieht diese Entwicklung überwiegend nach. Recht und Rechtswirklichkeit nähern sich damit wieder an; immerhin.

Zweitens bleibt der Entwurf hinter dem jetzt erforderlichen Ziel zurück. Er vollzieht die Geldentwicklung schon nicht vollständig nach. Inflationsbedingt müsste die Wertgrenze auf inzwischen 9 000 Euro erhöht werden.

Darüber hinaus sollten wir da auch ein bisschen ambitioniert und vorausschauend handeln. Eine höhere Wertgrenze sorgt für mehr Verfahren an den Amtsgerichten vor Ort. Sie vereinfacht den Bürgern dadurch den Zugang zum Gericht. Sie sorgt auch für künftig mehr Onlineverfahren. Sie schafft schließlich mehr Freiraum; denn eine höhere Wertgrenze bedeutet auch weniger Verfahren mit Anwaltszwang und damit mehr Freiheit für die Parteien, selbst entscheiden zu können, ob sie ein Verfahren mit anwaltlicher Beratung und Vertretung oder ohne diese führen. Mehr Freiheit, weniger Zwang – da ist doch Ihr Justizminister immer ganz vorne dabei. Herr Kollege Strasser, warum denn nicht hier?

(Beifall bei der CDU/CSU)

Drittens ist der Entwurf unvollständig. Die Länder haben vorgeschlagen, auch die Streitigkeiten über Fluggastrechte künftig vor den Amtsgerichten zu verhandeln. Das ist richtig, weil die Amtsgerichte hier besonders kompetent sind, und das ist entgegen dem Bundesjustizministerium auch möglich. Dafür reicht ein Blick in den Gesetzentwurf zum zivilgerichtlichen Onlineverfahren. Dort gibt es für diese Streitigkeiten nämlich eine Sonderregelung. Ansprüche wegen Körperverletzung oder Großschadensereignissen können ohne Weiteres den Landgerichten zugewiesen werden.

Viertens bleibt der Entwurf auf halber Strecke stehen. Auch die Rechtsmittelstreitwerte für Berufung und sofortige Beschwerde sind seit 20 Jahren unverändert. Sie müssen ebenfalls an die Geldentwicklung angepasst werden. Gleiches gilt für die Wertgrenze für das vereinfachte Verfahren, die seit über 30 Jahren bei 1 200 D-Mark bzw. 600 Euro liegt. Hier macht der Gesetzentwurf rein gar nichts.

In Summe fährt der Entwurf damit zwar in die richtige Richtung, aber eher wie ein Bummelzug. Lassen Sie uns daher die weitere parlamentarische Strecke nutzen, um daraus einen Schnellzug zu machen! Wir als Union helfen Ihnen gerne dabei, den Entwurf so richtig flottzumachen.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7617243
Wahlperiode 20
Sitzung 194
Tagesordnungspunkt Zuständigkeitsstreitwerte der Amtsgerichte
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