17.10.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 194 / Tagesordnungspunkt 25

Markus ReichelCDU/CSU - Telekommunikation-Digitale-Dienste-Datenschutz- Gesetz

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Mordhorst, also das, was Sie gerade so jubelnd beschrieben haben, ist genau das, was die unionsgeführte Regierung vor vier Jahren gemacht hat. Sie haben heute aber de facto keinen Schritt weiter gemacht. Das werfen wir Ihnen vor. Ich sage es gleich vorab: Wir lehnen diese Verordnung ab.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zuruf des Abg. Maximilian Mordhorst [FDP])

Sie haben sich mit dieser Verordnung gar keinen Gefallen getan. Denn eine Verordnung muss sich ja auch daran messen lassen, dass sie das Leben für Bürger und Unternehmen am Ende tatsächlich besser macht und nicht nur rein theoretisch. Bei dieser Verordnung ist das mit Sicherheit nicht der Fall; denn Sie haben sich eigentlich nur einmal um 360 Grad gedreht, um zum Ausgangspunkt zurückzukommen, nämlich zu dem von vor vier Jahren. Der große Wurf für Nutzer, aber auch für Diensteanbieter bleibt aus. Die Verordnung enthält eine Freiwilligkeit für die Diensteanbieter; sie können über die Einbindung von Einwilligungsdiensten entscheiden. Das bedeutet, der Status quo wird beibehalten.

Mit Ihrer Entschließung geben Sie ja zu, dass de facto nichts geregelt ist; sonst müssten Sie dort nicht all die Defizite benennen. Sie werden und wollen in zwei Jahren evaluieren, ob und für wen – für die Verbraucher oder für die Internetwirtschaft – das mit dieser Freiwilligkeit tatsächlich etwas gebracht hat. Letzten Endes ist das Ziel Ihrer Entschließung, das zu erreichen, was die Verordnung bisher nicht hergibt, nämlich eine verbesserte Nutzererfahrung. Die Thematik wird mit der Entschließung lediglich vertagt. Sie haben eine heiße Kartoffel, die Sie nicht anfassen wollten, quasi schnellstens zurück in den Ofen geschoben.

(Maximilian Mordhorst [FDP]: Ach Gottchen! Wer hat Ihnen das denn aufgeschrieben?)

Wir als CDU/CSU lehnen diese Verordnung ab. Die Gründe dafür will ich Ihnen jetzt anhand der Perspektiven des Verbraucherschutzes, aber natürlich auch der Unternehmen beleuchten.

Erstens. Mit der Verordnung bleiben die Cookies für die Verbraucher de facto bestehen. Es gibt keine Verbesserung des Status quo. Die von der Bundesregierung unterstellte positive Wirkung für Verbraucher aufgrund dieses seltsamen Rechtsgebildes, das Sie gemacht haben, wird wohl kaum eintreten; es wird nicht den erdachten Nutzen haben. Das liegt daran, dass die Nutzung dieser Einwilligungsmanager für die Anbieter von Webseiten und Apps nicht verpflichtend ist.

(Maximilian Mordhorst [FDP]: Habe ich doch gerade erklärt! Sie müssen auch mal vom Manuskript abweichen!)

Das bedeutet: Einwilligungen von Nutzern, die über Drittanbieterprogramme getroffen wurden, müssen nicht akzeptiert werden. Der Nutzerentscheidung wird damit nicht Folge geleistet, und genau das ist fatal.

Außerdem bleibt unklar, wer solche Einwilligungsdienste überhaupt entwickeln würde, da Unternehmen, die ein wirtschaftliches Interesse an den Nutzerdaten haben, ausgeschlossen sind. Darüber haben wir ja auch gestern im Ausschuss diskutiert.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Es fehlt auch an Anreizen für Verbraucher, die für solche Dienste zahlen sollen; denn Cookie-Abfragen werden vielleicht trotzdem nicht effektiv verhindert.

Also kurzum: Aus Sicht der Nutzer bleibt alles beim Alten.

Punkt zwei: die Probleme mit der Verordnung aus der Perspektive der Diensteanbieter. Die Verordnung bleibt bei der praktischen Umsetzung solcher Dienste bisher viel zu unspezifisch. Das ergibt Rechtsunsicherheit. Die jährlichen Überprüfungen der Cookies bringen erhebliche Einschränkungen mit sich und sind technisch schwer umsetzbar. Anstatt aber diese Rechtsunsicherheit aufzulösen, machen Sie im Endeffekt alles schlimmer, indem Sie es vertagen. Eine Konkretisierung, wie Sie sich das vorstellen, wird dann irgendwann in zwei, drei Jahren kommen.

Außerdem stellt sich die Frage, ob dieser deutsche Ansatz überhaupt mit europäischem Recht vereinbar ist. Nicht wenige fragen sich ja auch, warum denn überhaupt so ein deutscher Sonderweg nötig ist und ob europäische Behörden diese deutschen Regelungen anerkennen werden.

(Maximilian Mordhorst [FDP]: Ja, lieber abwarten!)

Damit wird dieser Ansatz nicht nur den Nutzern, sondern letztlich auch den Unternehmen nicht gerecht, die ja am Ende vor allem die DSGVO umsetzen wollen.

Wie kommen wir jetzt aus dieser Sackgasse heraus? Was die Regierung eigentlich machen müsste, wäre, das Widerspruchspotenzial zwischen der Verordnung und der DSGVO aufzulösen. Unklar ist beispielsweise, wie lange eine Einwilligung gilt und wie Nutzer über Änderungen informiert werden sollen. Aber genau damit befasst sich Ihre Verordnung nicht. Und wir müssen uns mal die viel grundlegendere Frage stellen, wie wir die Verbraucherrechte von Nutzern im Internet insgesamt effektiv stärken, und vielleicht auch, wie ein europäischer Datenraum und insbesondere ein europäischer Werbedatenraum aussehen sollen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wie kommen wir denn nun zu einer Synthese der Probleme für die eine und für die andere Seite? Auf der einen Seite setzen sich Verbraucherschützer dafür ein, dass das ewige Bearbeiten von Cookie-Bannern Geschichte wird. Auf der anderen Seite steht die Internetwirtschaft, welche ihre Geschäftsmodelle in Gefahr sieht. Und in der Mitte stehen wir, die Politik, die diesen Konflikt der diametralen Interessen lösen soll.

Viel zu oft werden die Interessen der Verbraucher gegen die Interessen der Internetwirtschaft ausgespielt, auch hier. Es muss doch am Ende auch möglich sein, aus dem Gegeneinander ein Miteinander zu machen. Beim Datenschutz – dieser ist in der DSGVO verankert – und bei all den Problemen, über die wir hier sprechen, müssen wir pragmatischer werden, und zwar für beide Seiten.

Kurzum: Wir müssen an die Thematik noch mal ganz anders ran, als es bisher geschehen ist. Die vorgeschlagenen Verfahren der Bundesregierung lehnen wir ab. Ihre Entschließung ist ein Eingestehen, dass Sie hier keines Ihrer Ziele erreicht haben. Sie werden weder den Interessen der Verbraucher noch denen der Internetwirtschaft gerecht.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit und einen schönen Abend noch.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das Wort hat der Abgeordnete Eugen Schmidt für die AfD-Fraktion.

(Beifall bei der AfD – Maximilian Mordhorst [FDP]: Jetzt kommt Radio Moskau!)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7617261
Wahlperiode 20
Sitzung 194
Tagesordnungspunkt Telekommunikation-Digitale-Dienste-Datenschutz- Gesetz
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta