Hermann-Josef TebrokeCDU/CSU - Finanz- und Personalstatistik, europ. grüne Anleihen
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Jetzt muss ich Sie, Frau Beck, doch enttäuschen. Eine Tirade haben Sie hier gar nicht zu erwarten, sondern Sie haben über weite Strecken sehr viel Lob zu erwarten, was diesen neuen Gesetzentwurf angeht, aber natürlich auch einige Kritikpunkte, und diese Kritikpunkte sind nach unserer Auffassung so gewichtig, dass wir das Gesetz ablehnen.
Um es ganz deutlich zu machen, meine Damen und Herren: Wir begrüßen außerordentlich das, was hier aus Europa vorgelegt wird, nämlich ein freiwilliges Label, das die Emittenten verwenden können, die den Standards der europäischen Anleihe entsprechend ihre Anleihe ausstatten. Wir begrüßen außerordentlich, dass hier ein einheitlicher Standard für grüne europäische Anleihen geschaffen werden soll, dass damit das Vertrauen der Investoren in dieses Produkt gestärkt werden soll, dass dem Greenwashing Einhalt geboten werden soll und dass damit für die sehr wohl kapitalintensive Transformation eine wichtige Hilfestellung geleistet werden kann.
Ja, Frau Beck, gerade auch wir als CDU/CSU-Fraktion sehen sehr wohl den Finanzierungsbedarf in der Transformation, und alle Instrumente, die hier eine wichtige Hilfe darstellen, werden von uns außerordentlich begrüßt; aber man muss auch damit rechnen, dass wir darauf hinweisen, an welchen Stellen diese Instrumente noch verbessert werden könnten oder hätten verbessert werden können.
Wir begrüßen außerordentlich, dass die Bundesregierung auf unsere Nachfrage in den Beratungen im Finanzausschuss betont hat, dass sie ein Interesse daran hat, dass in allen Mitgliedstaaten verlässliche, praktikable und gleiche Regelungen gelten, und dass sie sich auch in diesem Sinne einsetzen würde. Wenn wir uns aber jetzt den Gesetzgebungsprozess und auch das Ergebnis vergegenwärtigen, kommt es zu großen Enttäuschungen.
Zunächst einmal stellen wir ganz wesentliche überschreitende Regelungen fest. Zum Beispiel sieht die jetzt vorgeschlagene Regelung des neuen § 18a Absatz 14 des Wertpapierprospektgesetzes vor, dass die BaFin Emittenten die Emission von europäischen grünen Anleihen untersagen kann, wenn diese Emittenten wiederholt oder schwerwiegend gegen Teile der Vorgaben verstoßen. Die Verordnung aus der EU sieht dieses Eingriffsrecht hingegen nur dann und für den Fall vor, dass Emittenten wiederholt und schwerwiegend gegen die Regularien verstoßen. Diese Kleinigkeit bedeutet, dass in Deutschland die Emission künftig schneller ausgesetzt werden kann als in Mitgliedstaaten, die die nationalen Vorgaben nach der Verordnung ausrichten. Das kann zu nationalen Wettbewerbsnachteilen führen, die wir nicht akzeptieren.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wir könnten weitere Beispiele nennen, etwa den Absatz 13, wo es darum geht, wann öffentlich bekannt gemacht werden muss, dass möglicherweise der Emittent seinen Verpflichtungen nicht nachkommt. Oder im Absatz 8 heißt es, dass die BaFin von jedermann Auskünfte und die Vorlage von Unterlagen verlangen kann, während die Verordnung nur vorsieht, dass Führungskräfte und Abschlussprüfer des Emittenten gefragt werden. Wenn dann die Bundesregierung auf unsere Anfrage argumentiert, Informationen von jedermann einzufordern, sei ja das mildere Mittel, als gleich eine Hausdurchsuchung nach Absatz 16 durchzuführen, meine Damen und Herren, dann erscheint das beinahe zynisch. Es vernachlässigt im Übrigen auch, dass Letzteres nur bei begründetem Verdacht, dass Dokumente zum Nachweis des Verstoßes zu finden seien, zulässig ist. Auch hier zeigt sich eine deutliche Überschreitung.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wir können das auch als Gold-Plating bezeichnen. Wir haben weder im Gesetzentwurf eine Begründung für die überschießenden Regelungen gefunden, noch war die Bundesregierung in der Lage, uns zu erklären, weshalb diese Regelungen notwendig oder sinnvoll seien. Das steht im Übrigen im Widerspruch zu der andernorts von den Fraktionen der Ampel, insbesondere von den Kolleginnen und Kollegen der FDP, wiederholt und vollmundig erklärten Absicht, Vorgaben aus der EU maximal eins zu eins umzusetzen und eben kein Gold-Plating zu akzeptieren. Auf ausdrückliches Nachfragen bei den Mitgliedern der Ampelfraktionen gab es nur ausweichende Antworten und Achselzucken. Das ist enttäuschend.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Frau Beck, wenn das übergeordnete gemeinsame Ziel ist, dass möglichst viele Emittenten dieses freiwillige Etikett „europäische grüne Anleihe“ nutzen, dann können Sie nicht damit zufrieden sein, dass die Gefahr besteht, dass zumindest deutsche Emittenten dieses Instrument nicht nutzen und damit der Kapitalbedarf in dem Umfang nicht gedeckt werden kann.
Übrigens gebe ich an dieser Stelle nur noch den Hinweis, dass auch der Bundesrat die Auffassung vertritt, die ich hier gerade vorgetragen habe, und den Gesetzgeber ausdrücklich bittet, noch mal zu überprüfen. Die Gegenäußerung der Bundesregierung dazu war knapp und eindeutig: Man nehme die allgemeine Stellungnahme des Bundesrates zum Gesetzentwurf zur Kenntnis. Eine Nachbesserung des Gesetzentwurfes erfolgte nicht.
(Sebastian Brehm [CDU/CSU]: Skandalös!)
– Das ist skandalös.
Meine Damen und Herren, damit bleibt festzustellen: Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf werden also nicht die im Vergleich zu anderen EU-Mitgliedstaaten einheitlichen Regelungen geschaffen. Es kommt zu einem Gold-Plating. Es kommt zu einer Benachteiligung der Emittenten aus der Bundesrepublik Deutschland. Obwohl wir wiederholt darauf hingewiesen haben, hat die Bundesregierung, haben die Ampelfraktionen nicht nachgebessert. Wir lehnen den Gesetzentwurf ab.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der CDU/CSU – Franziska Hoppermann [CDU/CSU]: Das Beste kommt zum Schluss!)
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Electoral Period | 20 |
Session | 194 |
Agenda Item | Finanz- und Personalstatistik, europ. grüne Anleihen |