Bärbel Bas - Sicherheitspaket
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst vielen Dank für die Möglichkeit, den praktischen Blick der Ausländerleistungs- und Sicherheitsbehörden der kommunalen Familie und der Länder als Innenminister Mecklenburg-Vorpommerns in Ihre heutige Debatte einstreuen zu dürfen. Ich hoffe, ich wirke mit diesem Praktikerblick nicht zu sachlich-kühl in der bislang erlebten Debatte.
Alle Praktiker wissen selbstverständlich, dass die Gauß’sche Verteilungskurve über die Zusammensetzung von Menschen natürlich auch in diesem Themenfeld gilt. Das vorliegende Gesetzespaket konzentriert sich auf einen kleineren Teil der Gauß’schen Verteilungskurve, den Teil, der uns strafrechtlich in den Ländern erheblich herausfordert.
Diesem kleineren Teil gibt der Rechtsstaat mit dem vorliegenden Gesetzespaket ein sehr klares Signal: Niemand hat das Recht, bei Polizei und Staatsanwaltschaften binnen weniger Monate Dutzende Akten anlegen zu lassen; niemand hat das Recht – egal welcher Nationalität oder Herkunft –, schwerste Straftaten zu begehen oder die freiheitlich-demokratische Grundordnung in Gänze abzulehnen und zu bekämpfen. Und nichts anderes wollen und tun Extremisten, Gefährder und andere Terrorismusverdächtige, meine sehr geehrten Damen und Herren.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Und ja, das ist nur ein kleiner Teil der Menschen, die die Gauß’sche Verteilungskurve abbildet; aber für genau diese Fälle bietet das Gesetz künftig mehr Handhabe. Hierzu den Praktikerblick beisteuern zu dürfen, lohnt sich an mehreren Stellen, unter anderem bei den Dublin-Verfahren mit ihren strengen Fristen, innerhalb derer Schutzsuchende in die EU-Nachbarstaaten zurückgeführt werden müssen. Gelingt das nicht in diesen Fristen, fällt das Asylverfahren in Deutschland an. Gezieltes Untertauchen führt dazu, dass diese Fristen gerissen werden und die Asylverfahren hier geführt werden müssen.
Eines gehört auch zur Diskussion: Selbstverständlich kann während dieser Zeit des Untertauchens auch heute schon eine Leistungskürzung erfolgen. Aber die Betonung, meine Damen und Herren, liegt auf „kann“ und dem damit verbundenen rechtlichen Risiko der Leistungsbehörden. Den Leistungsausfall zur Regel zu machen, hilft daher unseren Praktikerinnen und Praktikern in den Leistungs- und Ausländerbehörden. Vielen Dank dafür!
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und des Abg. Stefan Schmidt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Weil die Besorgnis zuweilen eine Rolle gespielt hat: Niemand wird künftig vor Gemeinschaftsunterkünften Menschen sehen, die hungern oder dursten. Wenn jemand nach längerer Zeit des Untertauchens zurückkommt, wird er ein Bett und eine Mahlzeit erhalten, dann aber eben im Nachgang sehr schnell zurücküberstellt werden. Hier wurde in den Gesetzesberatungen noch einmal deutlich nachgesteuert.
Das gilt übrigens auch für das Nachjustieren im Waffenrecht, und auch hier lohnt sich ein Blick in die Praxis. Ich weiß – das ist hier erwähnt worden –: Ein Gesetz wird niemanden daran hindern, ein Messer auf ein Volksfest mitzunehmen. Bisher, meine sehr geehrten Damen und Herren, konnten die Kolleginnen und Kollegen der Polizei, die das feststellten, häufig aber nicht einmal das Messer aus dem Verkehr ziehen. Diesen Frust pur bei Polizeikolleginnen und Polizeikollegen beseitigt der aktuelle Entwurf. Auch dafür herzlichen Dank!
(Beifall bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Künftig darf nämlich kontrolliert und unter vielen Umständen auch das Messer eingezogen werden. Meine Damen und Herren, kein Besucher braucht auf einem Volksfest ein Messer.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Sandra Bubendorfer-Licht [FDP] – Dr. Jens Zimmermann [SPD]: Ja! Gut, dass es mal einer sagt! – Zuruf der Abg. Beatrix von Storch [AfD])
Feinjustiert wurde in Ihren Beratungen auch bei den erweiterten biometrischen Ermittlungsmöglichkeiten, und damit wurde ein echtes Anti-Schwerststraftaten-Gesetz geschaffen. Dieses vollkommen neue Instrument gibt es nur bei besonders schweren Straftaten. Es darf nur von der Behördenleitung beantragt werden,
(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Na super!)
und ein Gericht entscheidet darüber, ob es wirklich genutzt werden darf.
(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Prima! – Thorsten Frei [CDU/CSU]: Sollen wir das jetzt noch loben, oder was?)
Ich bin mir sicher, meine Damen und Herren – und das gilt für alle demokratischen Fraktionen dieses Hohen Hauses –, dass keiner ein Interesse an einer besonders lauten Debatte zu diesem Thema haben kann. Denn ich bin aus der Länder-Praktiker-Sicht davon überzeugt,
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Ja, das haben wir jetzt verstanden! – Steffen Janich [AfD]: Das haben Sie schon dreimal gesagt!)
dass die große Mehrheit der Menschen da draußen fest davon überzeugt ist, dass der Staat und seine Strafverfolgungsbehörden zur Terrorabwehr und zur Bekämpfung schwerster Straftaten schon längst alles technisch Machbare ausschöpfen und nutzen, um solche Straftaten aufzuklären
(Thorsten Frei [CDU/CSU]: Ja, aber rechtlich nicht!)
und Gefährder, Extremisten oder Terrorverdächtige zu finden.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Dass das noch nicht der Fall ist, kriegen Sie keinem erklärt, und deshalb bitte ich Sie dringend: Enttäuschen Sie unsere Kolleginnen und Kollegen nicht! Geben Sie ihnen diese Instrumente an die Hand! Machen Sie die Praxis stärker!
Vielen Dank für Ihre Diskussion und für dieses Bemühen. Ich wünsche weiterhin eine erfolgreiche Debatte.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Als Nächste hat das Wort für die Gruppe Die Linke Clara Bünger.
(Beifall bei der Linken)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7617296 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 195 |
Tagesordnungspunkt | Sicherheitspaket |