Sebastian HartmannSPD - Sicherheitspaket
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Beginnen wir doch ganz vorn. Ich danke der Bundesregierung – Nancy Faeser, Marco Buschmann und Robert Habeck – für die sofortige Vorlage eines gemeinsamen Entwurfes in der handlungsfähigen Ampelregierung.
(Zuruf des Abg. Jens Spahn [CDU/CSU] – Beatrix von Storch [AfD]: Die Fortschrittskoalition!)
Wenige Tage nach einem dramatischen Terroranschlag in meinem Heimatland Nordrhein-Westfalen wurde Handlungsfähigkeit bewiesen. Wir müssen gemeinsam Verantwortung übernehmen und uns zu dieser den Bürgerinnen und Bürgern dieses Landes gegenüber bekennen.
Ich gebe der Union recht, dass man bei einzelnen Paragrafen fragen kann: Und, hätte es diesen einen Terroranschlag verhindert? Ja, in Solingen hätte das Land Nordrhein-Westfalen, Schwarz-Grün regiert, nur geltendes Recht anwenden müssen; denn der Täter hätte abgeschoben werden müssen. Das gehört zur Wahrheit dazu.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)
Deswegen wird sich keiner, auch angesichts der Regierungszeit und der Verantwortung von Angela Merkel und Horst Seehofer, von der Verantwortung freimachen können. Für uns in der Sozialdemokratie zählt Folgendes: ein Gemeinsames Europäisches Asylsystem, das unter Merkel gescheitert ist und wo wir als Deutschland andere Staaten Europas alleingelassen haben. Es zählt dazu, dass wir ein Fachkräfteeinwanderungsgesetz beschlossen haben in einem Land, das von der Union unter Mühen als Einwanderungsland anerkannt worden ist.
(Dorothee Bär [CDU/CSU]: Die ganze SPD-Fraktion gibt gerade persönliche Erklärungen ab!)
Es zählt auch dazu, dass wir auf der anderen Seite ganz klar eine Ordnung einführen.
Deswegen ist es richtig, dass im Asylrecht Regelungen zum Leistungsausschluss dann gelten, wenn andere Staaten zuständig sind. Der Begriff „Leistungsausschluss“ ist von der Wortwahl her schon irreführend; denn es gibt in einem gemeinsamen, einigen Europa keinen Leistungsausschluss. Nur, dieser Leistungsanspruch ist nicht in Deutschland entstanden, sondern ein anderes europäisches Land ist dafür zuständig; auch das gehört zur Wahrheit dazu.
(Beifall bei der SPD und der FDP)
Der Sozialstaat kennt Rechte und Pflichten. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, der liberale Rechtsstaat ist nicht dann stark, wenn die Behörden schwach sind. Sie merken doch, wie sehr diese Debatte auch in unsere Koalitionskreise hineinragt, wenn der grüne Koalitionspartner parallel im Bundesrat einen Vorschlag für die Vorratsdatenspeicherung als Entschließungsantrag einbringt
(Zurufe von der CDU/CSU: Aha!)
und zeigt, dass Sie in der Sache eigentlich nicht klar sind. Was wollen Sie denn? Die europarechtskonforme Vorratsdatenspeicherung, oder wollen Sie hier möglicherweise nur das Quick-Freeze-Verfahren?
Es ist die Kunst und unsere gemeinsame Verantwortung als Regierung, als Koalition, zu zeigen: Wir sind bereit zum Handeln, zur Übernahme persönlicher Verantwortung.
(Dorothee Bär [CDU/CSU]: Mir reicht das doch auch nicht!)
Und ich sage Ihnen: Wenn es nach mir gegangen wäre, hätten wir das Waffenrecht schon nach dem dramatischen Anschlag auf die Zeugen Jehovas in Hamburg verschärfen können und müssen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Es hilft nicht: Heute ist der Tag, an dem wir abstimmen. Heute zeigen wir Verantwortung.
Die Sprüche „100-prozentige Sicherheit wird es nicht geben“ und „Das Paket ist zu klein und zu wenig“
(Detlef Seif [CDU/CSU]: Das ist aber so! Es muss besser werden! – Weiterer Zuruf von der CDU/CSU)
dürfen niemals – niemals! – dazu führen, dass man nichts tut, dass man sich nicht hinterfragt, dass man den Rechtsstaat nicht anpasst. Es geht darum, dass Praktikerinnen und Praktiker in diesem Land, die Polizistinnen und die Polizisten, die jeden Tag das Recht, die Freiheit und unsere Rechtsstaatlichkeit verteidigen, das entsprechende Instrumentarium an die Hand bekommen.
(Zuruf von der CDU/CSU: Ganz genau! Warum machen Sie’s dann nicht?)
Sie merken auch angesichts der Stille, dass wir gemeinsam handeln.
Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, auch auf den Tribünen: Wir ducken uns nicht weg vor der Verantwortung.
(Zuruf von der AfD)
Es ist kein kleinliches Spiel zwischen Regierung und Opposition, wenn man sich in einer namentlichen Abstimmung oder möglicherweise in einem Ausschuss oder aufgrund einer Vertagung von der Verantwortung ausnimmt.
Lieber Herr Merz, ich danke dafür, dass wir bestimmte Dinge auch in gemeinsamer Regierungszeit zusammen mit Ihrer Fraktion in Verantwortung umgesetzt haben. Ich bedauere, dass wir uns gerade als demokratische Kräfte beim Thema Migration so weit voneinander entfernt haben. Wenn das Angebot ernst gemeint ist, das die FDP hier in den Raum gestellt hat, dann muss man darüber sprechen.
(Zurufe von der CDU/CSU)
Aber wir sollten uns an dieser Stelle nicht zerstreiten; denn der Gegner unseres demokratischen Miteinanders und eines Gemeinsamen Europäischen Asylsystems steht rechts.
Deswegen lade ich Sie alle herzlich ein, zuzustimmen. Man kann das guten Gewissens tun. Es ist unsere gemeinsame Verantwortung, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Als Nächster hat das Wort für die CDU/CSU-Fraktion Josef Oster.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7617300 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 195 |
Tagesordnungspunkt | Sicherheitspaket |