Rainer RothfußAfD - India-Middle East-Europe Economic Corridor
Frau Präsidentin! Werte Kollegen! Geostrategische Pläne wie der Indien-Nahost-Europa-Wirtschaftskorridor, IMEC, sollten nicht nur aus der bunten Infrastrukturkarte, großspurigen Budgetblasen und schönen Shake-Hands-Fotos von Gipfeltreffen bestehen, sondern auch einen Realitätscheck überleben.
Die Unionsfraktion hat ehrlicherweise schon in der Beratung im EU-Ausschuss festgestellt, dass – ich zitiere – „weder in der Europäischen Kommission noch in der Bundesregierung ernsthaft an diesem Projekt gearbeitet“ wird. Die von der CDU mit Ursula von der Leyen angeführte EU-Kommission ist aber, genauso wie Deutschland selbst, Unterzeichner des Memorandum of Understanding.
Wenn man hinter die Fassade des Luftschlosses IMEC blickt – so verspottet es zumindest die chinesische Konkurrenz –, tun sich alarmierende geopolitische Realitäten auf:
(Zuruf des Abg. Tilman Kuban [CDU/CSU])
Erstens ist da – hören Sie genau zu! – die EU als, geopolitisch gesehen, leckgeschlagener Kahn auf den aufgewühlten Weltmeeren der Macht; das ist Fakt.
Zweitens ist da China, die mittlerweile führende Export- und Industrienation der Welt, die bereits zehn Jahre früher und nun mit einem Realinvestitionsvolumen von bereits deutlich über 1 Billion Dollar eine faktische Infrastrukturvernetzung im Rahmen der Belt and Road Initiative, BRI – der sogenannten neuen Seidenstraße –, betreibt. Nicht acht, wie bei IMEC, sondern fast 150 Staaten haben mit China bereits Verträge zur Beteiligung an BRI geschlossen.
Drittens müssen wir feststellen, dass IMEC geopolitische Risiken nie realistisch eingeschätzt hat. Ich spreche hier nicht allein vom Israel–Gaza–Libanon-Konflikt, der die IMEC-Trasse genau da zerbricht, wo sie Europa hätte anbinden sollen. Ich spreche von Indien, der bevölkerungsreichsten und aufstrebenden fünftgrößten Wirtschaftsmacht der Welt. Die Annahme, Indien würde fest auf der Seite des Westens stehen, ist leider naives Wunschdenken. Indien ist geopolitisch gesehen, wie etwa die Türkei, einer der Global Swing States. In der sich momentan abspielenden und von den USA vorangetriebenen Weltenteilung – „the west against the rest“ oder, etwas deutlicher noch, „the west against BRICS“ – spielt Indien zuverlässig unzuverlässig mal im einen, mal im anderen Team.
Indien wird nicht abwarten, bis die hochverschuldeten USA oder die notleidende EU ihre unglaubwürdig hohen Investitionsversprechen für die Mini-Anti-Seidenstraße umsetzen. Die Inder planen eine den Nahostkonflikt umgehende Alternativroute und investieren bereits kräftig in den Ausbau des iranischen Hafens von Tschahbahar. Über den International North–South Transport Corridor kann sich Indien über den Iran und das Kaspische Meer den Zugang zu dringend benötigten Rohstoffen wie Steinkohle aus Russland, Öl und Erdgas aus Aserbaidschan und Iran sichern. Die Kriege an den Rändern Europas müssen zuerst beendet werden, bevor Europa geopolitisch wieder aus der gefährlichen Isolation herausfindet.
Vielen Dank.
(Beifall bei der AfD)
Für die FDP-Fraktion hat das Wort Carl-Julius Cronenberg.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7617313 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 195 |
Tagesordnungspunkt | India-Middle East-Europe Economic Corridor |