18.10.2024 | Deutscher Bundestag / 20. EP / Session 195 / Tagesordnungspunkt 26

Jürgen HardtCDU/CSU - India-Middle East-Europe Economic Corridor

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es war der russische Präsident Putin, der letzte Woche auf einer Konferenz in Aschgabad verkündet hat, der Aufbau einer neuen Weltordnung sei unumkehrbar. Er will die Welt spalten. Er will die Staaten zwingen, sich auf die eine oder die andere Seite zu schlagen. Auf dieser Reise können Sie auf der rechten Seite ihn gerne begleiten. Wir wollen das nicht. Wir wollen eine wertebasierte Weltordnung,

(Dr. Christina Baum [AfD]: Welche Werte denn?)

bei der die Nationen, die sich den internationalen Werten, dem Völkerrecht verpflichtet führen, zusammenarbeiten und die Geschicke ihrer Völker gemeinsam und zum Gedeihen aller gestalten. In diesem Sinne ist IMEC ein wichtiger Beitrag.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

IMEC ist natürlich nicht allein ein Projekt, das Indien enger an Europa bindet. Die arabische Welt ist ebenso potenzieller Gewinner und Ziel dieser Bemühungen. Über die Probleme, die es da im Augenblick gibt, wurde hier bereits gesprochen. Deswegen will ich mich auf Indien konzentrieren.

Indien ist das Land, das – ich glaube, unausgesprochen und anerkannt durch viele andere innerhalb der BRICS – dem BRICS-Bündnis und dem Globalen Süden eine Stimme verleiht. Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich sagen: Jeder hat das Recht, sich aus freien Stücken mit anderen Nationen der Welt zusammenzuschließen, gemeinsame Kooperationen zu schließen. Solange diese Kooperationen nicht gegen die Freiheit anderer gerichtet sind, sind das absolut legitime Projekte. Das machen wir mit NATO und EU auch so. Deswegen haben wir an BRICS grundsätzlich nichts zu kritisieren.

Ich sage aber: Wenn Indien als größte Demokratie der Welt, als das bevölkerungsreichste Land der Welt, als das Land, das gegenwärtig noch mit seinem Bruttoinlandsprodukt an Nummer fünf steht, aber vermutlich schon in zwei, drei Jahren sowohl Deutschland als auch Japan überholt haben und die drittgrößte Volkswirtschaft der Erde sein wird, eine Führungsrolle bei BRICS übernimmt, dann ist mir das allemal lieber, als wenn das andere tun.

In der indischen Politik hat man vor zweieinhalb Jahren eine Erfahrung gemacht, die eine bestimmte Sicht auf die Welt ein Stück weit durcheinandergebracht hat. Das war der Bruderkuss zwischen dem russischen Präsidenten und dem chinesischen Präsidenten im Januar 2022. Indien wurden dadurch die Augen geöffnet. Es war nun klar, dass man sich im Falle einer chinesischen Aggression gegen Indien – zwischen Indien und China gibt es einen 3 500 Kilometer langen ungesicherten und teilweise auch undefinierten Grenzverlauf – eben nicht auf Russland verlassen könne, sondern dass man andere und stärkere Freunde brauche und dass man vor allem von Russland unabhängig werden müsse, was Energieversorgung und Rüstungsindustrie angehe. Ich finde, wir sollten als Freund der freien Welt, als Freund Indiens bereit sein, unsere Hand auszustrecken.

Ich glaube, die Botschaft an die deutsche Wirtschaft muss sein: Seht die Chancen, nutzt die Chancen, die in Indien liegen! Ich selbst habe in einem Unternehmen gearbeitet, das entsprechende Versuche unternommen hat. Industrievertreter sagen: Indien, das ist ganz schwierig. – Dann frage ich: War das vor 50 Jahren in China einfacher? Natürlich nicht. Und die zweite Frage lautet: Wird es wieder 50 Jahre dauern, bis man mit der Wirtschaftstätigkeit in Indien an dem Punkt anlangt, an dem man jetzt in China angelangt ist? Da sagt der Unternehmer im Zweifel: Nein, das wird natürlich schneller gehen. – Insofern gibt es genügend Gründe – nicht nur die Diversifizierung, sondern auch aufgrund des enormen Marktes –, als Unternehmen in Indien zu investieren.

Für die Inder ist es total wichtig, dass wir auch im Bereich der Rüstungszusammenarbeit etwas machen. Ich habe es schon geschildert: Indien ist sehr stark von russischen Rüstungsgütern abhängig. Man erlebt im Augenblick, dass man bestimmte Ausrüstung gar nicht mehr bekommt, weil Russland diese gegen die Ukraine einsetzt. Indien will hier mehr mit uns zusammenarbeiten. Die deutsche Bundesregierung hat hier auch einen Kurswechsel vorgenommen; das sieht man zumindest an den Plänen, die jetzt vorliegen. Ich finde, das sollte man konsequent fortsetzen.

Für die Inder ist das Thema „Rüstungszusammenarbeit mit Deutschland“ auch ein Testfall. Denn wenn die Deutschen bereit sind, im Bereich der Rüstungszusammenarbeit mehr zu tun, dann sind sie auch in anderen Feldern dazu bereit. Bekanntermaßen sind wir an diesem Punkt am zurückhaltendsten. Dabei fand ich sehr beachtlich, was praktisch schon stattfindet. Wir hatten im Sommer, im August, das große Luftwaffenmanöver Tarang Shakti, an dem Deutschland, Indien und andere europäische Nationen beteiligt waren; ich habe mich selbst davon überzeugen können, einige Kollegen anderer Fraktionen auch. Bis zu 30 Flugzeuge waren gleichzeitig in der Luft. Geübt wurde südlich von Bangalore. Der Besuch der Fregatte „Baden-Württemberg“ und des Einsatzgruppenversorgers „Frankfurt am Main“ in Goa ist geplant. Meines Wissens findet er in wenigen Tagen oder Wochen statt. Es ist also viel los.

Die letzten Sekunden meiner Rede will ich darauf verwenden, den Appell an die Europäische Union zu unterstützen. Außenhandelspolitik ist in unserem Verständnis Sache der Europäischen Union. Wir müssen dieses Freihandelsabkommen mit Indien hinbekommen. Wir müssen die Widerstände, die in Indien bestehen, durch kluge Vorschläge, Angebote und Kompromisse überwinden. Und wir müssen auch die offensichtlichen oder vielleicht auch verdeckten, heimlichen Widerstände, die es innerhalb der Europäischen Union dagegen gibt, überwinden. Ich setze darauf, dass wir mit einer Neuaufstellung der EU-Kommission an diesem Punkt einen neuen Anlauf unternehmen.

In diesem Sinne: Es lebe die deutsch-indische Freundschaft!

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Für Bündnis 90/Die Grünen hat nun das Wort Maik Außendorf.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

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Electoral Period 20
Session 195
Agenda Item India-Middle East-Europe Economic Corridor
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