18.10.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 195 / Tagesordnungspunkt 26

Tilman KubanCDU/CSU - India-Middle East-Europe Economic Corridor

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Also, Herr Kollege Cronenberg, Sie haben das Lob über unseren Antrag ja so wunderbar ausgeführt. Ich kann Ihnen gleich sagen: Wir haben im November noch einen Antrag zur Handelsoffensive im Plenum; da sind alle Ihre Punkte aufgeführt. Sie können heute und im November, also gleich zweimal, Unionsanträgen zustimmen, und das guten Gewissens, weil wir für Sie vorgearbeitet haben.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Herr Kollege Außendorf, dass Sie hier die Wäschekörbe, die Annalena Baerbock vorgefunden hat, angemerkt haben, finde ich schon ein starkes Stück, weil die Außenminister vor ihr Maas und Gabriel hießen. Also, nicht so viel Kritik an der SPD! Das kommt beim Koalitionspartner doch nicht so gut an.

Ich möchte aber darüber sprechen, dass wir aus meiner Sicht die Naivität beenden müssen und erkennen sollten, dass wir zurück sind in einem Kampf der Systeme zwischen Autokratie und Demokratie. Wir müssen erkennen, dass die Regeln der WTO allein den Handel in der Welt nicht mehr regeln, und wir müssen erkennen, dass wir aus einem Jahrzehnt des Wohlfühlens in ein Jahrzehnt des Anstrengens gehen; denn wir stehen an einem Wendepunkt: Autokratische Regime wollen ihre Macht ausbauen, und Deutschland und mit ihm ganz Europa verlieren leider immer mehr an Einfluss.

US-Präsident Bush hat bereits vor 20 Jahren von der „Achse des Bösen“ gesprochen. Heute müsste man wahrscheinlich besser von der „Achse der Autokraten“ sprechen. Ob Russland, Iran, Nordkorea, China – von Moskau über Teheran und Pjöngjang bis Beijing bauen sie mit Helfern und Helfershelfern ihre Machtstrukturen aus und verfolgen ihre imperialistischen Ziele. Ob der brutale russische Angriffskrieg gegen die Ukraine, ob die Provokationen im Südchinesischen Meer, die Raketentests Nordkoreas oder aber eben die Angriffe der Huthis, der Hisbollah oder des Mullah-Regimes im Nahen Osten – was wir dort sehen, ist, dass am Ende Kriege an mehreren Fronten, aber alle mit der gleichen Zielrichtung verfolgt werden.

Die Diktatoren der Welt haben in der Regel eines gemein – dessen sollten wir uns alle gewiss sein –: Sie sagen oder schreiben vorher, was sie vorhaben, aber die Weltgemeinschaft will es viel zu selten hören. Deswegen sollten wir zusehen, dass wir nicht länger am Spielfeldrand stehen, sondern dass wir selbst bereit sind, in Aktion zu treten und auf das Feld zu kommen.

Hier ist schon viel über das BRICS-Format gesprochen worden. Ich will Ihnen sagen: Es ist am Anfang aus meiner Sicht zu sehr belächelt worden; denn immer mehr Wackelkandidaten in der Welt sehen es als Anziehungspunkt. Deswegen ist es die Aufgabe eines Bundeskanzlers in dieser Zeit, nach Paris, nach London, nach Warschau, aber eben auch nach Washington zu reisen und auch mit denen, die hierherkommen – leider mit Ausnahme von Herrn Tusk, was ich übrigens für einen großen Fehler halte –, darüber zu sprechen, welche Grundlage wir mit G 7 haben und was wir darauf aufbauen können, welche Angebote an unsere Wertepartner und unsere Freunde in der Welt wir machen können, welche Angebote wir aber auch an die Fence-Sitter around the Globe machen können. Da gibt es momentan viele Initiativen. Aber wir brauchen eine kraftvolle, eine starke Allianz, die bereit ist, die Bündnisse von EU und NATO über den indopazifischen Wirtschaftsraum bis hin zu Mercosur und unseren Initiativen in Afrika zu vereinen, um am Ende mit unserer geopolitischen Stärke auch Angebote zu machen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Denken wir an Indien. Dort spürt man Unzufriedenheit darüber, dass China die Vormachtstellung im BRICS-Format jedes Mal auszunutzen versucht, Unzufriedenheit darüber, dass es eine Abhängigkeit von russischen Waffenlieferungen gibt und dass sie eigentlich viel selbstbewusster auftreten wollen. Deswegen ist es umso wichtiger, dass wir ihnen die richtigen Angebote im Bereich der Rüstungskooperation, bei IMEC oder aber auch mit einem Freihandelsabkommen machen.

Wenn sich der Bundeskanzler hierhinstellt und erklärt – diese Woche wieder –, es solle jetzt eine Handelsoffensive geben: „EU-only-Abkommen bringen wir voran“, dann höre ich diese Worte wohl, allein mir fehlt der Glaube, weil es eben nicht vorangeht. Der Bundeskanzler versteckt sich bei jedem Europäischen Rat und kommt nicht in Aktion. Der Wirtschaftsminister ist bei keinem Handelsrat in Brüssel präsent. Wenn Sie keine Wertschätzung gegenüber der Europäischen Union zeigen, wenn Sie keine Stärke in der Europäischen Union haben, sondern nur Duckmäusertum zeigen, dann müssen wir uns doch am Ende nicht wundern, dass bei dieser Handelsoffensive nichts vorangeht.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir müssen uns auch fragen, welche Prioritäten wir beim Handelsabkommen eigentlich setzen. Was wir momentan sehen, ist, dass Sie versuchen, jedes Abkommen zu überfrachten, dass Sie jedes Mal die falschen Prioritäten setzen und mit dem moralischen Zeigefinger agieren. Die Inder sagen: Ja, wir wollen die Themen „pharmazeutische Produkte“ und „Agrarprodukte“ angehen. – Aber Sie laufen jedes Mal mit dem moralischen Zeigefinger herum und erklären, welche Arbeitsschutz- und Umweltschutzstandards noch erfüllt werden müssen. Bundesminister Habeck war, Herr Kollege Außendorf, mit uns gemeinsam im letzten Jahr in Indien. Dort hat uns das Handelsminister Piyush Goyal meines Erachtens sehr eindrücklich mitgegeben, als er Folgendes gesagt hat: Ihr Deutschen müsst euch jetzt mal die Frage stellen, ob ihr mit der fünftgrößten Wirtschaftsnation Handel treiben oder sie nur mit Arbeits- und Umweltschutzstandards belehren wollt.

Ich sage Ihnen: Sie müssen die Prioritäten richtig setzen. Es ist Zeit für mehr Handschläge in der Welt und für weniger Ohrfeigen. Das muss die deutsche Politik sein, und darüber sollten wir in den nächsten Wochen diskutieren.

(Marianne Schieder [SPD]: Kinderarbeit und so ist uns dann wurscht, oder was?)

Wir legen Vorschläge vor. Sie haben die Möglichkeit, zuzustimmen. Darüber würden wir uns freuen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Robert Farle ist der nächste Redner.

(Stephan Brandner [AfD]: Er eilt herbei!)

Sie haben anderthalb Minuten Zeit, Herr Farle. Machen Sie langsam!


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7617320
Wahlperiode 20
Sitzung 195
Tagesordnungspunkt India-Middle East-Europe Economic Corridor
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