18.10.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 195 / Zusatzpunkt 14

Volker UllrichCDU/CSU - Meinungsfreiheit in den sozialen Netzwerken

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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich bitte zum Schluss der Debatte noch einmal eine grundrechtliche Einordnung vornehmen.

Die Meinungs- und Redefreiheit ist für eine offene und demokratische Gesellschaft schlicht konstituierend, und ohne Meinungsfreiheit keine Demokratie. Sie ist aber nicht grenzenlos, so wie es auch keine Freiheit ohne Bedingungen und Voraussetzungen geben kann. Die Grenzen der Meinungsfreiheit sind strafbare Äußerungen. Das beschreibt es präziser als der Begriff von „Hass“ und „Hetze“. Die Verfolgung von strafbaren Handlungen ist Aufgabe von Polizei und Justiz.

(Fabian Jacobi [AfD]: Sagen Sie das dem Herrn Mordhorst!)

Und ja, die Verrohung des Diskurses in den sozialen Medien mit vielen strafbaren Handlungen ist ein gewichtiges Problem. Allerdings sage ich auch: Bei Meldestellen bleibt eine Restskepsis. Sie können nämlich Auswirkungen auf den Meinungskorridor haben und dürfen gerade nicht dazu führen, dass Meinungen im Hinblick auf das Vorhandensein von Meldestellen nicht oder nur eingeschränkt geäußert werden.

(Zuruf der Abg. Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Zuruf von der AfD: Das ist doch der Zweck des Ganzen!)

Die Debatte um Trusted Flagger, die im Rahmen des DSA zugelassen werden, hat einige verbleibende grundrechtliche Relevanz. Zuständig ist nämlich die Bundesnetzagentur. Diese ist eine nachgeordnete und damit weisungsgebundene Behörde im Geschäftsbereich des Bundeswirtschaftsministeriums.

(Stephan Brandner [AfD]: Aha!)

Der Punkt ist aber: Im Meinungskampf muss sich der Staat neutral verhalten. Er darf nicht den Eindruck erwecken, bestimmte Meinungen zu begünstigen oder zu bekämpfen. Staatsferne ist also geboten.

Und hier ist die Situation recht sensibel: Zum einen zertifiziert die Bundesnetzagentur, also der Staat selbst, wer Trusted Flagger sein kann, und zum anderen wird der bislang einzige zertifizierte Trusted Flagger auch noch durch das Bundesfamilienministerium, also durch den Staat, finanziell gefördert.

Der Punkt ist aber: Wer Trusted Flagger ist, sollte nicht durch den Staat finanziert werden. Hier wäre grundrechtssensibel eine Trennung dringend geboten. Und wir müssen darüber sprechen, dass die Trusted Flagger auch eine grundrechtsrelevante Aufgabe wahrnehmen und damit auch die Rechtsschutzgarantie des Grundgesetzes vollumfänglich zum Tragen kommen muss.

Abschließend gilt zum Thema Meinungsfreiheit: Manche Meinungen ecken an, stören und rufen tiefe Ablehnung hervor. Und auch, wenn es vielleicht intuitiv schwerfällt: In einer freiheitlichen Ordnung müssen wir das aushalten, gerade weil diese Freiheit die offene Gesellschaft erst begründet, und die Antwort auf diese Meinungen, die stören, müssen die Gegenrede und die Stärke des Arguments sein. Das müssen wir uns im Umgang mit extremen Meinungen wieder stärker zutrauen.

(Beifall der Abg. Beatrix von Storch [AfD])

Klar ist auch: Wird die Grenze zur Strafbarkeit überschritten – Leugnen des Holocausts, Billigung eines Angriffskriegs, antisemitische Äußerungen, Volksverhetzung –, dann wird es justiziabel,

(Zuruf von der SPD: Völlig richtig! Ja!)

und in diesem Kontext verwirklicht sich, dass die Toleranz nicht so weit gehen darf, dass die Intoleranz gewinnt. Hier muss der Staat wehrhaft sein.

Ich rufe uns zu, dass Polizei und Justiz konsequent und noch konsequenter als bislang einschreiten müssen, wenn es um strafbaren Hass geht. Strafbarer Hass ist keine Grundlage für eine offene Gesellschaft, sondern er zersetzt sie. Wenn wir Freiheit bewahren wollen und müssen, dann ist unsere Aufgabe, gegen diesen Hass vorzugehen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7617369
Wahlperiode 20
Sitzung 195
Tagesordnungspunkt Meinungsfreiheit in den sozialen Netzwerken
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