06.11.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 196 / Zusatzpunkt 1

Carl-Julius CronenbergFDP - Aktuelle Stunde - Kurs der Bundesregierung in der Wirtschaftskrise

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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die CDU/CSU-Fraktion hat eine Aktuelle Stunde zum „Kurs der Bundesregierung in der Wirtschaftskrise“ einberufen. Das ist gut.

(Stephan Brandner [AfD]: Das stimmt!)

Denn nichts ist zurzeit wichtiger als ein klarer und verlässlicher Kurs in der Politik. Es geht dabei um mehr als um Wirtschaft: Es geht auch um die Modernisierung von Staat und Gesellschaft, die Tragfähigkeit der sozialen Sicherungssysteme und die finanzielle Basis für die Verteidigungsfähigkeit unseres Landes.

(Beifall bei der FDP – Stephan Brandner [AfD]: Es geht um alles!)

Es ist gut, dass wir die Strategien zur Überwindung der Wirtschaftskrise hier im Deutschen Bundestag beraten; denn das Parlament ist nicht das Sprachrohr der Regierung, sondern der Vertreter des Souveräns.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Stephan Brandner [AfD]: Und wo sind die Minister? Wo ist Herr Lindner?)

Die deutsche Wirtschaft ist im Kern stark. Unsere Unternehmen sind innovativ, die Beschäftigten gut ausgebildet und die industriellen Wertschöpfungsketten tief integriert – noch, denn Deutschland ruft sein Potenzial nicht ab. Es mag auch konjunkturelle Gründe für die anhaltende Wachstumsschwäche geben; die tieferen Ursachen jedoch sind struktureller Natur.

(Zuruf von der CDU/CSU: Und die Bundesregierung?)

Viel zu lange wurden fiskalische Handlungsspielräume zur Ausweitung von Leistungsgesetzen missbraucht: zu viele neue konsumtive Ausgaben, zu wenig investive Ausgaben. Genau die hätten wir jedoch gebraucht, um zum Beispiel Bildung und Infrastrukturen zu verbessern,

(Beifall bei der FDP – Zuruf des Abg. Alexander Throm [CDU/CSU])

und die Verteidigungsfähigkeit auch. Das muss sich ändern, und zwar grundlegend. Wesentliche politische Leitentscheidungen der letzten Jahre müssen auf den Prüfstand, und sie müssen nach unserer Überzeugung korrigiert werden, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Natürlich haben auch externe Faktoren zur aktuellen Wachstumsschwäche beigetragen: höhere Zinsen und Energiepreise, schwächere Exportmärkte. Aber eine wesentliche Ursache für die Kaufzurückhaltung der Verbraucher und die Investitionszurückhaltung der Unternehmen ist die allgemeine und anhaltende Verunsicherung. Unternehmen im Sauerland sagen mir: Die Rahmenbedingungen passen nicht mehr, und Politik ist nicht mehr verlässlich. Wo steigen wir ein, wo aus und wann? Was wird gefördert und wie lange? Gilt morgen noch, was heute entschieden wurde? – Gute Rahmenbedingungen ohne Verlässlichkeit sind Mist. Verlässlich schlechte Rahmenbedingungen sind erst recht Mist. Deshalb braucht die Wirtschaft endlich wieder gute und verlässliche Rahmenbedingungen.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Folgende fünf Elemente einer gelingenden Wirtschaftswende sind dabei für den Mittelstand von zentraler Bedeutung:

Erstens. Was schwächt unseren Mittelstand? Bürokratie. Wie entfesselt man die Wirtschaft? Mit konsequenter Bürokratieentlastung. Viele Auflagen und Berichtspflichten können weg, keine einzige neue darf mehr kommen – null Komma null, nicht aus Berlin und nicht aus Brüssel.

(Beifall bei der FDP)

Zweitens. Was ist besser als Bürokratie? Marktvertrauen: Vertrauen, dass Verbraucher erwachsene und mündige Bürger sind; Vertrauen, dass Unternehmer Risiken verantwortungsvoll abschätzen, bevor sie ihr Kapital einsetzen. Politische Einmischung zeugt nicht von Vertrauen, Subventionen auch nicht. Wie lange gilt der Mindestlohn? Wie hoch steigt er dann? Wann kommt die nächste Kaufprämie? Wie lange bleibt die dann? Politische Einmischung und Subventionen sind Garant für Instabilität und mangelnde Verlässlichkeit, und sie sind deshalb abzulehnen.

(Beifall bei der FDP)

Drittens. Eine innovative Wirtschaft braucht Technologieoffenheit. Wer aber einzelne Technologien privilegiert und andere wiederum ausschließt, der schränkt Freiheit ein, der schränkt die Kreativität unserer Erfinderinnen und Erfinder ein, der schränkt die Leistungsfähigkeit unserer Ingenieure ein und das Gespür unserer Unternehmer für gute Geschäfte, kurz: der entzieht unserer Wirtschaft die einzigen Rohstoffe, die wir in großer Menge haben. Wer kann das wollen, bitte schön?

(Beifall bei der FDP)

Viertens. Innovationskraft braucht Kapital für Investitionen, wohlgemerkt privates Risikokapital und nicht Staatsknete aus Steuermitteln. Dafür brauchen die Unternehmen Eigenkapital. Eine starke Eigenkapitaldecke ist Voraussetzung für ergänzende Fremdfinanzierung. Wie stärkt man jetzt das Eigenkapital der Unternehmen? Mit niedrigen und fairen Unternehmensteuern und hohen Abschreibungssätzen. Je früher wir da ins Handeln kommen, desto eher werden die Unternehmen wieder investieren, desto eher springt der Konjunkturmotor wieder an, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der FDP)

Abschließend: Alles das ist nur die Hälfte wert ohne ein starkes Europa und eine stabile multilaterale Weltordnung mit offenen Märkten. – An welchem Tag hätte dieser Satz besser gepasst als heute? Europa findet aber nicht zu alter Stärke zurück, wenn man die deutsche Wirtschaft schwächt. Deswegen brauchen wir da einen Kurswechsel.

Herr Kollege.

Die Wirtschaft erwartet das. Die Zeit drängt.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP – Zuruf von der CDU/CSU: Das war ja eine Scheidungserklärung!)

Vielen Dank, Herr Kollege Cronenberg. – Nächster Redner ist der Kollege Hansjörg Durz, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7617657
Wahlperiode 20
Sitzung 196
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde - Kurs der Bundesregierung in der Wirtschaftskrise
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