06.11.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 196 / Zusatzpunkt 2

Lukas KöhlerFDP - Ganzheitliche Klimapolitik

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst ist festzuhalten, dass ich mich freue, dass die Union der FDP in ihrer Klimaüberlegung folgt. Das ist für uns schön; das freut uns. Wenn man sich den Antrag anschaut, stellt man fest, dass die Union eigentlich genau den Weg, den die Bundesregierung in den letzten Jahren genommen hat, nachvollzieht – mit einigen kleinen Ausnahmen. Das Setzen auf den Emissionshandel als Leitinstrument ist richtig; das ist der richtige Weg. Wir freuen uns darüber.

Wir freuen uns auch darüber, dass auch Sie finden – Kollege Jung hat das gerade explizit erwähnt und erklärt –, dass Europa die Kernstelle ist, um den Klimaschutz zu regeln. Denn richtig ist: Wir sind nur dann stark, wenn Europa im Klimaschutz stark ist. Und Europa ist dadurch stark, dass wir eine einheitliche Regelung haben, nämlich den europäischen Emissionshandel, der jetzt auf den Verkehrs- und den Wärmesektor ausgeweitet wird, und das ist auch richtig so. Wir müssen die Umsetzung in Deutschland vollziehen. Deshalb findet am Freitag hier die erste Lesung des TEHG-Europarechtsanpassungsgesetzes statt. Das ist gut und genau richtig; das geht in die richtige Richtung.

Was bedeutet aber der europäische Emissionshandel? Er legt klar fest, dass es einen Deckel für CO2 gibt. Über diesen Deckel hinaus darf nichts ausgestoßen werden. Alles unterhalb dieses Deckels wird über einen Zertifikatehandel – das ist der Unterschied zur deutschen CO2-Steuer – geregelt. Das sorgt dafür, dass wir genau an der Stelle CO2 einsparen, wo es am kostengünstigsten und am effizientesten ist. Das ist bisher das einzige Instrument, das bewiesen hat, dass Klimaschutz in Verbindung mit Wirtschaftswachstum funktioniert. Das ist gut, das ist genau richtig. Das ist genau der Weg, den wir brauchen.

(Beifall bei der FDP)

Dieser Weg hat ganz viele Vorteile, er hat aber auch einen Nachteil; der zeigt sich, wenn Politik versucht, an einzelnen Stellen durch Förderinstrumente oder durch Verbote einzugreifen, die gegen den Emissionshandel gerichtet sind. Die Union hat da einen klugen Gedanken gehabt und aufgeschrieben, nämlich dass wir unsere Fördersystematik, unsere Subventionen auf den Emissionshandel ausrichten sollen, damit sich das nicht widerspricht. Das ist gut, das ist genau richtig. Was die Union nicht gemacht hat, ist, sich anzugucken, dass nicht nur einzelne Förderinstrumente, sondern ganze Landespolitiken zum Problem werden.

Jetzt kommt der Widerspruch, der in Ihrem Antrag sehr deutlich ist. Zwar schreiben Sie in der Einleitung: Klimaneutralität bis 2045 ist für uns immer noch das Ziel, das wir in Deutschland umsetzen wollen. – Das geht aber nicht mit dem Rest Ihres Antrags überein. Denn wenn wir als Deutschland bis 2045 klimaneutral werden wollen, also fünf Jahre früher als die EU, dann passiert im Emissionshandel genau das, was ich gerade beschrieben habe: Die Zertifikate, die deutsche Unternehmen nicht mehr verbrauchen, werden frei. Dass sie frei werden, bedeutet nicht, dass weniger CO2 ausgestoßen wird. Vielmehr nutzen Unternehmen in anderen Ländern in der EU diese Zertifikate, um CO2 auszustoßen. Das heißt, Sie haben dann nicht mehr Klimaschutz organisiert. Vielmehr machen Sie mehr Druck auf die deutsche Wirtschaft.

Ich bin sehr froh, gerade in dieser Zeit, dass Christian Lindner den Vorschlag gemacht hat, die Klimaziele aneinander anzugleichen. Denn genau das ist es, was wir brauchen. Wir müssen die Klima- und Energiepolitik in Europa harmonisieren. Das gelingt aber nur, wenn wir deutsche Sonderwege weglassen. Ihr Vorschlag enthält einen nicht auflösbaren Widerspruch.

(Beifall bei der FDP)

Wir müssen und wir sollten uns lieber auf die Frage konzentrieren: Was ist die Rolle Deutschlands im Klimaschutz? Die Rolle Deutschlands im Klimaschutz ist aus meiner Sicht nicht, dass wir das erste klimaneutrale Land der Welt werden; das ist kein Wert an sich.

(Johannes Wagner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Vorbildfunktion? – Lisa Badum [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum nicht? Was ist es denn dann?)

Das können wir in Deutschland auch nicht umsetzen. Die Rolle Deutschlands – das ist die Idee, die wir vermitteln können – ist, mit unserer extrem hohen Industrieleistung, durch unsere Ingenieurinnen und Ingenieure, durch unsere Technikerinnen und Techniker Wege aufzuzeigen, wie die Welt klimaneutral werden kann. Und das tun wir. Das tut die deutsche Cleantech-Industrie. Diesen Weg zeigen große deutsche Industrieunternehmen auf, wenn sie den Umstieg von fossilen Kraftstoffen auf nichtfossile Kraftstoffe vollziehen.

Das ist die Rolle Deutschlands: Wir müssen zeigen, dass ein klarer, starker Klimaschutz möglich ist – das machen wir über den Emissionshandel und die Instrumente, die wir darum herum bauen –, und gleichzeitig müssen wir beweisen, dass wir auch beim Wirtschaftswachstum weiterkommen. Wir müssen dafür sorgen, dass der Emissionshandel das Leitinstrument ist, und gleichzeitig müssen wir die deutsche Industrie, die deutsche Wirtschaft das tun lassen, was sie am besten kann, nämlich innerhalb eines europäischen Rahmens dafür zu sorgen, dass wir weltweit die Technologien, die Entwicklungen, die Innovationen zur Verfügung haben, um Klimaschutz umzusetzen. Das ist der richtige Weg. Ich hätte mich gefreut, wenn Sie das in Ihrem Antrag aufgegriffen hätten. Ansonsten sind viele Punkte sehr richtig.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Das Wort für die CDU/CSU-Fraktion hat Dr. Thomas Gebhart.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7617689
Wahlperiode 20
Sitzung 196
Tagesordnungspunkt Ganzheitliche Klimapolitik
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