07.11.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 197 / Tagesordnungspunkt 6

Simona KoßSPD - Jüdisches Leben in Deutschland

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Ehrengäste! Am kommenden Samstag, dem 9. November, erinnern zahlreiche Veranstaltungen an die antisemitischen Pogrome von 1938. Deshalb bin ich sehr froh, dass wir heute hier – davon gehe ich aus – mit einer breiten Mehrheit weiteren Schutz und eine weitere Stärkung des jüdischen Lebens in Deutschland beschließen werden und damit ein klares Signal an Jüdinnen und Juden senden.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Das ist leider bitter nötig. Das Massaker, das die Hamas am 7. Oktober 2023 in Israel angerichtet hat, war der blutigste Pogrom seit der Shoah. Noch heute befinden sich israelische Geiseln in Gefangenschaft; noch immer warten Angehörige auf Nachricht von ihnen.

Der Angriff auf Israel hat auch Jüdinnen und Juden in Deutschland in Angst und Schrecken versetzt. Nichts ist mehr, wie es war, und doch gibt es viel zu wenig Empathie. Stattdessen werden Jüdinnen und Juden immer häufiger zur Zielscheibe antisemitischer und antiisraelischer Angriffe. Die ohnehin hohen Zahlen antisemitischer Straftaten sind seit dem 7. Oktober letzten Jahres weiter dramatisch nach oben geschnellt. Es vergeht kaum ein Tag ohne antiisraelische und antisemitische Äußerungen und sogar Übergriffe an Hochschulen, auf kulturellen Großveranstaltungen im Land, auf der Straße, selbst an Schulen. Im Ergebnis bedeutet das für Jüdinnen und Juden gewaltvolle Ausschlüsse aus Hochschulen, Kultur, letztlich aus dem erkennbaren Auftreten im öffentlichen Raum. Das darf nicht sein, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Dazu kommt, dass auch das Gedenken an die Opfer des Holocaust immer häufiger in den Dreck gezogen wird. Der Vandalismus in den KZ-Gedenkstätten nimmt zu, Stolpersteine werden ausgegraben und gestohlen, Gedenkbäume werden umgesägt und Namensplaketten beschmiert. Das ist unerträglich!

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Jüdisches Leben in Deutschland ist so gefährdet wie lange nicht, und die Angriffe kommen von vielen Seiten. Sie sind nur so zu erklären, dass sich hier ein Antisemitismus Bahn bricht, der seit Längerem in der Breite der Gesellschaft geschlummert hat. Es handelt sich um eine nicht aufgearbeitete Tradition der Herabsetzung von Jüdinnen und Juden. Das darf so nicht weitergehen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Wir schauen nicht hilflos zu. Mit unserem gemeinsamen Antrag beziehen wir klar Position. Es ist gute Tradition, dass die demokratischen Fraktionen im Deutschen Bundestag beim Schutz jüdischen Lebens geschlossen auftreten. Nicht zuletzt fordert dies von uns der Zentralrat der Juden in Deutschland – völlig zu Recht, meine Damen und Herren. Diese langjährige Praxis ist Ausdruck der besonderen Verantwortung Deutschlands für den Schutz jüdischen Lebens. Deshalb ist uns dieser gemeinsame Antrag so wichtig; deshalb ringen wir darum, auch wenn es manchmal etwas länger dauert und auch wenn nicht alle Kritiker zufriedengestellt werden konnten. Wir sind gewillt und in der Lage, Jüdinnen und Juden in Deutschland zu schützen.

(Carolin Bachmann [AfD]: Seid ihr nicht! Ihr seid nicht in der Lage dazu!)

Jüdisches Leben in Deutschland nach dem Holocaust ist ein besonderes Geschenk und eine große Bereicherung für Deutschland.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Aber, meine Damen und Herren, wir dürfen bei diesem Beschluss nicht stehen bleiben; wir müssen schnell in die Umsetzung gehen. Die Bekämpfung des Antisemitismus erfordert darüber hinaus weiter größten Einsatz, etwa in der politischen Bildung, bei der notwendigen Förderung zivilgesellschaftlicher Organisationen oder auch bei der historischen Aufarbeitung des Antisemitismus in den beiden deutschen Diktaturen. Deshalb ist es richtig, dass wir in den laufenden Haushaltsverhandlungen, die gerade sicher unter anderen Vorzeichen stehen, der Förderung des jüdischen Lebens und der Prävention und Bekämpfung von Antisemitismus eine wichtige Rolle einräumen. Wir stimmen natürlich der Resolution zu, und ich würde mich freuen, wenn auch Sie das täten.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie des Abg. Dr. Johann David Wadephul [CDU/CSU])

Als Nächste hat das Wort für die AfD-Fraktion Beatrix von Storch.

(Beifall bei der AfD sowie des Abg. Robert Farle [fraktionslos])


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7617724
Wahlperiode 20
Sitzung 197
Tagesordnungspunkt Jüdisches Leben in Deutschland
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