07.11.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 197 / Zusatzpunkt 9

Sahra WagenknechtBSW - Aktuelle Stunde - Konsequenzen des amerikanischen Wahlergebnisses für Deutschland

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Jetzt ist eingetreten, worauf sich die deutsche Politik – von den Ampelresten bis zur Union – erst gar nicht vorbereiten wollte: Trump hat die US-Wahl klar gewonnen.

(Dr. Götz Frömming [AfD]: Schön! – Beatrix von Storch [AfD]: Gut so!)

Sein Sieg zeigt, was jahrelange Wohlstandsverluste und Abstiegsängste, hohe Inflation, unkontrollierte Migration, wachsende Ungleichheit für die Stimmung in einem Land bedeuten. Vielleicht sollten wir daraus für Deutschland irgendwann einmal eine Lehre ziehen.

(Beifall beim BSW)

Dass die Ampel am Ende offenbar daran zerbrochen ist, dass SPD und Grüne die Schuldenbremse aufheben wollten, um noch mehr Waffen in die Ukraine liefern zu können – dafür und für nichts anderes –, in einer Situation, wo in Deutschland Brücken und Schulen marode sind und bröckeln, in einer Situation, wo Millionen Rentnerinnen und Rentner in Armut leben, das lässt einen, finde ich, fassungslos zurück

(Beifall beim BSW sowie des Abg. Matthias W. Birkwald [Die Linke])

und zeigt: Ein Glück, dass diese Versagerregierung jetzt Geschichte ist!

(Zurufe von der SPD)

Aber mit der Union könnte sich ein Trend bestätigen, den wir in Deutschland in den letzten Jahren immer wieder erlebt haben: Noch schlimmer geht immer. Es ist ja schon bemerkenswert, dass die Union unter Merz plötzlich die Westbindung als ihren wichtigsten Grundwert entdeckt hat.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Nicht die christliche Nächstenliebe, nicht die soziale Marktwirtschaft, nicht das Friedensgebot des Grundgesetzes, nein, die Westbindung. Und unter Westbindung verstehen Sie von der Union nicht etwa die deutsch-französische Achse, die von Adenauer bis Kohl eine ganz zentrale Bedeutung hatte

(Beifall beim BSW sowie bei Abgeordneten der Linken)

und mit der Europa damals zum Beispiel George W. Bush im Irakkrieg die Stirn geboten hat,

(Beifall beim BSW)

sondern unter Westbindung verstehen Sie transatlantische Vasallentreue, die Sie offenbar selbst unter Donald Trump weiterhin aufrechterhalten wollen.

(Beifall beim BSW – Zurufe von der CDU/CSU)

Aber mit der Bindung wird es in den nächsten Jahren schon rein wirtschaftlich ziemlich schwierig; denn Trump setzt auf rücksichtslosen Protektionismus und hohe Zollmauern, auch gegenüber vermeintlichen Partnern.

(Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Bleiben Sie heute bis zum Schluss der Debatte, oder gehen Sie dann auch wieder?)

Für die durch drei Jahre Ampel geschädigte deutsche Wirtschaft ist das der nächste Super-GAU. Jetzt zeigt sich, was für ein Riesenfehler es war, sich in die Sanktions- und Wirtschaftskriege der Vereinigten Staaten hineinziehen zu lassen.

(Beifall beim BSW)

Denn so verbauen wir uns den Zugang zu wichtigen Märkten, zu wichtigen Rohstoffen und natürlich auch zu billiger Energie.

(Zuruf der Abg. Sara Nanni [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Spätestens jetzt muss doch der Letzte begreifen: Deutschland und auch Europa brauchen eine eigenständige Handelspolitik,

(Beifall beim BSW)

sonst werden wir in dem Großkonflikt zwischen den Vereinigten Staaten auf der einen Seite und dem immer selbstbewussteren BRICS-Bündnis auf der anderen Seite hoffnungslos zerrieben. Unsere Noch-Außenministerin, Frau Baerbock, kann noch so viel mit erhobenem Zeigefinger durch die Welt reisen: Die globale Hegemonie des Westens gibt es nicht mehr. Trumps Präsidentschaft wird den Globalen Süden auf seinem Weg in die Eigenständigkeit zusätzlich bestärken. Das heißt, Europa muss sich entscheiden, ob es in dieser neuen multipolaren Welt einen eigenständigen Platz einnehmen oder als Vasall der Vereinigten Staaten untergehen will.

(Beifall beim BSW sowie des Abg. Matthias W. Birkwald [Die Linke])

Ich denke, gerade für Deutschland mit seiner exportstarken und rohstoffarmen Wirtschaft ist das eine existenzielle Frage. Genauso existenziell wie die, ob wir unsere Außenpolitik nach Maßgabe unserer Interessen gestalten oder ob wir uns, womöglich auch von Donald Trump, in einen großen Krieg hineinziehen lassen.

(Deborah Düring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo sind Sie denn eigentlich abgebogen in den letzten Monaten? – Zuruf der Abg. Sara Nanni [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Denn ob Trump sein Versprechen wahr macht, den Ukrainekrieg jetzt schnell zu beenden, ist offen. Aber völlig klar ist: Er will, dass die Europäer die Rechnung begleichen. Die Rechnung für einen Krieg, dessen wichtigste Ursache darin bestand, dass die Russen kein US-Militär an ihrer Grenze haben wollten,

(Zuruf von der CDU/CSU: Lüge! – Zuruf der Abg. Sara Nanni [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

und der vermeidbar gewesen wäre, wenn man über diesen Punkt wenigstens verhandelt hätte.

(Beifall beim BSW)

Inzwischen ist unendliches Leid über die Ukraine gekommen. Hunderttausende Menschen sind gestorben, und die Gefahr, dass dieser Krieg auch auf Europa übergreift, ist nicht gebannt.

(Zuruf der Abg. Sara Nanni [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Und trotzdem haben Sie immer noch nichts begriffen! Das sieht man auch an der Raketenfrage: Wollen Sie ernsthaft Mittelstreckenraketen in Deutschland stationieren,

(Sara Nanni [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)

über deren Einsatz Donald Trump entscheiden wird?

(Beifall beim BSW sowie bei Abgeordneten der Linken)

Wollen Sie, dass dieser unberechenbare Mann, der nicht zurechnungsfähig ist, über Krieg und Frieden in Deutschland entscheidet? Das ist doch Wahnsinn.

(Beifall beim BSW)

Wir brauchen endlich eine Außenpolitik, die wieder von unserem Interesse an Frieden und Entspannung getragen ist und nicht blind alles absegnet, was im Weißen Haus entschieden wird.

Vielen Dank.

(Beifall beim BSW – Dr. Jens Zimmermann [SPD], an die Abg. Dr. Sahra Wagenknecht [BSW] gewandt: Feierabend für heute? – Dr. Johann David Wadephul [CDU/CSU]: Moskauer Vasallentum war das! – Tino Chrupalla [AfD], an den Abg. Dr. Johann David Wadephul [CDU/CDU] gewandt: Das ist doch Ihr Koalitionspartner!)

Als Nächster hat das Wort für die SPD-Fraktion Dr. Ralf Stegner.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7617750
Wahlperiode 20
Sitzung 197
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde - Konsequenzen des amerikanischen Wahlergebnisses für Deutschland
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta