Jürgen HardtCDU/CSU - Aktuelle Stunde - Konsequenzen des amerikanischen Wahlergebnisses für Deutschland
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Schön, dass wir das Phantom des Bundestages heute auch noch hier erlebt haben. Frau Wagenknecht, wir hätten uns gefreut, wenn Sie in den letzten Monaten zu den wichtigen außenpolitischen Debatten auch hier anwesend gewesen wären,
(Zuruf von der AfD: So wie Herr Stegner!)
statt das immer nur in Talkshows zu verkünden.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Donald Trump und, nebenbei gesagt, auch die republikanische Partei haben diese amerikanischen Wahlen gewonnen. Es gibt voraussichtlich in beiden Häusern des amerikanischen Parlaments eine republikanische Mehrheit.
(Dr. Malte Kaufmann [AfD]: Gut so!)
Wir haben gute Gesprächskanäle sowohl zu Demokraten als auch zu Republikanern auf dem Hill. Das konzentriert sich nicht nur auf die Außen- und Sicherheitspolitiker, die uns regelmäßig begegnen, etwa in der Parlamentarischen Versammlung der NATO oder auf Sicherheitskonferenzen, sondern es gibt auch Gesprächskanäle zu anderen Politikern.
Die Gesprächsfäden sind da, und sie müssen genutzt werden. Ich setze darauf, dass alle demokratischen Parteien dieses Hauses diese Fäden haben und diese Fäden nutzen, und darauf, dass wir auch versuchen, ein Stück weit das Verständnis für Deutschland in Amerika zu beleben und weiter zu festigen, insbesondere bei dem neuen Präsidenten.
(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Götz Frömming [AfD]: Machen wir!)
Wenn wir auf die erste Amtszeit Donald Trumps zurückblicken, erinnern wir uns an Strafzölle auf Stahl und Aluminium. Wir erinnern uns an Strafzölle als Folge der WTO-Entscheidung zum Thema „Airbus/Boeing-Subventionen“. Wir erinnern uns an die angedrohten Zölle auf Autos zulasten der deutschen und europäischen Automobilindustrie, die Gott sei Dank durch ein an dem Punkt kluges Agieren der Europäischen Kommission abgewendet werden konnten, und wir erinnern uns natürlich auch an die Forderung der Amerikaner, dass Deutschland doch bitte schön endlich seine Verpflichtung im Rahmen der NATO, 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung auszugeben, tatsächlich erfüllt.
Wir haben diesen Forderungen in der Amtszeit Donald Trumps nur sehr zögerlich entsprochen, und wir haben auch die vier Jahre Amtszeit von Joe Biden nicht genutzt, um das in den Feldern hinzukriegen, in denen vielleicht eine Klärung möglich gewesen wäre.
Ich hätte mir zum Beispiel gewünscht, dass wir den Streit wegen der Airbus/Boeing-Subventionen, der zu Strafzöllen zum Beispiel gegen die deutsche Werkzeugindustrie geführt hat, die nur für fünf Jahre ausgesetzt sind, mit der Biden-Administration hätten beilegen können. Das ist nicht geschehen. Jetzt laufen diese Friedensfristen am 2. Juli des Jahres 2026 – das ist in eineinhalb Jahren – aus. Zwei Drittel der Zeit ist vorbei, und wir haben diese Zeit nicht genutzt.
Ich habe auch große Sorge, dass, wenn man in Amerika in unsere mittelfristige Finanzplanung guckt, man zwar feststellt, dass wir im Augenblick die 2 Prozent Verteidigungsausgaben erfüllen – Stichwort: Sondervermögen –, dass wir aber in der mittelfristigen Finanzplanung natürlich Zahlen haben, die das nicht widerspiegeln, sondern die deutlich niedriger sind.
Ich appelliere dringend, dass wir versuchen, diese offenen Flanken abzuräumen und dem amerikanischen Präsidenten und dem amerikanischen Volk klarzumachen: Deutschland steht zu seinen Verpflichtungen in der NATO. 2 Prozent plus, das ist die Maßgabe, die wir erfüllen müssen. Das wäre eine gute Hilfe jetzt in der Diskussion mit Donald Trump, wenn wir das entsprechend vorlegen würden.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ich glaube, wir können aus dem Wahlsieg Donald Trumps über das etwas lernen, was wir auch aufmerksam in Europa beobachten müssen. Der Kern der Argumentation Donald Trumps gegenüber seinen Wählern ist ja, dass er ihnen das Gefühl gibt: Nicht ihr seid schuld daran, dass etwas schiefgeht bei uns in Amerika, sondern es sind die Kräfte von außen, die euch daran hindern, dass ihr euer Glück in Amerika findet
(Zuruf der Abg. Beatrix von Storch [AfD])
und die Früchte eurer Arbeit ernten könnt. – Es sind eben, wie Trump sagt, die Migranten aus Zentralamerika, es sind die Europäer, die Deutschen, die sich einen schlanken Fuß auf Kosten des amerikanischen Steuerzahlers bei der Verteidigung machen. Das sind diejenigen, die Amerika letztendlich schwächen.
Dieses süße Gift, das er da verstreut, hat sich leider weit verbreitet. Es ist leider auch bei uns, in unseren Gesellschaften so, dass Menschen es lieber hören, wenn ihnen jemand erzählt: Du bist nicht schuld. Du musst dich nicht ändern, weil wir dafür sorgen, dass du geschützt wirst vor diesem Änderungsdruck.
Ich glaube, wir müssen gemeinsam aus dieser amerikanischen Wahl lernen, dass wir in der Debatte mit Aufrichtigkeit, Wahrhaftigkeit und auch Ernsthaftigkeit
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Was erzählen Sie denn da? Die Arbeiter, die entlassen werden, sind selbst schuld?)
die Probleme offen benennen, fair und demokratisch um die Lösung von Problemen streiten und dass wir nicht so tun, als könnten wir alles quasi über Nacht mit einem Handstreich lösen – Stichwort „Ich beende den Ukrainekrieg, bevor ich überhaupt ins Amt komme“; das war ja eine der Aussagen von Donald Trump –,
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Warten Sie es mal ab!)
sondern dass wir den Menschen nur das versprechen, was wir halten können, und dann mit aller Kraft dafür sorgen, das auch einzuhalten, damit wir in Deutschland ein guter Partner Amerikas bleiben und, nebenbei gesagt, auch ein starkes, demokratisches Deutschland.
In diesem Sinne: Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Als Nächste hat das Wort für die Bundesregierung die Bundesministerin des Auswärtigen, Annalena Baerbock.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7617752 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 197 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde - Konsequenzen des amerikanischen Wahlergebnisses für Deutschland |