07.11.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 197 / Zusatzpunkt 9

Michael Georg LinkFDP - Aktuelle Stunde - Konsequenzen des amerikanischen Wahlergebnisses für Deutschland

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Angesichts der Bedeutung der Wahlen in den USA ist es beschämend, wie hier die politischen Extreme von links und rechts außen Hand in Hand zusammenarbeiten.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

35 Jahre nach dem Ende der DDR – wir haben diese Woche noch den Gedenktag – agitiert hier im deutschen Parlament eine von einer Kommunistin marxistisch-leninistisch geführte Kaderpartei gegen den engsten Verbündeten Deutschlands, gegen die USA, einen Freund,

(Zuruf des Abg. Hannes Gnauck [AfD])

der wie kein anderer geholfen hat, Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg wieder aufzubauen und gegen die Sowjetunion zu verteidigen, und ohne den die deutsche Einheit niemals möglich geworden wäre.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Und die Nationalisten von ganz rechts außen johlen noch dazu; wir haben die zehn Punkte meines Vorredners gehört.

In aller Deutlichkeit: Wir schämen uns für diesen billigen, arroganten, überheblichen Antiamerikanismus von links und rechts außen.

(Zuruf des Abg. Hannes Gnauck [AfD])

Sie gefährden Deutschlands vitalste Interessen, wenn sie Verbündete beleidigen und Diktatoren in Moskau nach dem Mund reden.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Patriotismus, liebe Kolleginnen und Kollegen, sieht anders aus.

(Beifall bei der FDP – Zurufe der Abg. Hannes Gnauck [AfD] und Dr. Malte Kaufmann [AfD])

Das amerikanische Volk hat gewählt. Es war eine demokratische Wahl, und die Wähler hatten eine echte Auswahl zwischen völlig unterschiedlichen Kandidaten. Das ist Demokratie, etwas, was in Moskau und Peking undenkbar wäre.

(Zuruf des Abg. Dr. Malte Kaufmann [AfD])

Deshalb respektieren wir selbstverständlich das Wahlergebnis und haben dem Wahlsieger gratuliert.

Wir sind nicht naiv, und wir wissen, dass wir selbstverständlich mit jeder Regierung in den USA zusammenarbeiten müssen. Wir wissen – deshalb sage ich „nicht naiv“ –, dass Trump ein anderer Präsident ist, als Harris es gewesen wäre. Er wird für Europa und Deutschland in vielem ein herausfordernder Präsident sein, ein unbequemer Verhandlungspartner, weil er Regeln und Verträge infrage stellt in der Handels-, in der Sicherheitspolitik. Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, auch ein Trump ändert nichts an der Tatsache, dass die USA objektiv unser engster Verbündeter sind und bleiben: wirtschaftlich, politisch, militärisch und wissenschaftlich.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Gerade deshalb ist doch die Rückkehr Trumps auch ein Weckruf, dass wir wirtschaftlich mehr denn je Reformen brauchen – genau solche, die Christian Lindner vorgeschlagen hat –

(Beifall bei der FDP – Lachen bei der SPD)

und dass wir in der EU und in Europa, vor allem im europäischen Teil der NATO, auch mehr für unsere Sicherheit tun müssen. Wir dürfen nicht auf den Amtsantritt von Trump warten wie das Kaninchen vor der Schlange. Nein, wir müssen jetzt etwas tun. Wir dürfen nicht nur Sicherheitsnehmer sein, sondern müssen auch Sicherheitsgeber sein, zum Beispiel für die Ukraine.

(Dr. Johann David Wadephul [CDU/CSU]: Ja!)

Da sind wir beim Thema. Die Ukraine ist in einem Überlebenskampf gegen Putins Angriffskrieg.

Apropos Ukraine. Sie werfen uns ganz konkret vor, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, wir würden die Ukraine finanziell nicht genügend unterstützen. Echt jetzt? Ihre Vorwürfe gelten ausgerechnet einem Finanzminister Lindner, der für die Ukraine immer wieder neue Mittel gefunden hat, der gerade international erfolgreich ausgehandelt hat,

(Zuruf von der AfD)

dass erstmals eingefrorene russische Oligarchengelder in Milliardenhöhe genutzt werden können.

(Beifall bei der FDP)

Und das, obwohl gerade Sie vorgestern im Haushaltsausschuss ein fertig verhandeltes Paket über 500 Millionen Euro zusätzlich für die Ukraine, gegenfinanziert in Einzelplan 14, gestoppt haben.

(Dr. Lukas Köhler [FDP]: Sehr interessant! – Zuruf von der FDP: Hört! Hört!)

Nein, das passt nicht zusammen. Das wird dem Ernst der Lage nicht gerecht. Letzte Woche, bei der großen Ukrainekonferenz in Kanada, haben mir der neue ukrainische Außenminister Sybiha und der Sicherheitsberater des ukrainischen Präsidenten, Jermak, gesagt, dass momentan nicht fehlende Finanzen ihr Problem seien – überhaupt nicht –, sondern dass sie händeringend auf mehr treffsichere, weitreichende Waffen warteten, die ihnen vom Bundeskanzler aber verweigert würden.

(Beifall bei der FDP – Dr. Lukas Köhler [FDP]: Aha!)

Deshalb sage ich deutlich und klar: Liefern Sie Taurus! Schwingen Sie nicht nur Worte, sondern helfen Sie der Ukraine konkret! Sie sagen ja immer: Wir wollen nicht eskalieren. – Das will niemand. Aber wer eskaliert denn hier in bisher unvorstellbarer Weise? 10 000 nordkoreanische Söldner kämpfen auf Putins Einladung – von ihm bezahlt und mit wer weiß was gegenfinanziert – jetzt auf europäischem Boden. Was muss eigentlich noch passieren, bis der Bundeskanzler auf diese beispiellose Eskalation Putins und Nordkoreas reagiert?

(Beifall bei der FDP – Beatrix von Storch [AfD]: Deshalb steigen Sie in den Krieg mit ein, oder was? Was ist das denn für eine Logik? Sie wollen den Krieg für Deutschland, oder was? – Zuruf des Abg. Dr. Götz Frömming [AfD])

Ja, in der Tat, es gibt vieles, womit wir reagieren müssen nach dieser Wahl in den USA – Antiamerikanismus gehört nicht dazu, europäisches Zusammenstehen sehr wohl. Und genauso gehört dazu auch, Nein zu einer Appeasement-Politik zu sagen, der Realität in die Augen zu sehen und der deutschen Bevölkerung zu erklären, wie ernst die Lage ist. Wir dürfen nicht Stimmungen hinterherlaufen. Es ist sehr wichtig, dass wir den Ernst dieser Lage erkennen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Als Nächste hat das Wort für die SPD-Fraktion Michelle Müntefering.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7617755
Wahlperiode 20
Sitzung 197
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde - Konsequenzen des amerikanischen Wahlergebnisses für Deutschland
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