Michelle MünteferingSPD - Aktuelle Stunde - Konsequenzen des amerikanischen Wahlergebnisses für Deutschland
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gestern hat die Welt für einen Moment den Atem angehalten. Als seien die Umbrüche nicht hart, die Krisen nicht tief und die Kriege nicht verhängnisvoll genug, herrscht jetzt nach der Wahl in den USA hierzulande auch außenpolitisch eine Katerstimmung.
(Zuruf der Abg. Beatrix von Storch [AfD])
Wir sind gut beraten, auch angesichts der politischen Entwicklung bei uns, einen kühlen Kopf zu bewahren; denn in der Gesellschaft unseres transatlantischen Partners scheint sich die Überzeugung durchgesetzt zu haben: Ein starker Mann muss jetzt mal durchgreifen. Der macht Business, der wird die Portemonnaies wieder füllen und den anderen da in der Welt schon zeigen, wo es langgeht. Das ist ein Image, aufgebaut und gepusht vom Fernsehen, aber vor allem durch Social Media, ganz gleich, ob er die Wahrheit spricht, wie er Frauen begegnet, welche Ideologie er vertritt. Der starke Mann – eine Annahme, die schon oft in die Irre geführt hat.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Aber die Mehrheit der Wählerinnen und Wähler hat sich für diesen Weg entschieden. Gerade deswegen will ich aus meinem Herzen keine Mördergrube machen, jenseits aller strategischen Erwägungen: Das schmerzt.
Eines ganz klar vorweg: Ja, unser Land hat den USA viel zu verdanken. Wir sind auf das Engste miteinander verbunden, verflochten, und es geht auch in Zukunft nicht ohne die Vereinigten Staaten. Meine Generation ist stark geprägt durch die kulturelle Nähe und die scheinbare Gewissheit, die uns gerade durch die USA vermittelt wurde, dass die Demokratie sich durchsetzt und dass diese alte und ehrwürdige Demokratie im Kern unerschütterlich ist und dass ihre Institutionen stark sind.
Kamala Harris hat gestern die friedliche Übergabe der Macht versprochen.
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Ist ja wohl selbstverständlich!)
Ich frage mich: Wie wäre es gewesen, wenn die Wahl einen anderen Ausgang genommen hätte? Dafür gebührt ihr Dank und Respekt.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Beatrix von Storch [AfD]: Wofür?)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Geschichte geht weiter; sie endet nicht mit Donald Trump. Aber die künftige Zeit mit dem, was auf uns zukommt, wird auch schwierig werden. Ich bin sicher, wir werden Wege der Zusammenarbeit auch mit der Trump-Regierung finden. Ganz besonders braucht es aber auch eigene Antworten in den langen Linien der Außenpolitik und der transatlantischen Partnerschaft. Lassen Sie mich drei konkrete Punkte dazu beitragen.
Erstens. Wir müssen ein verlässlicher Partner bleiben in der NATO, in den internationalen Organisationen. Dazu ist von der Außenministerin viel Richtiges gesagt worden. Das gilt übrigens auch für die Unterstützung der Ukraine; ich will das hier unterstreichen.
Zweitens. Europa muss stark sein und endlich ein echter geopolitischer Akteur werden. Bis dahin ist es noch ein langer Weg. Wir müssen Tempo machen; die Diversifizierung unserer Wirtschaftsbeziehungen gehört dazu. Seit Ende letzten Jahres liegt das Freihandelsabkommen mit Australien auf Eis. Das können wir uns schlichtweg nicht leisten.
Drittens. Es ist an der Zeit, die Demokratie zu verteidigen und Bildung, Medien, Wissenschaft, Frauenrechte zu schützen. Was dabei Mut macht und was hilft: Die Hälfte der amerikanischen Bevölkerung – mindestens – steht auch da an unserer Seite.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, deswegen schlägt jetzt auch die Stunde der Kulturpolitik. Wir brauchen Jugendaustausch auch jenseits elitärer Kreise, wenn wir nicht noch weiter auseinanderdriften wollen, aber auch die Unterstützung von gemeinsamer Forschung in der Wissenschaft, die nicht zerschlagen werden darf. Wir wissen: Wir können damit nicht komplett einen Präsidenten kompensieren, der trotz seiner familiären Wurzeln keine engen Beziehungen zu Deutschland sucht und der vornehmlich an Deals interessiert ist. Aber wir bleiben nicht ohnmächtig zurück. Wir werden umso mehr zu einer Welt beitragen, die auf Gemeinsinn und Wahrheit setzt, auf Verantwortung für unseren Planeten, auf die Rechte der Menschen und einen Fortschritt, der nicht etwa nur wenigen dient, sondern der Ausgleich und Frieden schafft. Die gute Nachricht dabei ist: Wir sind nicht alleine.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Als Nächster hat das Wort für die CDU/CSU-Fraktion Thomas Silberhorn.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7617756 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 197 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde - Konsequenzen des amerikanischen Wahlergebnisses für Deutschland |