Agnieszka BruggerDIE GRÜNEN - Aktuelle Stunde - Konsequenzen des amerikanischen Wahlergebnisses für Deutschland
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Unsere Freundschaft mit den USA beruht auf einer geteilten Geschichte, auf vielen gemeinsamen Interessen und Werten. Das transatlantische Band ist und bleibt stark, und kein Wahlergebnis kann das einfach zerreißen.
(Beatrix von Storch [AfD]: Eijeijei!)
Aber natürlich macht es einen Unterschied, wer in diesen rauen Tagen inmitten von Krisen und Kriegen zum mächtigsten Menschen der Welt wird. Dass Donald Trump zurück in das Weiße Haus einzieht,
(Beatrix von Storch [AfD]: ... ist ein Riesenerfolg!)
das haben die Wählerinnen und Wähler in den USA entschieden. Aber es ist in unserer Hand, wie wir mit diesem Ergebnis umgehen, ob wir uns in der Europäischen Union mit Deals zerteilen, ausspielen oder gar erpressen lassen oder ob wir als Europäische Union an den Herausforderungen wachsen und stärker werden.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Wir müssen in Europa proaktiver agieren, schneller reagieren, eigenständiger planen und handeln. Es liegt in unserer Hand, ob wir uns hier in Deutschland der Verantwortung stellen oder ob wir Egotrips fahren. Mich hat der gestrige Abend an das Jamaika-Aus 2017 erinnert; vielleicht hatte der ein oder andere Kollege, die ein oder andere Kollegin aus der Union ein ähnliches Déjà-vu. Aber die Zeiten sind diesmal viel ernster. Und wer nach dieser US-Wahl nicht die Kraft hat, Investitionen in unsere Sicherheit, in unseren Wohlstand und in unseren Zusammenhalt über ideologische Überzeugungen zu stellen, der ist der Verantwortung des Momentes nun mal nicht gewachsen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn es wirklich darauf ankam, waren die drei großen demokratischen Fraktionen SPD, Grüne und Union in den letzten 15 Jahren immer wieder bereit, das Wohl des Landes über parteipolitisches Klein-Klein zu stellen.
(Dr. Lukas Köhler [FDP]: Sie haben gerade das Grundgesetz mit Füßen getreten!)
Und jeder von uns war mal in der Opposition, war mal Teil der Koalition:
(Dr. Lukas Köhler [FDP]: Sie haben das Grundgesetz als „Klein-Klein“ bezeichnet!)
während der Eurokrise, während der schlimmen Stunden der Coronapandemie und vor allem nach dem völkerrechtswidrigen Einmarsch Russlands in die Ukraine, Stichwort „Sondervermögen für die Bundeswehr“. Die damit verbundene Kraft müssen wir jetzt alle gemeinsam wiederfinden.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Nehmen wir diese Verantwortung wahr.
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Ja! Neuwahlen, jetzt!)
Lassen Sie uns im Wahlkampf um die besten Ideen streiten. Aber niemand von uns sollte sich der Diskussion über die dringend notwendigen Maßnahmen für die Sicherheit unseres Landes und unserer Verbündeten entziehen. Dafür braucht es mehr Geld, auch und gerade zur Unterstützung der Ukraine, übrigens nicht nur der militärischen, sondern auch der diplomatischen und der humanitären – das vergessen Sie von ganz links auch immer wieder –, und ja, auch für die Bundeswehr.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Unsere Partner schauen schon länger völlig verständnislos auf unsere Haushaltsdebatten und auch auf unsere Schuldenbremse.
(Beatrix von Storch [AfD]: Der Staat hat zu viel Geld und nicht zu wenig!)
Man muss nur ein bisschen rechnen können, um festzustellen, dass grausame und unvernünftige Kürzungen in diesem Bundeshaushalt never ever ausreichen werden, um die Summen zu mobilisieren, die wir für unsere Sicherheit und für die Sicherheit unserer Verbündeten in all ihren Dimensionen brauchen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Man kann sich in dieser politischen Weltlage eben nicht sicher sparen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die unverantwortlichen Aussagen von Trump rund um Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine und insbesondere sein unterwürfiges Verhalten gegenüber Putin in seiner ersten Amtszeit lösen zu Recht große Sorgen bei vielen Menschen aus.
(Beatrix von Storch [AfD]: Unterwürfige Rede hier!)
Umso mehr müssen wir unsere Solidarität gegenüber den mutigen Menschen in der Ukraine zeigen, allerdings mit konkreten Taten, mit Mitteln und mit Lieferungen. Wenn der Bundeskanzler, der Vizekanzler und die Außenministerin ihren gestrigen Schritt auch mit der notwendigen militärischen und diplomatischen Unterstützung der Ukraine begründen – übrigens nicht nur damit –, dann sind an dieser Stelle Union, Grüne und SPD einer Meinung.
(Wolfgang Kubicki [FDP]: Wat?)
Meine Damen und Herren, die USA sind und bleiben ein gespaltenes Land. Das zeigt dieses Wahlergebnis einmal mehr. Aber lassen Sie uns nicht vergessen: Eine Gesellschaft spaltet sich nicht einfach so. Es gab und gibt Menschen, die bewusst die Axt an das Gemeinwesen anlegen, die Angst machen, Hass schüren und Menschen gegeneinander ausspielen. Donald Trump beherrscht diese Kunst wie kaum ein anderer, und er hatte viele willfährige Mithelfer. Es gibt auch viele schlechte Nachahmer, und einige davon haben wir in der heutigen Debatte sprechen hören; auch in unserem Land, auch in diesem Haus gibt es sie. Und ihnen sollten wir alle heute ein ganz eindeutiges Zeichen senden: Wir werden unsere Gesellschaft nicht spalten lassen. Wir treten gerade jetzt dafür ein, Zusammenhalt zu stärken und Lösungen für unsere Sicherheit zu finden.
Vielen Dank.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Als Nächster hat das Wort für die Gruppe Die Linke Dr. Gregor Gysi.
(Beifall bei der Linken)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7617758 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 197 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde - Konsequenzen des amerikanischen Wahlergebnisses für Deutschland |