Sepp MüllerCDU/CSU - 35 Jahre Mauerfall
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der ehemalige Staats- und Parteichef der DDR, Walter Ulbricht, prägte den folgenden Satz: „Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten.“ Dieser Satz ist eine der größten Lügen unserer deutschen Geschichte.
In den frühen Morgenstunden des 13. August 1961 begann das SED-Regime, die Grenzen zu Westberlin abzuriegeln. In der Nacht vom 17. auf den 18. August folgte dann der eigentliche Bau der Berliner Mauer. Der frühe Traum von der deutschen Wiedervereinigung wurde damit unter dem Eisernen Vorhang begraben. Familien wurden auseinandergerissen, Freundschaften zerstört und Eigentum verstaatlicht.
Um die Menschen im Sozialismus gefangen zu halten, hat das SED-Regime Jahr für Jahr die Mauer ausgebaut. Doch der selbsternannte antifaschistische Schutzwall war nichts weiter als eine 156 Kilometer lange Todeszone. Allein hier in Berlin starben mindestens 140 Menschen durch die DDR-Grenztruppen. Ich freue mich daher besonders, auf der Ehrentribüne unsere SED-Opferbeauftragte Evelyn Zupke begrüßen zu dürfen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der FDP, der AfD und der Linken)
Während dieser Zeit propagierte das SED-Regime auf Plakaten: „Je stärker der Sozialismus, desto sicherer der Frieden!“ Doch nicht der Sozialismus gewann an Stärke, sondern das Freiheitsstreben der Bürgerinnen und Bürger. Ich sage: Gott sei Dank! Gott sei Dank hat die Freiheit gesiegt!
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der FDP und der AfD)
Noch Anfang der 80er-Jahre wiegte sich der Unrechtsstaat in Sicherheit. Doch das Bollwerk der sozialistischen Diktatur, welches für die Ewigkeit bestimmt war, bekam seine ersten Risse. Ich selbst bekomme, obwohl ich damals – in der DDR – noch in den Windeln lag, heute Gänsehaut – allein schon, wenn ich hier darüber rede –, wenn ich die Bilder vom 9. November 1989 sehe.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Zehn Jahre später formulierte der Bundespräsident Johannes Rau:
„Die Bürgerinnen und Bürger der DDR haben die Freiheit selber errungen – in einer friedlichen Revolution mit Kerzen und Gebeten. Sie haben deutsche und europäische Freiheitsgeschichte geschrieben – wie Polen und Ungarn, Tschechen und Slowaken vor und mit ihnen. Zehn Jahre später fällt uns stärker das auf, was nicht oder noch nicht gut ist – und nicht das, was schon gelungen ist.“
Als Unionsfraktion wollen wir mit unserem Antrag heute an diesen besonderen Tag der deutschen Geschichte erinnern. Eines sollte uns allen aus der Geschichte klar sein: Die Planwirtschaft ist eine Sackgasse. – Die mutigen Menschen sind damals gegen die Unfreiheit und die Planwirtschaft auf die Straßen gegangen. Mit ihrer heutigen Politik kehrt sich diese Resteregierung von der sozialen Marktwirtschaft ab. Die Menschen haben vor 35 Jahren die rote Planwirtschaft nicht abgewählt,
(Zuruf des Abg. Kassem Taher Saleh [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
um im Jahr 2024 eine rot-grüne Planwirtschaft installiert zu bekommen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP und der AfD – Kassem Taher Saleh [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Peinlich! – Dr. Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nicht mal in dieser Debatte! Peinlich! – Sönke Rix [SPD]: Das ist billig!)
Der Wirtschaftsminister Robert Habeck rennt mit Förderschecks herum und verspricht tagsüber Geld, das er nachts bei den Unternehmerinnen und Unternehmern wieder reinholt.
(Sönke Rix [SPD]: Peinlich! – Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Das nennen Sie die „neue grüne Wirtschaftspolitik“. Es gibt keine neue grüne Wirtschaftspolitik.
(Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bei so einer Debatte!)
Es gibt eine schlechte und eine gute Wirtschaftspolitik. Das, was Sie machen, ist in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, in der Geschichte des wiedervereinigten Deutschlands die schlechteste Wirtschaftspolitik, die wir je gesehen haben.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der AfD – Dr. Anja Reinalter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mein Gott! – Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bei so einer Debatte so was zu sagen! – Sönke Rix [SPD]: Applaus von der AfD!)
Der damalige Bundespräsident Johannes Rau führte in seiner damaligen Rede passend aus – –
(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 35 Jahre Friedliche Revolution! – Weitere Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
– Ich weiß, dass Sie sehr aufgeregt sind bei solchen Sachen.
(Abg. Bernhard Herrmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] meldet sich zu einer Zwischenfrage)
Aber wenn man Ihnen den Spiegel vorhält, müssen Sie auch mit Kritik klarkommen. Dafür sind die Menschen auf die Straße gegangen.
Herr Müller, gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Nein, ich möchte im Zusammenhang vortragen.
(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, das kann ich mir vorstellen! – Dr. Anja Reinalter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So peinlich! – Dr. Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dem Anlass völlig unangemessen!)
Johannes Rau führte in seiner damaligen Rede passend aus:
„Wir stehen in Deutschland vor großen Aufgaben, die wir in gemeinsamer Anstrengung lösen können: Wir brauchen eine dynamische und nachhaltige Wirtschaft für zukunftssichere Arbeitsplätze. Wir müssen unter veränderten Bedingungen nach sozialer Gerechtigkeit streben, die unser Land zusammenhält.“
Wir müssen die soziale Verantwortung anerkennen, die wir als Gesellschaft für diejenigen tragen, die Unterstützung benötigen. Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, diese soziale Verantwortung muss gleichermaßen berücksichtigen, dass das Gleichgewicht von Leistung und Gerechtigkeit beibehalten wird. Mit der Einführung des Bürgergelds haben Sie dieses Gleichgewicht ins Wanken gebracht.
(Zuruf des Abg. Sönke Rix [SPD])
Wir dürfen nicht wieder in eine Zeit zurückkehren, in der die Menschen das Gefühl haben, für ihre Arbeit keine Anerkennung zu erhalten. Schaffen Sie endlich das Bürgergeld ab. Sorgen Sie dafür, dass sich Leistung wieder lohnt.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben selber dem Bürgergeld zugestimmt!)
Ich finde es traurig – das möchte ich Ihnen nicht ersparen –, dass es im Deutschen Bundestag mittlerweile Gruppen gibt, die die SED-Diktatur verharmlosen.
(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Müller, schämen Sie sich eigentlich gar nicht dafür? Das wird doch den Menschen der Friedlichen Revolution nicht gerecht!)
Ich finde es sehr schade, dass lediglich zwei Bundesminister heute auf der Regierungsbank sitzen. Darum freue ich mich umso mehr, dass der Ministerpräsident des Bundeslandes Hessen heute da ist, um zu zeigen, dass die Wiedervereinigung eine Arbeit von Ost und West war.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Und ich bin den mutigen Menschen, den mutigen Männern und Frauen dafür dankbar, dass sie mit ihrem Mut diese Mauer zu Fall gebracht haben.
(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das kommt jetzt zum Schluss auch noch vor!)
Vielen Dank.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Sönke Rix [SPD]: Tosender Applaus von der Union!)
Bevor ich die nächste Rednerin aufrufe, hat das Wort zu einer Kurzintervention Bernhard Herrmann.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7617812 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 198 |
Tagesordnungspunkt | 35 Jahre Mauerfall |