Maximilian MörseburgCDU/CSU - 35 Jahre Mauerfall
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich hatte das Glück, in einem vereinten Deutschland aufzuwachsen und das Leben mit der Mauer und der Teilung Deutschlands nur aus Erzählungen zu kennen. Ich kenne die Bilder, auf denen sich Menschen aus Ost und West in den Armen liegen, weil die Mauer gefallen ist. Aber ich kenne sie eben nur aus dem Fernsehen oder aus den Geschichtsbüchern.
Heute, 35 Jahre später, stehen wir hier und blicken zurück auf die Geschichte unseres fast 40 Jahre lang geteilten Landes. Während die Menschen in Westdeutschland das Privileg genossen, in einer Demokratie zu leben, herrschte in dem anderen Teil des Landes ein kommunistisches Diktatursystem.
Klar ist: Die DDR war ein Unrechtsstaat; auch wenn einige das bis heute nicht wahrhaben wollen. Und ja, das kann man auch ganz deutlich so sagen. Die DDR war ein Unrechtsregime, in dem staatliche Überwachung, Unterdrückung und Willkür zigtausendfach stattgefunden haben. Die Bürgerinnen und Bürger konnten sich nicht auf die Unabhängigkeit der Justiz verlassen. Das Recht wurde von den herrschenden Eliten untergraben, und eine echte Gewaltenteilung gab es nicht. Insbesondere diejenigen, die in der DDR für Freiheit und Selbstbestimmung gekämpft haben, waren diesen Repressionen ausgesetzt. Sie mussten Benachteiligungen in unterschiedlichen Bereichen hinnehmen, politische Haft, Zersetzungsmaßnahmen der Staatssicherheit fürchten und erfahren.
Auch wenn es bei mir mittlerweile über 15 Jahre, glaube ich, her ist, erinnere ich mich wie ganz viele Bürger noch ganz genau an meinen ersten Besuch in einer Gedenkstätte: Das war in Hohenschönhausen. Bis heute arbeiten dort ganz viele ehemalige Insassen dieses Gefängnisses. Als Augenzeugen machen sie diese Dinge erlebbar, sie erzählen ihre Geschichten und führen Besucher durch die Anlage. Für mich, 1992 in Stuttgart geboren, wäre es auf eine andere Art und Weise vielleicht gar nicht möglich gewesen, so einen Zugang zu diesem Thema zu bekommen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Die erdrückende Art und Weise, in der ein Augenzeugenbericht das Leid unzähliger unschuldiger Menschen deutlich machen kann, ist durch keine Schulstunde zu ersetzen. Deshalb möchte ich an dieser Stelle den Menschen danken, die diese wichtige Arbeit in den Gedenkstätten leisten, die an den Ort zurückgekommen sind, an dem sie zum Teil gequält und gefoltert wurden. Mein Dank richtet sich auch an die vielen weiteren Einrichtungen, die diese Arbeit leisten. Auf der anderen Seite müssen wir im Gegenzug dafür sorgen, dass die Arbeit dieser Gedenkstätten ordentlich gemacht werden kann, und zwar so, dass auch die nächste Generation, die vielleicht keine Augenzeugen mehr erlebt, noch aus diesem Teil unserer Geschichte ihre Schlüsse ziehen kann.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Michelle Müntefering [SPD]: Sehr richtig!)
Viele Opfer des SED-Regimes leiden bis heute unter den Folgen, psychischen und physischen. Wir müssen die Aufarbeitung dieses widerfahrenen Unrechts weiter intensivieren. Wir schulden den Menschen, die ihre körperliche Unversehrtheit und ihr Leben für Freiheit und Demokratie aufs Spiel gesetzt haben, die Wertschätzung, die sie verdient haben.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
Es gibt zwar keinen Koalitionsvertrag mehr, aber ich möchte auch aus der Opposition heraus betonen, dass er gute Vorschläge zu der Frage enthielt, wie mit den SED-Opfern weiter umgegangen werden soll. Leider wurden diese Vorschläge – sie wurden jetzt schon ein paarmal erwähnt – nicht umgesetzt. Es geht vor allem um die Erleichterung der Beantragung der Hilfen, es geht um die Definition der Opfergruppen, es geht um die Dynamisierung der Opferrenten. Ich sage es Ihnen ganz ehrlich, Herr Schneider: Ich wollte an dieser Stelle, bei diesem Tagesordnungspunkt, überhaupt nichts zu dieser Bundesregierung und zu der Staatskrise sagen.
(Rasha Nasr [SPD]: Aber er macht es trotzdem!)
Aber es ist unfassbar – das hat bereits in den letzten Tagen angefangen –, welche Themen auf die Agenda gesetzt wurden. Gestern Abend in den Talkshows waren es vor allem das Rentenpaket oder andere an den Haaren herbeigezogene Themen.
(Widerspruch des Abg. Matthias W. Birkwald [Die Linke])
Jetzt muss auch dieses Thema dafür herhalten. Was werden wir in den nächsten Tagen noch alles hören, was unbedingt in dieser Legislaturperiode beschlossen werden muss? Sehr geehrte Damen und Herren, Sie hatten drei Jahre Zeit dafür.
(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir sind das Parlament! – Zuruf des Abg. Daniel Schneider [SPD])
Dieses Thema ist unglaublich wichtig, genauso wie viele andere Themen. Aber heute muss kein Beschluss mehr gefasst werden. Es gibt keine klaren Mehrheiten mehr in diesem Parlament. Es muss von der nächsten Regierung so schnell wie möglich umgesetzt werden.
(Maja Wallstein [SPD]: Sie entziehen sich der Verantwortung! – Gegenruf des Abg. Thorsten Frei [CDU/CSU]: Wer hat denn hier Verantwortung?)
Deswegen: Machen Sie den Weg frei! Verlängern Sie diese Staatskrise nicht unnötig! Machen Sie den Weg frei für Neuwahlen,
(Beifall bei der CDU/CSU)
damit wir uns um dieses Thema und um andere Themen so schnell wie möglich kümmern können.
Ich komme zum Ende.
(Sönke Rix [SPD]: Die Rede war bis dahin noch gut! Aber jetzt?)
35 Jahre Mauerfall, der 9. November ist der Schicksalstag der Deutschen. Er ist Anlass zum Gedenken, zum Trauern, aber auch zum Feiern.
Kommen Sie bitte zum Schluss.
Und er sollte vor allem Mahnung sein, dass Demokratie keine Selbstverständlichkeit ist.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Linda Teuteberg [FDP])
Für die AfD-Fraktion hat das Wort Thomas Dietz.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7617827 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 198 |
Tagesordnungspunkt | 35 Jahre Mauerfall |