Christian DürrFDP - Regierungserklärung zur aktuellen Lage
Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich nutze die Gelegenheit, Herr Mützenich, Frau Kollegin Haßelmann, mich ebenfalls zu bedanken. Das war über weite Strecken vertrauensvoll,
(Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: „Über weite Strecken“!)
wenngleich alles andere als nicht konfliktär. Aber in diesen Tagen – ich habe manche Interviews von Parteivorsitzenden der SPD verfolgt – ist natürlich auch Selbstreflexion angezeigt. Denn selbstverständlich ist keiner frei von Schuld, wenn eine Koalition zusammenbricht; so deutlich muss man es sagen. Ich habe mich noch einmal zu Wort gemeldet, Herr Bundeskanzler Scholz, weil das – ich sage das in aller Vorsicht – keine selbstreflektierende Rede eines gescheiterten Regierungschefs heute Mittag war, liebe Kolleginnen und Kollegen. Das hört sich anders an.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Friedrich Merz [CDU/CSU]: Das hört sich anders an! Das kann man wohl sagen!)
Nun kann man glauben, man habe gar nichts falsch gemacht; das ist jedem selbst überlassen. Ein Journalist hat in einer Talkshow gesagt, dass ihm Politiker, die ihre Wutausbrüche vom Teleprompter ablesen müssen, irgendwie suspekt sind. Ich teile diese Einschätzung.
(Beifall bei der FDP – Heiterkeit des Abg. Friedrich Merz [CDU/CSU] – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Technologieoffenheit!)
Aber, meine Damen und Herren, was nicht geht, Herr Bundeskanzler, ist, dass über den Mittwochabend teilweise Legenden gebildet worden sind.
Erste Legende. Es sei ausschließlich um die Finanzierung der Ukrainehilfen gegangen. Als Vorsitzender meiner Fraktion habe ich angeboten, die 3 Milliarden Euro, um die es ging – obgleich Sie 15 Milliarden Euro zusätzliche Schulden machen wollten –, im Haushalt zu aktivieren. Wir haben gleichzeitig sehr deutlich gesagt, dass in diesem Zusammenhang dann auch das Waffensystem Taurus geliefert werden muss, wenn man es mit der Unterstützung der Ukraine ernst meint.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Zweitens. Als Sie gemerkt haben, dass diese Argumentation in der Öffentlichkeit nicht funktioniert, haben Sie am Sonntagabend in einer Talkshow gesagt, es sei in Wahrheit um das Thema Rente gegangen. Ich kann als Teilnehmer der Runde sagen: Es gab am Mittwochabend im Bundeskanzleramt keine rentenpolitische Debatte, meine Damen und Herren. Auch das ist nicht richtig.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dorothee Bär [CDU/CSU]: Wahnsinn!)
Drittens und letztens. Worum ging es in Wahrheit? Ich finde, die Ehrlichkeit muss man haben. Ja, man kann als SPD-Politiker sagen: Der Haushalt ist zu klein. Es braucht beispielsweise Steuererhöhungen, um mehr Staatsaufgaben zu finanzieren. – Ich teile diese Auffassung nicht; da haben wir unterschiedliche Konzepte. Aber worum es in Wahrheit am Mittwochabend gegangen ist, ist, dass Sie gegenüber dem Finanzminister die Forderung aufgestellt haben, die Schuldenbremse solle 2025 nicht eingehalten werden, weil Sie keine Wirtschaftsreformen für Deutschland machen wollten. Das war die Debatte am Mittwochabend, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Das konnte keine Option für die Freien Demokraten sein.
(Peter Boehringer [AfD]: Seit 2021 wird sie nicht eingehalten, Herr Kollege! Nie!)
Und, Herr Bundeskanzler Scholz, zur Richtungsentscheidung, die die Bundesregierung und wir als Koalition hätten treffen müssen, hatten Sie nicht die Kraft. Diese Kraft müssen jetzt die Menschen an der Wahlurne haben, um eine Richtungsentscheidung für unser Land zu treffen. Aber die Option, die Sie am Mittwochabend angeboten haben, konnte keine Option für die Freien Demokraten sein; das konnte keine Option für die Bundesrepublik Deutschland sein.
Ich danke Ihnen.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7617961 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 199 |
Tagesordnungspunkt | Regierungserklärung zur aktuellen Lage |