Philipp HartewigFDP - Höfeordnung sowie Strafprozessordnung
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Auch wenn das Thema Höfeordnung heute Morgen in der Primetime teilweise etwas belächelt wird, so ist es doch ein sinnvolles kleines Paket, das heute in zweiter und dritter Lesung beraten und verabschiedet wird.
Zunächst noch einmal zur Erklärung, was wir heute eigentlich beschließen. Die Änderung der Höfeordnung leistet einen wesentlichen Beitrag zur Entlastung der Hoferben. Inhalt der Höfeordnung ist die Regelung des erbrechtlichen Umgangs mit Betrieben der Land- und Forstwirtschaft, insbesondere mit Blick auf die Höhe der Abfindung der weichenden Erben.
Aufgrund eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts aus dem Frühjahr 2018 kann ab Januar 2025 die entsprechende Berechnung der Abfindung nicht mehr über die sogenannte Einheitswertbestimmung erfolgen. Eine Änderung der Höfeordnung ist daher notwendig. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wird nun der Grundsteuerwert mit einem Modifikator als Bemessungsgrundlage angesetzt. Um den Abfindungsanspruch der weichenden Erben bei einem Hofübergang im Erbfall zu reduzieren, werden somit nur 60 Prozent des letzten Grundsteuerwerts genutzt.
Diese Regelung stellt eine faire Lösung für alle Beteiligten dar, welche insbesondere auch die Erben nicht übermäßig belastet, diese vor unwägbaren Finanzrisiken schützt und somit den generationenübergreifenden Fortbestand bäuerlicher Betriebe gewährleistet. Der Gesetzentwurf ist daher auch ein Bekenntnis zu unseren Land- und Forstwirten. Wir stehen an ihrer Seite. Vielen Dank für ihren täglichen Einsatz!
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ich komme nun zum zweiten Punkt des Änderungsantrags: zur Telekommunikationsüberwachung, zur sogenannten TKÜ, beim Wohnungseinbruchdiebstahl. Konkret geht es um die Möglichkeit der Überwachung von Telekommunikation bei Wohnungseinbruchdiebstahl nach § 100a Absatz 2 Nummer 1j der Strafprozessordnung. Die derzeitige Regelung enthält eine Befristung bis zum 12. Dezember dieses Jahres; der Gesetzentwurf sieht eine Verlängerung bis zum 1. Januar 2030 vor.
Die Telekommunikationsüberwachung ist dabei eine äußerst tiefgreifende, sensible Eingriffsmaßnahme in den höchstpersönlichen Lebensbereich, in die innerste Privatsphäre der Betroffenen, welche insbesondere von Artikel 10 Grundgesetz, konkret: vom Fernmeldegeheimnis, geschützt wird.
(Zuruf des Abg. Dr. Volker Ullrich [CDU/CSU])
Gleichzeitig – auch hier sind wir uns wohl alle einig – beeinträchtigen gerade Wohnungseinbruchdiebstähle das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung und noch viel mehr der Opfer dieser Taten in erheblicher Weise. Um den Ermittlern im Angesicht der wachsenden Professionalität der Täter ein durchschlagskräftiges Instrument an die Hand zu geben, ist daher die Verlängerung der Befugnisse auch aus unserer Sicht eine richtige Entscheidung.
Nun aber zur Befristung, weil Kollege Müller es angesprochen hat. Die Regelung wurde in der vergangenen Legislaturperiode befristet eingeführt mit einem Evaluationserfordernis. Diese Evaluation ist aufgrund der Auswirkungen der Coronapandemie – in der Zeit gab es kaum Wohnungseinbruchdiebstähle – kaum aussagekräftig und kaum brauchbar, um eine Antwort auf die Frage nach der Rechtfertigung der beschriebenen Eingriffe in die Privatsphäre der Betroffenen – dies betrifft Artikel 10 Grundgesetz – zu finden.
Bezeichnend ist auch: Sie von der Union haben angesprochen, dass Sie Ihre Anträge gestellt haben, schon bevor die Evaluation überhaupt vorlag. In den Anträgen stand auch: Es braucht gar keine neue Evaluation; das wäre viel zu aufwendig. – Uns als Freien Demokraten geht es bei Grundrechtseingriffen nicht um den Kosten-Nutzen-Aufwand, sondern wir fragen bei der Evaluation: „Wie ist der Eingriff?“, und treffen daraufhin eine Abwägung. Da unterscheiden wir uns wohl maßgeblich.
(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Helge Limburg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Dr. Volker Ullrich [CDU/CSU]: Verhältnismäßigkeitsprüfung findet ohnehin statt!)
Der hier gefundene Kompromiss einer Verlängerung mit erneuter Befristung trägt die Handschrift der Achtung vor dem Rechtsstaat und unserer Verfassung einerseits und des Schutzes der Opfer dieser Taten und der Anerkennung ihres Leidens andererseits. Ich freue mich daher auf die breit angekündigte Zustimmung zum Gesetzentwurf, weil sie ja auch Ausdruck des Stellenwertes des Eigentumsschutzes hier im Haus ist.
Die letzten Sekunden möchte ich nutzen – wir wissen ja nicht, wie viele rechtspolitische Debatten wir in dieser Legislatur noch führen –, um mich bei allen Kolleginnen und Kollegen aus dem Rechtsausschuss für die gute Zusammenarbeit in dieser Legislatur zu bedanken, und ich möchte mahnend mit einem Zitat von Theodor Heuss enden:
„… die äußere Freiheit der Vielen lebt aus der inneren Freiheit der Einzelnen.“
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Als Nächster hat das Wort für die AfD-Fraktion Bernd Schattner.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7618173 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 200 |
Tagesordnungspunkt | Höfeordnung sowie Strafprozessordnung |