Robin MesaroschSPD - Aktuelle Stunde: Weltklimakonferenz COP29
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Letztes Jahr ist mein Sohn zur Welt gekommen. Wenn ich Ihnen erzähle, dass ich abends bei ihm am Bett sitze und mir Sorgen mache, in welcher Welt er aufwächst und ob seine Kinder in einer intakten Welt aufwachsen können, dann wäre das meistens geschwindelt. Wenn ich bei ihm abends am Bett sitze, lesen wir Bücher, in denen Kühe tanzen und ein Siebenschläfer Zähne putzen muss. Der Mann ist anderthalb. Der braucht es nicht, dass ich ihm Vorträge über Klimaschutz halte;
(Steffen Kotré [AfD]: Das braucht von uns keiner!)
der braucht es nicht, dass ich ihn für meine Überzeugungen politisch instrumentalisiere.
(Zuruf der Abg. Beatrix von Storch [AfD])
Ich glaube, der Klimaschutz braucht auch nicht so viel Sentimentalität. Der Klimaschutz braucht, was Helmut Schmidt die „nüchterne Leidenschaft zur praktischen Vernunft“ genannt hat. Ich sage das deswegen, weil Helmut Schmidt für viele in Deutschland für eine Idee, für eine Zeit steht, die heute einigermaßen verklärt ist, in der man angeblich weniger moralisiert und mehr gemacht hätte, in der man sich weniger auf Firlefanz, sondern auf das angeblich Wesentliche konzentriert hätte.
Das Ding ist: Helmut Schmidt war sich völlig bewusst, dass fossile Energien nicht die Zukunft sein können, dass sie erhebliche Risiken haben, dass Atomkraft erhebliche Risiken hat, dass die Zukunft in den Erneuerbaren liegt, dass der Klimaschutz real ist. Das tut manchen Leuten weh, die Helmut Schmidt für sich vereinnahmen wollen, obwohl er mit ihnen überhaupt nichts zu tun gehabt hätte. Es tut den Leuten weh, die uns einreden wollen, wir hätten alte Tugenden aufgegeben; dabei sind es sie, die jedweden Kontakt zur Vernunft längst abgebrochen haben.
Da wir über Vernunft sprechen: Es gibt Leute in Deutschland, die sagen: Es ist unvernünftig, dass ein Land wie Deutschland sich auf den Weg macht, das Klima zu schützen, da wir doch nur ein kleines Land sind. – Da hilft es, zur Weltklimakonferenz zu fahren. Vor neun Jahren hat die Weltklimakonferenz es geschafft, dass alle Staaten der Erde sich darauf geeinigt haben, ebendieses Klima zu schützen. Das ist nicht nur Deutschland; das sind alle. Wir haben die meisten Staaten dieser Welt auf unserer Seite, wenn wir aus den fossilen Energien aussteigen. Das ist Vernunft.
Wenn wir über Klimaschutz bzw. die Weltklimakonferenz sprechen, dann ist ein Körperteil immer sehr beliebt: der Zeigefinger. Da heißt es, Deutschland läuft durch die Welt mit erhobenem Zeigefinger. Aber wenn man zur Klimakonferenz geht, kann man lernen, dass das nicht stimmt.
Ich habe vorhin von den Ländern der Welt und der Größe Deutschlands gesprochen. Aber Deutschland ist, was den weltweiten CO2-Ausstoß angeht, letztes Jahr auf Platz neun gewesen. Historisch betrachtet ist Deutschland, was den CO2-Ausstoß angeht, auf Platz sechs. Wer zeigt denn da auf wen mit dem Finger? Wenn wir mit dem Finger auf andere zeigen, zeigen 189 Länder auf uns zurück.
Aber das ist gar nicht der Punkt. Es geht nicht um den erhobenen Zeigefinger, sondern es geht um Lösungen bei der Weltklimakonferenz, jedenfalls sollte das so sein.
(Zuruf der Abg. Beatrix von Storch [AfD])
Arroganter, als mit dem Finger auf andere Länder zu zeigen, ist doch das, was wir von der Union hören,
(Andreas Jung [CDU/CSU]: Jetzt bloß nicht mit dem Finger zeigen!)
die sich anschickt, Klimaschutz irgendwie gut zu finden, aber ihren Zeigefinger, wenn es um Klimathemen in Deutschland geht, eher dafür benutzt, um in der Nase zu bohren.
(Zurufe von der CDU/CSU: Oh, oh! – Oliver Grundmann [CDU/CSU]: Taten sind wichtiger als Worte!)
Letzte Woche haben wir Friedrich Merz bei „Maybrit Illner“ sagen hören, Windkrafträder seien eine Übergangslösung; er möchte sie abbauen, weil sie hässlich sind. Und er hat was von Fusionskraftwerken erzählt. – Ich verstehe, dass Sie buhen; ich verstehe auch, dass Sie sagen: Klimaschutz ist uns wichtig. – Aber warum machen Sie jemanden zum Kanzlerkandidaten, der so wenig Ahnung von diesem Thema hat,
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
der konterkariert, was Sie hier sagen wollen?
(Zuruf des Abg. Tino Sorge [CDU/CSU])
Windkrafträder, die hässlich sind! Ja, haben wir denn Kohlekraftwerke gebaut, weil sie schön sind?
(Zuruf des Abg. Martin Hess [AfD])
Haben wir Gaskraftwerke und Fusionskraftwerke aus Dekorationsgründen gebaut?
(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Er will ja immer auf Ingenieure hören. Hören Sie auf sie! Niemand kann Ihnen sagen, wann Fusionskraftwerke funktionieren. Wir bauen hier gerade für knapp eine halbe Billion Euro Stromnetze, die Sie versäumt haben zu bauen, um den Strom in die Steckdosen zu bringen. Sie erklären uns immer, er kommt gar nicht aus der Steckdose. Aber er kommt von den Windkrafträdern, von den Solaranlagen zu den Steckdosen.
Jetzt kommt es: Er will das abbauen für zwei Fusionsreaktoren. Dann können Sie schön für den gleichen Betrag noch mal ganz andere Stromnetze bauen. Das ist absoluter Wahnsinn; das hat mit Vernunft nichts zu tun.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Wir fahren zur COP. Und Sie haben recht: Diese Regierung könnte stärker auftreten, hätte sie eine feste Mehrheit. Aber das Argument fällt doch auf Sie zurück: Sie können abstimmen; Sie können hier mit uns Klimaschutz beschließen. Wenn Sie dieser Regierung aus Trotz keinen Erfolg gönnen und nicht mitmachen, dann sagt das mehr über Sie aus als über uns. Das ist nicht gut für den Klimaschutz.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ihre Redezeit ist vorbei.
Ich habe mit meinem Sohn angefangen. Als ich in seinem Alter war, hatten die Erneuerbaren am Strommix einen Anteil von unter 1 Prozent.
Herr Mesarosch, kommen Sie bitte zum Schluss.
(Zuruf des Abg. Tino Sorge [CDU/CSU])
Jetzt liegt er bei 60 Prozent; vor drei Jahren lag er bei 40 Prozent. Wir haben den Anteil der Erneuerbaren am Strommix in Deutschland um 50 Prozent erhöht. Wir haben etwas getan, und so wollen wir gerne weitermachen, auch auf der COP.
Letzter Satz, bitte.
Haben Sie vielen Dank.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Und der nächste Redner ist Robert Farle.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7618215 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 200 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde: Weltklimakonferenz COP29 |