Jürgen LendersFDP - Aktuelle Stunde: Cannabis-Legalisierung - Auswirkung auf die innere Sicherheit
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Man fragt sich wirklich, was diese Debatte heute Morgen soll.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ist die Legalisierung von Cannabis wirklich das Thema, das die Menschen aktuell interessiert?
(Zuruf von der CDU/CSU: Ja!)
Unserer Wirtschaft steht das Wasser bis zum Hals.
(Wilfried Oellers [CDU/CSU]: Dann hätten Sie mal was tun können! Was ist denn das für eine Bemerkung? – Weitere Zurufe von der CDU/CSU)
Volkswagen plant die Schließung von drei Werken in Deutschland; Tausende Arbeitsplätze stehen auf der Kippe. Unsere Wirtschaft schrumpft. Heimische Unternehmen und Investoren kehren Deutschland den Rücken.
(Dr. Silke Launert [CDU/CSU]: Das ist ein anderes Thema!)
Und wir, was machen wir? Wir dürfen dank der Union über die Aufhebung der Cannabislegalisierung debattieren.
(Konstantin Kuhle [FDP]: Unglaublich!)
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen der Union, ich weiß wirklich nicht, was Sie geraucht haben, als Sie das Thema auf die Tagesordnung gesetzt haben.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD – Dorothee Bär [CDU/CSU]: Das ist ja mal voll der Schenkelklopfer hier! Den hat ja noch keiner gebracht, den Spruch!)
Die Chance, die Sie heute Morgen vertan haben, ist, über eine echte Wirtschaftswende in Deutschland – ein wirklich wichtiges Thema – zu debattieren und Ihre Positionen einmal darzustellen.
(Beifall bei der FDP und der SPD – Dr. Silke Launert [CDU/CSU]: Darüber haben wir vor wenigen Tagen geredet! Wenn man keine Argumente hat, dann kommt so was! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU)
Das ist Ihre Verantwortung.
Meine Damen und Herren, statt die wirklich relevanten Debatten zu führen, werden hier gesellschaftspolitische Nebenkriegsschauplätze eröffnet.
(Dorothee Bär [CDU/CSU]: Der volkwirtschaftliche Schaden durch Drogen ist gigantisch übrigens!)
Das ist wirklich nichts, was die Menschen draußen interessiert.
(Dorothee Bär [CDU/CSU]: Doch!)
Cannabis ist legalisiert worden, aber das Abendland ist nicht untergegangen.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)
Aber wenn Sie unbedingt darüber reden wollen, dann lassen Sie mich einen Teilaspekt aus der Verkehrspolitik hinzufügen.
(Dorothee Bär [CDU/CSU]: Ja, reden Sie mal mit den Polizisten und vor allen Dingen mit den Rettungskräften, die diese Opfer alle von der Straße kratzen! Das ist nämlich die Wahrheit! Er geht überhaupt nicht raus zum Roten Kreuz! Das macht mich wirklich wütend!)
Meine Damen und Herren, liebe Kollegen, es gilt: Bekifft und berauscht Auto zu fahren, ist und bleibt verboten. Bekifft oder betrunken zu fahren, ist und bleibt eine Sache des Strafrechts. Das ist so. Das hat sich überhaupt nicht geändert, und das wird auch so bleiben.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union, wir haben einen Grenzwert von 3,5 Nanogramm eingeführt.
(Dorothee Bär [CDU/CSU]: Die Verkehrstoten sind alles Drogenkonsumenten! Die Polizei ist entsetzt! Die Rettungskräfte sind entsetzt! Rotes Kreuz, THW!)
– Also, es macht überhaupt keinen Sinn, dass Sie hier versuchen, Monologe mit mir zu führen.
(Dorothee Bär [CDU/CSU]: Das nützt ja anscheinend auch überhaupt nichts!)
Ich habe das Mikro. Das heißt, ich bin immer noch lauter als Sie.
(Beifall bei der FDP – Dorothee Bär [CDU/CSU]: Lauter, aber schlechter! Siehst du mal: Ein getroffener Hund bellt!)
Ab einem Grenzwert von 3,5 Nanogramm können wir unterstellen, dass es einen ersten Einfluss auf das Verkehrsverhalten gibt. Das ist ein so geringer Grenzwert, dass ich nur sagen kann: Wer zur Tüte greift, muss die Finger vom Steuer lassen.
(Beifall bei der FDP und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Wilfried Oellers [CDU/CSU]: Super! Tolle Erkenntnis! Bravo! Echt gut!)
Und, meine Damen und Herren, das, was die Union am Ende will, ist, Menschen, die sich nichts, aber auch überhaupt nichts zu schulden haben kommen lassen, zu kriminalisieren.
(Johannes Schraps [SPD]: Sehr richtig! – Dorothee Bär [CDU/CSU]: Wir wollen Menschen vor Drogen retten! Das wollen wir!)
Das ist Ihre Absicht. Drogengebrauchende Menschen sind keine Kriminellen. Sie brauchen unter Umständen unsere Hilfe, wenn sie von der Droge wegkommen wollen, aber kriminell sind sie nicht.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ich finde es schon spannend: Es gibt überhaupt noch keine Zahlen, keine Hinweise, aber Sie unterstellen hier schon, dass die Kriminalität quasi explodiert ist. Das kann überhaupt nicht sein.
(Thorsten Frei [CDU/CSU]: Machen Sie doch die Augen auf! Menschenskinder!)
Das Gesetz ist erst seit April in Kraft, meine Damen und Herren. Wenn das so sein sollte, müssten Sie sich fragen, ob das nicht noch auf Ihre Drogenpolitik, die in den letzten Jahrzehnten ein Irrweg war, zurückzuführen ist.
(Dr. Silke Launert [CDU/CSU]: Deshalb ist es jetzt seit ein paar Monaten so explodiert, die Drogenmafia!)
Meine Damen und Herren, wir haben auch nicht gesagt, dass wir die Weisheit mit Löffeln gefressen haben.
(Dorothee Bär [CDU/CSU]: Aber so stellen Sie sich hierhin! – Thorsten Frei [CDU/CSU]: Das ist ganz offensichtlich nicht der Fall!)
Die Ampel hat im Gesetz eine Evaluierung festgelegt.
(Beifall der Abg. Maja Wallstein [SPD])
Der Bundesgesundheitsminister hat es Ihnen gesagt. Wir gehen da auch nicht blauäugig ran.
(Dorothee Bär [CDU/CSU]: Anscheinend schon!)
Aber wir schauen uns die Sache wenigstens vernünftig an, bevor wir uns ein Urteil erlauben.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Lassen Sie uns mal andere Wege in der Drogenpolitik gehen! Die letzten Jahrzehnte haben in die Irre geführt. Geben Sie doch mal einem anderen Weg überhaupt eine Chance, bevor Sie wieder ein Urteil fällen.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)
Erstens. Wir haben ganz andere Probleme in Deutschland als die Legalisierung von Cannabis.
(Thorsten Frei [CDU/CSU]: Ja, aber Sie kriegen halt gar nichts hin! Gar nichts! Nicht bei der Wirtschaft, nicht bei der Sicherheit, nicht bei der Drogenpolitik! Nirgends! Das ist die Bilanz von drei Jahren Ampel, über die Sie hier sprechen: Armselig!)
Zweitens. Weder die Legalisierung von Cannabis noch das Selbstbestimmungsgesetz waren jemals wirklich zentrale Punkte der Ampel.
(Beifall der Abg. Maja Wallstein [SPD])
Wir hatten uns mit ganz anderen Dingen auseinanderzusetzen, zum Beispiel, wie wir in der Energiekrise aus der Abhängigkeit von russischem Gas, in die Sie uns geführt haben, wieder herauskommen.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Thorsten Frei [CDU/CSU]: Ach, kommen Sie! Menschenskinder! Sie waren drei Jahre in der Regierung! Was haben Sie denn hingekriegt? Gar nichts!)
Aber – Herr Kollege, lassen Sie mich das sagen – wer die Programme der FDP, der SPD und der Grünen kannte, wusste ganz genau, dass uns die Legalisierung ein Anliegen war. Wir haben das vernünftig gemacht. Es sollte sich keiner wundern, wenn die Programmatik von Parteien in Regierungsverantwortung auch umgesetzt wird.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Thorsten Frei [CDU/CSU]: Ja, aber das will niemand haben bei uns im Land! Niemand will es haben! So eine Politik braucht kein Mensch!)
Frau Präsidentin, erlauben Sie mir am Ende meiner wahrscheinlich letzten Rede nach über 30 Jahren in der Politik noch eine Bemerkung.
Die Redezeit ist aber schon rum.
(Lachen bei Abgeordneten der AfD – Thorsten Frei [CDU/CSU]: Das ist auch gut so!)
Das müssen Sie jetzt kurz machen.
Meine Damen und Herren, ich bedanke mich bei allen, die es mir ermöglicht haben, 17 Jahre lang als Abgeordneter fungiert zu haben und dieses Land ein kleines Stück besser zu machen: bei allen Mitarbeitern in der Verwaltung, bei den Wählerinnen und Wählern, bei allen Mitarbeitern meiner Fraktion.
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Herr Lenders, auch Ihnen wünsche ich für die abgeordnetenfreie Zeit, die Sie gerade angekündigt haben, alles Gute.
(Beifall)
Als Nächste hat das Wort für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Canan Bayram.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7618315 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 201 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde: Cannabis-Legalisierung - Auswirkung auf die innere Sicherheit |