Dirk HeidenblutSPD - Aktuelle Stunde: Cannabis-Legalisierung - Auswirkung auf die innere Sicherheit
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Fünf Minuten sind echt knapp, um all das auszuräumen, was hier gerade an Realitätsferne in die Welt gesetzt wurde.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Silke Launert [CDU/CSU]: Das sagt ausgerechnet die SPD!)
Ich will mal damit anfangen.
Lieber Kollege Sorge, Sie haben ganz sicher recht: Es gibt Menschen, die offensichtlich davon überrascht werden, dass es grenzüberschreitende Organisierte Kriminalität gibt. Und dieser Mensch sitzt unter anderem im Innenministerium in Nordrhein-Westfalen. Das ist nämlich der Herr Reul; der hat das gar nicht gemerkt. Aber plötzlich, nach dem 1. April 2024, fällt ihm auf: „Oh, da gibt es ja die Mocro-Mafia,
(Dr. Silke Launert [CDU/CSU]: Die ganze Zeit davor gewarnt! Nicht mitbekommen? Wir haben die ganze Zeit davor gewarnt!)
da gibt es ja grenzüberschreitende Organisierte Kriminalität“, und dann erklärt er: Das war ja wohl das Cannabislegalisierungsgesetz. – Nicht mal sein eigenes Innenministerium kann das auf Nachfrage bestätigen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Zuruf der Abg. Dr. Silke Launert [CDU/CSU])
Es gibt keine Hinweise darauf, dass das auch nur im Geringsten was miteinander zu tun hat. Das BKA sagt sogar deutlich: Wir werden mit einem Rückgang der Schwarzmarktkriminalität zu rechnen haben.
(Tino Sorge [CDU/CSU]: Die Ministerin kriegt es noch nicht mal hin, die Grenzen zu sichern! Und jetzt schieben Sie das anderen in die Schuhe!)
Also völlig realitätsfern.
(Wilfried Oellers [CDU/CSU]: Sie schützen Kriminelle! – Tino Sorge [CDU/CSU]: Sie schützen die Kriminellen!)
Im Übrigen scheint auch Ihre CDU in Nordrhein-Westfalen die Sorgen gar nicht so ernst zu nehmen; denn sie sparen im Haushalt über 30 Millionen Euro bei Sicherheit und Justiz ein.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Das kann ja dann wohl nicht so schwer sein, die Organisierte Kriminalität in den Griff zu kriegen. Da müssen Sie mal in Nordrhein-Westfalen nachfragen; da wird Ihnen vielleicht weitergeholfen.
(Wilfried Oellers [CDU/CSU]: Sie schützen die Kriminellen!)
– Auf Ihre Rede komme ich gleich auch noch zu sprechen,
(Wilfried Oellers [CDU/CSU]: Ja, das können Sie gerne machen! Sie schützen die Kriminellen! – Gegenruf der Abg. Marianne Schieder [SPD]: Schreien Sie nicht so rum hier!)
obwohl sie eigentlich nicht der Rede wert wäre.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dorothee Bär [CDU/CSU]: Furchtbarer Typ!)
Ich bedauere außerordentlich, dass die Senatorin schon weg ist.
(Canan Bayram [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, ich auch!)
Denn sonst hätte sie vielleicht noch ein bisschen Wissensaufbau betreiben können.
(Tino Sorge [CDU/CSU]: Das ist der, der hier völlig evidenzbefreit argumentiert!)
Es gibt keine Studien, die deutlich machen, dass zum Beispiel eine Angststörung durch Cannabis vorangebracht oder erst verursacht wird. Die einzige Langzeitstudie aus den USA, die es dazu gibt, besagt genau das Gegenteil. Also, das ist völliger Blödsinn.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der FDP und der Abg. Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Dr. Kirsten Kappert-Gonther [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach, hör mal an! Wirklich? – Tino Sorge [CDU/CSU]: Dann schauen Sie sich mal Portland an! Es wird mittlerweile als die offene Psychiatrie der USA bezeichnet!)
Das heißt, hier wird völlig realitätsfern argumentiert. Dieses Argument soll nur dazu dienen, dass Sie über Jahrzehnte zu Unrecht verfolgte Menschen, die nichts getan haben, weiter verfolgen und einsperren können.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Jürgen Lenders [FDP] – Wilfried Oellers [CDU/CSU]: Sie schützen die Organisierte Kriminalität! Sie schützen die Kriminalität!)
Die Krönung in Ihrer Rede, Herr Oellers, ähnlich wie bei der Justizsenatorin: Da gehen wir hin, erkennen Unrecht an und sagen dann, dass es wichtig ist, dass dieses Unrecht aufgehoben wird, wenn es denn festgestellt wird, und Sie beschweren sich darüber, dass die Justiz arbeiten muss, um Menschen zu ihrem Recht zu verhelfen. Was für eine Vorstellung von Recht!
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP – Wilfried Oellers [CDU/CSU]: Seien Sie doch nicht so blind! – Dr. Silke Launert [CDU/CSU]: Es ist irre! Die waren rechtskräftig verurteilt nach dem Gesetz! Sie haben null Ahnung von Recht! Null Ahnung von Recht!)
Ich gehe mal davon aus: Rechtspolitiker sind Sie eher nicht. Also insofern: Völliger Blödsinn!
Jetzt komme ich noch mal zu dem, was das Gesetz tatsächlich macht: Es schafft endlich Unrecht ab. Es sorgt dafür, dass Gesundheitsschutz nach vorne gebracht wird – da haben wir natürlich ganz recht –, wenn der Schwarzmarkt zurückgedrängt wird, wenn das versetzte Zeug zurückgedrängt wird,
(Axel Müller [CDU/CSU]: Wird aber nicht! – Wilfried Oellers [CDU/CSU]: Sie schauen weg!)
wenn die Menschen sich selbst vernünftig versorgen können. Und dazu können Sie selbst einen Akzent setzen: Lassen Sie den Cannabis-Social-Clubs endlich den Raum, den sie brauchen!
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Lachen bei Abgeordneten der AfD und der Abg. Dr. Silke Launert [CDU/CSU] – Dorothee Bär [CDU/CSU]: Ja, genau! – Zuruf des Abg. Stefan Rouenhoff [CDU/CSU])
Dann haben wir eine Chance, dass das vorangeht.
Und ja, ich gebe meinen Kolleginnen Lütke und Kappert-Gonther völlig recht: Wir müssen auch noch weitergehen.
(Wilfried Oellers [CDU/CSU]: Sie stehen an der Seite der Organisierten Kriminalität!)
Wir brauchen die Säule zwei. Auf jeden Fall muss die Forschungsklausel jetzt noch umgesetzt werden,
(Beifall der Abg. Dr. Kirsten Kappert-Gonther [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
damit die Unternehmen, damit die Städte, die schon in den Startlöchern stehen – wie Hannover, wie Frankfurt –, eine Chance haben, schon mal die Legalisierung auszuprobieren, Modellvorhaben auf den Weg zu bringen.
(Simone Borchardt [CDU/CSU]: Da passiert nix mehr! -Tino Sorge [CDU/CSU]: Damit es noch schlimmer wird! – Thorsten Frei [CDU/CSU]: Schauen Sie sich mal das Bahnhofsviertel in Frankfurt an!)
Wir müssen da weiterkommen.
Aber was wir auf alle Fälle nicht brauchen, und zwar unter gar keinen Umständen, ist eine Rückkehr zu dem, was vorher war, ein Wiederverfolgen von 4,5 Millionen Menschen oder mehr, die nichts anderes tun, als sich offensichtlich mit etwas anderem zu berauschen als dem, was Sie für ganz natürlich halten, nämlich Alkohol.
(Beifall der Abg. Dr. Kirsten Kappert-Gonther [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Kristine Lütke [FDP] – Zuruf der Abg. Dr. Silke Launert [CDU/CSU])
Um das als Drogen- und Suchtpolitiker noch mal zu sagen: Alkohol ist die weitaus gefährlichere Droge.
(Dorothee Bär [CDU/CSU]: Weil das eine schlecht ist, müssen wir das andere legalisieren, oder was? – Tino Sorge [CDU/CSU]: Gerade deshalb sollten wir doch nicht noch eine weitere Droge legalisieren!)
Wir sollten gemeinsam alles dafür tun, diese Droge zurückzudrängen, und uns nicht mit Schnapspinneken und Bierflaschen vor die Kamera stellen. Das gehört im Wahlkampf vielleicht mal abgeschafft.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Silke Launert [CDU/CSU]: Sie sind völlig verblendet! Völlig verblendet!)
Also: Wir haben ein gutes Gesetz gemacht.
(Dorothee Bär [CDU/CSU]: Nee! Keiner glaubt, dass das gut ist!)
Dieses Gesetz muss noch weiterentwickelt werden; das ist auch dem Gesundheitsminister durchaus klar. Wir haben im Innenministerium dafür gesorgt, dass die Organisierte Kriminalität durchaus besser bekämpft werden kann, übrigens auch mit diesem Gesetz; das will ich nur noch mal sagen. Da ist nichts abgeschwächt, sondern sogar verstärkt worden.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Kristine Lütke [FDP] – [Dorothee Bär [CDU/CSU]: Ich mach’ mir die Welt, wie sie mir gefällt, oder was?)
Gerade im Bereich Kinder- und Jugendschutz sind die Strafen noch mal verstärkt worden. Also, wir haben genau das Gegenteil getan. Wir sorgen für Schutz, wir sorgen für bessere Gesundheit, wir sorgen für Gerechtigkeit.
(Lachen der Abg. Dr. Silke Launert [CDU/CSU] – Dorothee Bär [CDU/CSU]: Ihr sorgt für falsche Aussagen hier! – Thorsten Frei [CDU/CSU]: Wann sind denn die fünf Minuten rum?)
Und eins sage ich deutlich: 4,5 Millionen Menschen wieder zu Straftätern zu machen, wird es mit der SPD auch in der kommenden Legislatur nicht geben.
Danke schön.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Dorothee Bär [CDU/CSU]: Basta! Basta! Basta! Das hat jetzt alle da draußen beeindruckt!)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7618322 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 201 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde: Cannabis-Legalisierung - Auswirkung auf die innere Sicherheit |