04.12.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 202 / Zusatzpunkt 2

Axel KnoerigCDU/CSU - Produktsicherheitsgesetz

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir sprechen heute über das Produktsicherheitsgesetz. Der Schwerpunkt des Gesetzes liegt auf Regelungen zur Sicherheit von Arbeitsmitteln, etwa bei Aufzügen, elektrischen Betriebsmitteln oder gar bei Maschinen. Grundlage dafür ist eine EU-Verordnung zur Produktsicherheit, die bereits vor mehr als einem Jahr beschlossen wurde. Die neuen Vorschriften sollen dabei den Schutz für Verbraucher verbessern; zum Beispiel muss künftig gemeldet werden, wenn ein schadhaftes Produkt zu schweren Unfällen führt, etwa wenn ein Elektrowerkzeug durch einen Kurzschluss einen Unfall verursacht. Außerdem wird sichergestellt, dass Gebrauchsanweisungen künftig immer in der deutschen Sprache verfügbar sind.

Auch für Onlinehändler gibt es neue Pflichten. Sie müssen Sicherheitsinformationen und Produktfotos für alle Produkte im Verkauf bereitstellen, und sie müssen eine Kontaktstelle für Marktüberwachungsbehörden einrichten; sonst drohen Bußgelder. Unter Marktüberwachungsbehörden fallen zum Beispiel die Gewerbeaufsichten der Länder oder die Bundesnetzagentur, die schwerpunktmäßig für Strom, Gas, Wasser, Post und Telekommunikation zuständig ist. Sollte ein gefährliches Produkt im Umlauf sein, dann kann sich die Gewerbeaufsicht oder die Bundesnetzagentur an diese Kontaktstelle wenden, damit der Händler das Produkt aus dem Verkauf nimmt.

Kommen wir zum Zeitplan. Nach dem Referentenentwurf vom Oktober 2023 hat das Kabinett am 22. Mai 2024 den Gesetzentwurf beschlossen. Die Länder begrüßen das Gesetz und haben in der Sitzung des Bundesrats am 5. Juli 2024 einige Änderungsvorschläge gemacht. Dennoch bin ich der Meinung, dass wir im Ausschuss hier noch mal in die Prüfung gehen sollten. Es stimmt, dass es sich beim vorliegenden Gesetz um ein überwiegend technisches Gesetz handelt. Das bedeutet nicht, dass es nicht noch weiter verbessert werden kann; denn auch die Verbände haben in den letzten Tagen noch Kritik an uns herangetragen. Um nur zwei Punkte zu nennen: Den Händlern drohen laut derzeitigem Entwurf hohe Bußgelder von bis zu 100 000 Euro, wenn sie gegen einfache Kennzeichnungspflichten verstoßen, zum Beispiel weil ein Händler vergisst, die Kontaktdaten des Herstellers anzugeben. Das kann ihn bis zu 100 000 Euro kosten, und da sagen wir: Das ist ein viel zu scharfes Schwert.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Außerdem hat die Bundesregierung dem Vorschlag aus dem Bundesrat zugestimmt, die Verjährung von Bußgeldtatbeständen auf fünf Jahre zu verlängern. Normal sind zwei bis drei Jahre Frist. Fünf Jahre – das ist in vielen Fällen zu lang. Das schafft auch Rechtsunsicherheit; denn an vielen Stellen ist die Verordnung noch viel zu schwammig formuliert. So heißt es zum Beispiel, dass ordnungswidrig handelt, wer „sonstige Produktidentifikatoren“ in der Artikelbeschreibung nicht richtig benennt. Können Sie sich darunter etwas vorstellen? – Ich mir auch nicht. Mit der Fünfjahresfrist heißt das: Behörden könnten immer noch fünf Jahre rückwirkend Bußgeldbescheide ausstellen, wenn die Artikelbeschreibung ihrer Meinung nach nicht detailliert genug war. Ich meine, das ist einfach übers Ziel hinausgeschossen und würde gerade kleine und mittlere Unternehmen über Gebühr belasten.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Da die Bundesregierung bei der Ausgestaltung der Bußgelder und der Verjährung Spielraum hat, ist es also nötig, solche Kritikpunkte, die von Verbänden und von Unternehmen an uns herangeführt wurden, gründlich zu prüfen. Dabei ist auch keine Eile geboten, ganz im Gegenteil. Es ist zwar bedauerlich, dass die Ampel es in anderthalb Jahren nicht geschafft hat, das Gesetz zu beschließen; doch ich erwarte, dass im parlamentarischen Prozess hier der Sache Genüge getan wird. Daher formuliere ich: Auch wenn die EU-Verordnung zur Produktsicherheit nächsten Freitag in Kraft tritt, sollten wir es schon richtig machen.

Jetzt kommt von der Ampel wahrscheinlich der Einwand

(Pascal Kober [FDP]: Die gibt es nicht mehr!)

– ja, Entschuldigung; richtig, es ist nur noch eine Fußgängerampel, Rot und Grün –, ohne Zustimmung zum vorliegenden Gesetzentwurf könnte die EU mit Vertragsstrafen um die Ecke kommen. Das stimmt so nicht. Die EU-Verordnungen gelten unmittelbar in den Mitgliedstaaten, ohne dass es einen Umsetzungsakt braucht. Das unterscheidet sie nämlich von Richtlinien. Daher haben wir auch keinen rechtsfreien Raum.

Deshalb lassen wir uns hier nicht mit dem Schreckgespenst der Vertragsstrafe treiben. Davon abgesehen: Bis zum 13. Dezember wäre es ohnehin nicht mehr drin, das Produktsicherheitsgesetz zu ändern, bevor die Verordnung in Kraft tritt.

Deshalb halte ich nochmals fest: Es gibt keinerlei Anlass zur Eile und vielmehr Anlass zur Sorgfalt, das Gesetz hier noch mal nachzubessern. Die Anhaltspunkte dafür habe ich bereits aufgeführt.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU – Marc Biadacz [CDU/CSU]: Bravo! Klare Worte!)

Für Bündnis 90/Die Grünen hat das Wort Beate Müller-Gemmeke.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7618671
Wahlperiode 20
Sitzung 202
Tagesordnungspunkt Produktsicherheitsgesetz
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