04.12.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 202 / Zusatzpunkt 3

Heike HeubachSPD - Kompetenzzentrum Leichte Sprache/Gebärdensprache

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Gäste auf den Tribünen! Das ist ein Antrag wie aus der Feder der SPD, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU-Fraktion. Die Schaffung eines Kompetenzzentrums für Leichte Sprache und Deutsche Gebärdensprache liegt nicht nur mir ganz persönlich, sondern der ganzen SPD-Fraktion sehr am Herzen. Wir freuen uns, dass auch Sie die Notwendigkeit sehen.

Es ist Ihnen allen hier im Haus bekannt: Die SPD steht seit über 160 Jahren für eine Politik, die sich für diejenigen in der Gesellschaft einsetzt, die größere Hürden überwinden müssen. Die SPD arbeitet dafür, allen Menschen gleiche Chancen zu bieten, am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben. Das ist das Herz der SPD. Doch wir alle wissen: Die Realität sieht oft anders aus. Viele Menschen mit Behinderungen stoßen an Sprachbarrieren in vielen Bereichen, wie Bildung, Arbeit, im Alltag und auch beim Zugang zu Informationen. Sie können sich vorstellen: Ich weiß, wovon ich rede.

Auch an dieser Stelle müssen wir uns leider die Frage stellen, wie ernst es die Union mit der Behindertenpolitik nimmt. Lassen Sie uns mal auf Meilensteine der letzten rund 25 Jahre zurückblicken.

Erstens. Die hessische Regierung aus SPD und den Grünen hat unter Hans Eichel die Deutsche Gebärdensprache 1998 erstmals als Sprache politisch anerkannt.

Zweitens. Die rot-grüne Bundesregierung hat 2002 die Deutsche Gebärdensprache als eigenständige Sprache im Behindertengleichstellungsgesetz rechtlich anerkannt. Ich kann den Kolleginnen und Kollegen von damals nur danken; denn dies war für uns taube Bürger/-innen ein sehr wichtiger und längst überfälliger Schritt.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Doch was ist in unionsgeführten Regierungen für die Etablierung der Deutschen Gebärdensprache umgesetzt worden? Haben Sie Maßnahmen zur Förderung unserer Sprache und ihrer Nutzer/-innen getroffen? Haben Sie den Zugang zu Gebärdensprachdolmetscherinnen und -dolmetschern für taube und schwerhörige Personen erleichtert? Haben Sie sich für eine flächendeckende Ausbildung von Dolmetscherinnen und Dolmetschern eingesetzt? Nein, das haben Sie komplett vernachlässigt!

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Die CDU/CSU hat sich in der Opposition damit begnügt, symbolische Gesten zu machen, statt in Regierungsverantwortung echte strukturelle Veränderungen anzustreben. Und auch dieser Antrag ist eine symbolische Geste. Ein echter Fortschritt ist mit Ihnen nicht zu machen.

In den letzten Jahren haben wir uns als SPD immer wieder dafür eingesetzt, dass die Deutsche Gebärdensprache und die leichte Sprache einen höheren Stellenwert bekommen. Die SPD hat sich in dieser Legislatur gemeinsam mit den Grünen jedes Jahr in den Haushaltsverhandlungen für die Einrichtung eines Kompetenzzentrums starkgemacht, doch die Gelder wurden nicht bereitgestellt. Wer hat sie blockiert? Die FDP!

(Wilfried Oellers [CDU/CSU]: Jetzt haben Sie die Möglichkeit, dem Antrag zuzustimmen!)

Ich bekräftige hier als erste taube Abgeordnete im Deutschen Bundestag: Es sind nicht nur Lippenbekenntnisse erforderlich, sondern auch konkrete Maßnahmen. Dazu gehört die Einrichtung eines Kompetenzzentrums als zentrale Anlaufstelle,

(Wilfried Oellers [CDU/CSU]: Steht im Antrag!)

erstens, um die Verdolmetschung aus und in die Deutsche Gebärdensprache flächendeckend in öffentlichen Institutionen zu ermöglichen, zweitens, um Menschen mit kognitiven Einschränkungen besser teilhaben zu lassen und somit letztlich die barrierefreie Kommunikation zu fördern. Damit gewährleisten wir die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen in allen Lebensbereichen, und das unter Einbeziehung von Menschen mit Behinderungen als Expertinnen und Experten in eigener Sache.

Sie können sich sicher sein: Die SPD wird sich auch in der nächsten Legislatur für die Inklusion von Menschen mit Behinderung einsetzen, damit Inklusion nicht nur Symbolik ist, sondern eine gelebte Realität für alle Menschen wird.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Denn die Deutsche Gebärdensprache ist nicht nur die Sprache der Gehörlosen, sondern auch ein wichtiger Teil der Kultur und Identität dieser meiner Gemeinschaft.

Wichtig ist: Die Deutsche Gebärdensprache ist für viele Menschen die Grundlage, um in Kontakt mit ihren Mitmenschen zu treten. Doch die barrierefreie Kommunikation ist keine Einbahnstraße. Wir alle brauchen barrierefreie Kommunikation – in beide Richtungen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Dafür stehe ich hier.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die FDP-Fraktion ist der nächste Redner Jens Beeck.

(Beifall bei der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7618680
Wahlperiode 20
Sitzung 202
Tagesordnungspunkt Kompetenzzentrum Leichte Sprache/Gebärdensprache
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