Takis Mehmet AliSPD - Kompetenzzentrum Leichte Sprache/Gebärdensprache
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Über den Antrag der Union ist man bei einem Blick in die Kalenderübersicht schon sehr überrascht, und zwar deswegen, weil ich noch am Montag bei der Übergabe der „Teilhabeempfehlungen“ des Bundesbehindertenbeauftragten einem Kollegen aus der Union in die Augen geschaut und flapsig gefragt habe: Na, kriegen wir die Reform des Behindertengleichstellungsgesetzes, des BGG, noch zusammen hin? Ich habe ihm noch zugezwinkert, dann aber tatsächlich die Aussage, die ja vorhin schon erwähnt worden ist, zu hören bekommen: Na ja, Friedrich Merz möchte nichts mitbeschließen, was irgendwie Geld kosten würde.
(Mareike Lotte Wulf [CDU/CSU]: Na, weil die Ampel gescheitert ist! Ihre Regierung ist gescheitert!)
Es verhält sich andererseits aber so, meine sehr geehrten Damen und Herren: Kern der Reform wäre es ja gewesen, dass wir die privaten Anbieter zur Barrierefreiheit verpflichten, diese also angemessene Angebote zur Verfügung stellen müssen. – Und soll ich Ihnen etwas sagen? Kosten würde das den Staat nichts, rein gar nichts. Also warum nicht machen? Man könnte also Friedrich Merz beim Wort nehmen und sagen: Anscheinend gibt es da irgendwie doch eine Möglichkeit, in diesem Plenum noch etwas gemeinsam zu machen.
Umso mehr wundert es mich, dass nun ein Antrag von der Union vorgelegt wird. Die Reform des BGG ist ja bei den Koalitionsverhandlungen 2018 sicherlich nur daran gescheitert, dass Sie das mit uns nicht machen wollten, und nicht an der SPD.
(Wilfried Oellers [CDU/CSU]: Na, na, na, na! Sie waren doch gar nicht dabei!)
Sollte es also jetzt die Möglichkeit geben, hier tatsächlich noch etwas auf den Weg zu bringen, dann sollte es schon etwas Handfestes sein, damit solch ein Kompetenzzentrum ordnungsrechtlich durchgreifen kann. Es bringt Ihnen nämlich nichts, so etwas einzurichten und dabei keine ordnungsrechtliche Grundlage zu schaffen. Deshalb macht es Sinn, diese Hürden ordnungsrechtlich zu nehmen und ein Gesetz zu verabschieden, bei dem die privaten Anbieter verpflichtet werden, für die Barrierefreiheit etwas zu tun.
Deshalb, meine sehr geehrten Damen und Herren, würde ich sagen: Machen wir uns an die Arbeit! Lassen Sie uns ein Gesetz beschließen, das Barrierefreiheit wirklich gewährleistet.
Aktuell sind wir in einer schwierigen Situation.
Lieber Herr Kollege, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Hüppe?
Ja, sehr gerne.
Vielen Dank, Herr Kollege, dass Sie die Frage zulassen. Ich wollte Sie eigentlich schon Frau Heubach stellen.
Sie sprechen immer davon, wie wichtig Barrierefreiheit gerade für taube Menschen ist. Vor diesem Hintergrund frage ich Sie: Wie beurteilen Sie eigentlich die Tatsache, dass die Regierung, die jetzt im Amt ist, bei der Neuzulassung der EUTB die Hälfte der Stellen von Beratern gestrichen hat, die in der Lage sind, mit gehörlosen Menschen in Gebärdensprache zu kommunizieren bzw. eine Kommunikation mit Taubblinden zu ermöglichen. Da hätten Sie ja eigentlich beweisen können, dass diese Menschen tatsächlich Teilhabe- und auch Beratungsmöglichkeiten gefunden haben. Aber diese Regierung hat das ignoriert und hat diese Stellen gestrichen. Wie stehen Sie dazu?
(Beifall bei der CDU/CSU – Stephanie Aeffner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt überhaupt nicht, dass Stellen gestrichen worden sind!)
Herr Kollege, das stimmt so nicht; das stimmt überhaupt nicht. Vor allen Dingen kann ich mich sehr gut an Folgendes erinnern: Als die Neuvergabe der EUTB im Raum stand, haben wir die Vergaberichtlinien noch unter der GroKo geändert. Das war also das Ergebnis einer Regierung mit Ihnen zusammen. Wir haben uns das zur Evaluation vorgenommen, werden uns das angucken und da, wo weiße Flecken entstanden sind, korrigieren. Aber bei aller Liebe: Die Vergaberichtlinien sind noch unter uns geändert worden.
(Wilfried Oellers [CDU/CSU]: Unverschämtheit!)
Das war letztendlich das Endprodukt.
(Wilfried Oellers [CDU/CSU]: Also! Sie sind in der Regierung und schieben es anderen in die Schuhe!)
– Wir sind in der Regierung, das stimmt;
(Wilfried Oellers [CDU/CSU]: Aber jetzt ist mal Schluss! – Nina Warken [CDU/CSU]: Weil ihr nichts hinkriegt!)
aber man muss trotzdem sagen, lieber Kollege:
(Wilfried Oellers [CDU/CSU]: Jetzt ist bald mal Schluss! Nach drei Jahren! Nach drei Jahren kommt so ein Argument!)
Sie haben in dieser Legislaturperiode Anträge vorgelegt;
(Wilfried Oellers [CDU/CSU]: Das ist doch wohl nicht zu glauben! Das eigene Scheitern!)
Sie hätten das aber in den 12 der 16 Jahre, in denen die SPD an der Regierung beteiligt war, alles haben können; das lag doch nicht an uns. Die Dinge, die Sie in dieser Legislaturperiode gefordert haben, hätten Sie schon vor zwölf Jahren oder auch vor vier Jahren haben können.
(Wilfried Oellers [CDU/CSU]: Wissen Sie, was wir alles in den letzten beiden Legislaturperioden gemacht haben, als Sie noch nicht dabei waren? – Nina Warken [CDU/CSU]: Sie haben gar nichts gemacht!)
Deshalb ist das letztendlich nur ein politisches Spiel, das Sie hier gespielt haben, lieber Kollege.
Man braucht sich auch gar nicht zu wundern, dass es lebhaft wird, wenn man versucht, das Plenum hier irgendwie als Wahlkampfarena
(Wilfried Oellers [CDU/CSU]: Das ist so eine Schweinerei! Sie lenken nur von der eigenen Unfähigkeit ab!)
für den anstehenden Bundestagswahlkampf zu nutzen. Aber das bringt alles nichts. Wir reden ja letztendlich darüber, was wir noch schaffen könnten. Deshalb lade ich auch alle Parlamentarierinnen und Parlamentarier ein, eben noch im letzten Atemzug was umzusetzen.
(Wilfried Oellers [CDU/CSU]: Unfähig!)
Wir kommen gerne auf Sie zu, Herr Oellers.
Aber noch einen Satz:
(Wilfried Oellers [CDU/CSU]: Ja, das reicht dann aber auch!)
Wenn man sich hierhinstellt – und ich erinnere mich hoffentlich richtig und zitiere auch sinngemäß richtig –
(Wilfried Oellers [CDU/CSU]: Na hoffen wir mal!)
und kritisiert, dass die Bedarfe von Menschen, die auf Gebärdensprache angewiesen sind, mit der Notwendigkeit verknüpft werden, dass diese vielleicht auch einfache Sprache benötigen, obwohl diese das aber eigentlich gar nicht bräuchten, weil sie ja intellektuell alles verstehen, dann sage ich Ihnen: Das ist nicht nur falsch, das ist auch fachlich nicht verstanden worden und zeigt den Zeitgeist insbesondere einer Partei, den wir hier im Haus nicht mehr haben wollen, liebe Kollegin.
(Beatrix von Storch [AfD]: Sie müssen jetzt klatschen! Meine Güte! Das war jetzt zu einfach!)
Sie haben die Sache nicht verstanden. Sie haben den Inhalt des Antrages der CDU/CSU überhaupt nicht verstanden. Und ich wundere mich immer wieder, wie Sie es hinkriegen, hier bei einer Debatte zu einem Antrag, in dem es um Menschen mit Behinderungen geht, trotzdem noch Ihre migrationsfeindliche Haltung gegenüber Musliminnen und Muslime in diesem Land zur Schau zu stellen.
(Nicole Höchst [AfD]: Jetzt machen Sie sich doch nicht lächerlich!)
Es ist unwürdig. Es ist undemokratisch.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Und wir werden verhindern, dass Sie in irgendeiner Art und Weise in Regierungsverantwortung kommen, Frau – –
(Nicole Höchst [AfD]: … Höchst heiße ich!)
Ich will jetzt gar nicht den Namen nennen, sonst haben Sie nachher noch das Recht, irgendeine Kurzintervention zu machen. Aber wissen Sie, ich habe ja mitbekommen, dass Sie auch gerne mal einen Döner essen. Denken Sie bei Ihren Deportationsfantasien daran, dass das dann auch nicht mehr möglich wäre.
(Beatrix von Storch [AfD]: Ich bin persönlich angesprochen worden! Er hat mich adressiert!)
In dem Sinne möchte ich Ihnen noch eins mitgeben: Wir haben viel vorgehabt; es ist uns nicht alles gelungen – Frau Präsidentin, ich komme sofort zum Ende –, aber es gibt noch die Chance, einiges hinzukriegen.
(Nina Warken [CDU/CSU]: Sie haben keine Regierung!)
In diesem Sinne: Glück auf!
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Für die Unionsfraktion ist der nächste Redner Peter Aumer.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7618686 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 202 |
Tagesordnungspunkt | Kompetenzzentrum Leichte Sprache/Gebärdensprache |